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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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der Drei Meere. Als einige tausend Männer aus Ce Tydonn, die seine Schiffe gechartert hatten, ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkamen, sandte er sie zur Insel Pharixas – einem alten Piratenstützpunkt des Königs Rauschang von Thunyerus – und verlangte von ihnen, für das schuldig gebliebene Geld die Insel zu erobern. Das taten sie, und zwar mit Hingabe: Tausende Unschuldige kamen dabei um – unschuldige Inrithil Maithanet, so hieß es, habe bei dieser Nachricht geweint. Er stellte das Haus Nrezza umgehend unter Zwangsverwaltung durch die Tempelpriester, die alle kaufmännischen oder sonstigen Verpflichtungen, die der Heilige Krieg mit Barisullas, seinen Söhnen oder Geschäftsträgern eingegangen war, lösen sollten. Diese Kuratel wurde allerdings schnell rückgängig gemacht, als deutlich wurde, dass die Ankunft der Truppen in Momemn sich ohne die Schiffe aus Ciron um Monate verzögern würde. Um dieses Fiasko abzuwenden, bekam Barisullas überdies von den Tausend Tempeln Entschädigung in Form von Handelskonzessionen. Gerüchte wollten wissen, der Kaiser von Nansur habe dem gerissenen König von Ciron daraufhin eigenhändige Grüße gesandt.
    Doch keiner dieser Vorfälle erregte auch nur annähernd den Aufruhr, den der Zug auslöste, der als Gemeiner Heiliger Krieg in die Geschichte eingegangen ist. Als in Sumna die Nachricht eintraf, die drei Hohen Herren, die als Erste in Momemn angelangt seien, hätten den ihnen von Ikurei Xerius III. vorgelegten Vertrag unterschrieben, war die Sorge groß, demnächst könnte ein Unheil geschehen. Doch weil Maithanet da noch nicht auf den Luxus von Hexenmeistern zurückgreifen konnte, erreichten seine dringenden Bitten, die die Tugend der Geduld priesen und die bösen Folgen der Aufsässigkeit dunkel andeuteten, Momemn nicht rechtzeitig: Calmemunis, Tharschilka, Kumrezzer und die gewaltigen Horden ihrer Anhänger waren schon Tage früher abgezogen.
    Maithanet kochte vor Wut. In allen Häfen der Drei Meere waren die großen, staatlich besoldeten Heerhaufen endlich zum Einschiffen bereit. Gothyelk, der Graf von Agansanor, war schon mit Hunderten von Vasallen aus Ce Tydonn samt all ihren Hintersassen in See gestochen – mit über fünfzigtausend Mann also, die gut ausgebildet und diszipliniert waren. Nur noch wenige Monate – so schätzten die Berater des Tempelvorstehers –, dann hätte sich das Heer des Heiligen Kriegs endlich vollzählig versammelt. Alles in allem, so sagten sie, würden die Männer des Stoßzahns über dreihunderttausend Mann sein, genug also, um die totale Vernichtung der Heiden zu garantieren. Der verfrühte Abmarsch derer jedoch, die bereits in Momemn lagen, war eine absolute Katastrophe, auch wenn diese Leute überwiegend Abschaum waren.
    Hektische Botschaften wurden verschickt, in denen Maithanet die drei Hohen Herren inständig bat, auf das Hauptheer zu warten, doch vor allem Calmemunis war stur. Als Gotian, der Hochmeister der Tempelritter, ihm nördlich von Gielgath mit Maithanets Aufruf den Weg vertrat, soll der Statthalter von Kanampurea gesagt haben: »Traurig, wenn sogar der Tempelvorsteher Zweifel hat.«
    Der Aufbruch des Gemeinen Heiligen Kriegs aus Momemn war eher ein chaotisches Trauerspiel als der strahlende Auszug künftiger Sieger. Weil nur eine Minderheit der Versammelten zum eigentlichen Gefolge der drei Hohen Herren gehörte, hatte die Masse keinen allseits anerkannten Anführer – und letztlich auch keinerlei Organisation. Deshalb kam es da und dort zu Unruhen, als die Soldateska der Nansur mit dem Austeilen von Lebensmitteln begann, und wo der Mob tobte, starben zwischen vier- und fünfhundert angehende Glaubenskrieger.
    Calmemunis – das musste man ihm lassen – reagierte schnell, und mit Unterstützung der von Tharschilka angeführten Galeoth konnten seine Männer aus Conriya den Pöbel Mores lehren. Die Lebensmittel des Kaisers wurden wenigstens einigermaßen gerecht verteilt. Wo es dennoch weiter zu Streitereien kam, sorgten drohend gezückte Schwerter dafür, dass die Kontrahenten sich rasch einig wurden, und bald waren die Soldaten des Gemeinen Heiligen Kriegs abmarschbereit.
    Die Bürger Momemns drängten sich auf den Stadtmauern, um die Männer des Stoßzahns davonziehen zu sehen. Viele johlten den Pilgern, die sich die Verachtung ihrer Gastgeber seit langem redlich verdient hatten, höhnische Worte nach. Die meisten allerdings blieben still und beobachteten, wie die endlosen Scharen nach Süden trotteten. Sie

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