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Schattenfall

Schattenfall

Titel: Schattenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. Scott Bakker
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behutsam, als hantierte er mit einer Reliquie.
    Der Hochmeister der Tempelritter wandte sich dem schweigenden Kaiser zu und begann, das Schriftstück vorzulesen. Seine Stimme war so klangvoll wie die eines Priesters. »Ikurei Xerius III. Kaiser von Nansur – kraft des Stoßzahns und des Traktats und gemäß des alten Konkordats zwischen den Tausend Tempeln und dem Kaiserreich ergeht an Euch die Weisung, das Werkzeug unseres großen Heiligen Kriegs mit Lebensmitteln zu ver…« Der Jubel der Versammlung scholl durch den Garten. Gotians Stimme tönte weiter und verlas mancherlei über Inri Sejenus, über den Glauben an sich und über törichte Absichten, doch die begeisterten Männer des Stoßzahns hatten schon begonnen, den Garten zu verlassen, denn sie brannten darauf, sich auf den Abmarsch vorzubereiten. Conphas stand wie vom Donner gerührt eine Stufe unter der kaiserlichen Ruhebank und starrte hasserfüllt auf den Stammeskönig zu seinen Füßen. In der Nähe nahm Proyas die Glückwünsche seiner Statthalter mit gesetzten Worten und strahlenden Augen entgegen.
    Kellhus aber musterte in dem ganzen Durcheinander den Kaiser, der einem seiner prächtig herausgeputzten Gardisten ein paar hastige Befehle gab, die – wie der Dûnyain wusste – nichts mit dem Heiligen Krieg zu tun hatten. »Schnapp dir Skeaös«, fauchte er augenscheinlich, »und ruf dann die anderen. Der alte Schuft führt irgendeinen Verrat im Schilde!«
    Kellhus sah den Gardisten seinen Kameraden ein Zeichen geben und dann auf den eigenartig gesichtslosen Berater zugehen. Sie führten ihn ab und setzten ihm dabei deutlich zu.
    Was würden sie aus ihm herausbringen?
    Im Garten des Kaisers hatte es zwei Wettkämpfe gegeben.
    Dann wandte Xerius III. dem Dûnyain sein eigentlich schönes Gesicht zu, das nun allerdings von panischem Schreck erfüllt und von Zorn verzerrt war.
    Er glaubt, ich sei am Verrat seines Beraters beteiligt, und möchte mich gefangensetzen, doch ihm fällt kein Vorwand ein.
    Kellhus drehte sich zu Cnaiür um, der ungerührt dastand und den nackten Körper seines alten Stammeskönigs musterte, der zu Füßen des Kaisers angekettet war. »Wir müssen schnell verschwinden«, sagte der Dûnyain. »Hier ist zu viel Wahrheit ans Licht gekommen.«

18. Kapitel
     
    DIE ANDIAMIN-HÖHEN
     
     
     
    … und diese Enthüllung hat alles weggefegt, was ich einmal sicher wusste. Während ich früher nach dem Wesen Gottes gefragt habe, frage ich mich nun, wer ich bin.
     
    Ankharlus: Brief an den Weißen Tempel
     
     
    Es besteht wohl Einigkeit darüber, dass der Kaiser ein überaus misstrauischer Mensch gewesen ist. Angst nimmt vielerlei Gestalt an, ist aber nie gefährlicher als in Verbindung mit Macht und ständiger Ungewissheit.
     
    Drusas Achamian: Handbuch des Ersten Heiligen Kriegs
     
     
     
    MOMEMN, FRÜHSOMMER 4111
     
    Kaiser Ikurei Xerius III. schritt händeringend auf und ab. Nach dem Debakel im Garten hatte er hemmungslos zu zittern begonnen und konnte die kaiserlichen Gemächer nicht verlassen. Conphas und Gaenkelti, der Hauptmann seiner Garde, standen schweigend in der Zimmermitte und beobachteten ihn. Xerius hielt an einem lackierten Tisch, nahm einen tiefen Zug flüssigen Anpois, machte mit den Lippen ein schmatzendes Geräusch und atmete tief ein. »Habt ihr ihn?«
    »Ja«, antwortete Gaenkelti. »Er sitzt schon im Kerker.«
    »Ich muss ihn sehen.«
    »Davon kann ich nur abraten, gottgleicher Kaiser«, entgegnete Gaenkelti vorsichtig.
    Xerius hielt inne und fixierte den stämmigen Hauptmann. »Abraten? Ist denn Hexerei im Spiel?«
    »Die Kaiserlichen Ordensleute sagen, das sei nicht der Fall. Aber der Mann ist… geschult.«
    »Was meinst du mit ›geschult‹? Verschon mich mit deinen Rätseln, Gaenkelti! Heute ist das Kaiserreich gedemütigt worden. Ich bin gedemütigt worden!«
    »Es war… schwer, ihn zu überwältigen. Drei meiner Männer sind tot. Vier andere haben gebrochene Knochen…«
    »Soll das ein Witz sein?«, rief Conphas. »War er denn bewaffnet?«
    »Nein. So was habe ich nie zuvor gesehen. Wenn wir für die Audienz keine zusätzlichen Gardisten abgestellt hätten… Wie gesagt – er ist geschult.«
    »Du meinst«, fragte Xerius, und in seinem Gesicht stand panischer Schrecken, »dass er mich die ganze Zeit, also in all den Jahren, hätte töten können… mich hätte töten können?«
    »Aber Skeaös ist doch uralt, Onkel«, meinte Conphas. »Wie kann denn das sein? Da muss es sich doch um Hexerei

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