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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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von Shimeh erstürmen und ihm den Kopf des Padirajah in einem Sack überreichen, wird ihm die große Aufgabe wieder klar vor Augen stehen! Und er wird uns dafür lobpreisen, dass wir entschlossen geblieben sind, als ihn Zweifel beschlichen haben.«
    Zwar setzten sich tatsächlich ein paar tausend Kämpfer ab und kehrten schließlich in kleinen Haufen in die Hauptstadt des Kaiserreichs zurück, doch der größte Teil des Gemeinen Heiligen Kriegs zog weiter und war für die Ermahnungen des Tempelvorstehers nun völlig taub. Scharen von Kämpfern zogen plündernd durch die Provinz, überfielen Dörfer und raubten Lebensmittel zusammen, während das Hauptheer weiter nach Süden marschierte und dabei in immer kleinere Einheiten zerfiel. Diese Trupps plünderten die Landhäuser des ansässigen Adels, brandschatzten zahlreiche Dörfer, wobei sie die Männer ermordeten und die Frauen missbrauchten, und erstürmten ummauerte Kleinstädte, die ihre Tore nicht öffnen wollten.
    Schließlich gelangten die Männer des Stoßzahns an den Fuß der Unaras-Berge, die den Städten der Kyranae-Ebene schon seit grauer Vorzeit als südliches Bollwerk dienten. Irgendwie brachten sie es fertig, sich vor den Mauern von Asgilioch zu sammeln und neu zu formieren – vor der alten Kyraneischen Festung also, die die Nansur den »Wellenbrecher« nannten, weil an ihr schon drei Invasionen der Fanim gescheitert waren.
    Zwei Tage blieben ihnen die Tore der Festung verschlossen. Dann lud Prophilas, der Kommandant der Kaiserlichen Garnison, die drei Hohen Herren und andere Adlige zum Abendessen ein. Calmemunis forderte daraufhin Geiseln, und als er sie bekam, nahm er die Einladung an. Mit Tharschilka, Kumrezzer und einigen mehr betrat er Asgilioch und wurde auf der Stelle gefangengenommen. Prophilas zog einen vom Tempelvorsteher ausgefertigten Haftbefehl aus der Tasche und teilte seinen Besuchern höflich mit, er werde sie so lange festhalten, bis sie den Teilnehmern des Gemeinen Heiligen Kriegs befehlen würden, auseinanderzugehen und in Kleingruppen nach Momemn zurückzukehren. Als die Gefangenen sich weigerten, ihre Leute zurückzuschicken, versuchte Prophilas, vernünftig mit ihnen zu reden, und versicherte ihnen, sie hätten keine Chance, die Kianene zu besiegen, die den Scylvendi – wie er betonte – auf dem Schlachtfeld an List und Unbarmherzigkeit in nichts nachstünden. »Selbst wenn ihr an der Spitze eines richtigen Heeres stündet«, sagte er ihnen, »würde ich keinen Pfifferling auf euren Sieg wetten. Aber wie die Dinge liegen, führt ihr einen Wanderzirkus aus Männern mit Sklavenmoral, aus Frauen und Kindern an. Ich bitte euch inständig: Gebt euer Vorhaben auf!«
    Doch Calmemunis antwortete mit Gelächter. Er gab zu, der Gemeine Heilige Krieg sei für die Armeen des Padirajah wahrscheinlich kein ernst zu nehmender Gegner, wenn man Bogen, Schilde und Lanzen gegeneinander aufrechne. Das aber, meinte er, spiele gar keine Rolle, weil der Letzte Prophet ja gezeigt habe, dass der Schwache – wenn ihn nur der rechte Glaube beseele – unbesiegbar sei. »Über Sumna und den Tempelvorsteher sind wir hinaus«, sagte er. »Jeder Schritt bringt uns der Heiligen Stadt Shimeh näher – und damit dem Paradies! Sieh dich vor, Prophilas, denn Inri Sejenus selbst sagt: ›Wehe dem, der den rechten Weg blockiert! ‹«
    Prophilas ließ Calmemunis und die Übrigen vor Sonnenuntergang wieder frei.
    Am nächsten Tag sammelten sich bei Nieselregen Abertausende im Tal unter den Türmen von Asgilioch. Hunderte von Opferfeuern wurden entzündet, und die Opfertiere stapelten sich. Ekstatiker rieben sich den nackten Körper mit Schlamm ein und heulten unverständliche Gesänge zum Himmel. Frauen stimmten sanfte religiöse Lieder an, während ihre Männer alle Waffen schärften, die sie hatten ergattern können – ob Spitzhacken, Sensen oder alte Schwerter. Kinder jagten Hunde durchs Getümmel. Viele von den echten Kriegern in diesem Haufen – die Soldaten aus Conriya, Galeoth und Ainon also, die mit den drei Hohen Herren gekommen waren – sahen mit Bestürzung, wie eine Gruppe Aussätziger sich über die Gebirgspässe aufmachte, um als Erste den Fuß auf heidnischen Boden zu setzen. Die Unaras-Berge waren nicht gerade imposant und eher ein Labyrinth aus Steilhängen und nackten Felswänden als eine Gebirgskette. Doch auf der anderen Seite riefen Trommeln dunkelhäutige, leopardenäugige Menschen zur Anbetung von Fane. Auf der anderen Seite schlitzte man

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