Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
fügte sich, nahm eine brennende Kerze vom Tisch und stieg mit Bertholds Hand auf der Schulter und dessen Schwert im Kreuz langsam die dunklen Treppen hinab. Petz bedeutete dem zweiten Soldaten, Berthold zu folgen, und schulterte den bewusstlosen Heydrich. Es war kalt, feucht und unheimlich in diesen Abgründen der Burg Hayn. Wasser tropfte an manchen Stellen die Wände hinunter und in der Luft hing der beißende Gestank von menschlichen Exkrementen, Schimmel und Blut. Wie viele schon hatten hier unter Qualen und peinlichen Verhören ihr Leben lassen müssen? Und wie viele vielleicht Unschuldige mochten gerade hier unten ihr Dasein fristen?
Am Fuße der steilen Treppe kreuzte ein Gang. Der Soldat schwenkte nach rechts und führte sie den leicht gebogenen Gang an unzähligen Zellen vorbei, die alle mit schweren, eisenbeschlagenen Holztüren verschlossen waren, die durch jeweils zwei Riegel gesichert wurden. Hier und da war dahinter leises Röcheln, Wimmern und Husten zu hören. Am Ende des Ganges angekommen, sagte der Soldat: „Hier ist es.“
Berthold stieß ihn zur Seite und riss die Riegel auf. Ein modriger, unmenschlicher Gestank schlug ihm entgegen. Er leuchtete mit der Kerze in das Verlies. Das, was er dort an die Wand gekettet vorfand, hatte nichts mehr mit dem Mann zu tun, den er als seinen Vater kannte. Abgemagert, mit Wunden übersät und nahezu besinnungslos vor Schwäche hing er in den rostigen Ketten, die ihm an den Handgelenken ins Fleisch schnitten. Berthold schlug mit dem Knauf seines Schwertes die Eisenstifte aus den Schellen und fing seinen Vater auf, der zu Boden sank. Dieser erkannte Berthold offensichtlich nicht und konnte nicht sprechen. Nur ein dumpfes, hohles Stöhnen entrang sich seinem ausgemergelten Körper. Berthold hob ihn auf und umklammerte ihn einige Augenblicke fest. Tränen liefen aus seinen Augen.
Petz stieß die beiden Wachen in das Verlies und legte Heydrich auf den Boden. Berthold schleppte seinen Vater über die Schwelle. Er drehte sich zu den Wachen um. „Sagt Etzelroth, dass er großes Glück gehabt hat. Sagt ihm, ich werde wiederkommen. Sagt ihm, dass ich die Gerechtigkeit bin, der Schatten, der fortan auf seinem Leben liegt. Ich komme wieder und hole ihn. Sagt es ihm!“
Petz schlug die schwere Tür zu und verriegelte sie. Dann half er Berthold, seinen Vater aus dem Verlies hinauf auf den Turm zu tragen.
Augustein wurde bleich vor Entsetzen, als er die jämmerliche Gestalt Peter Graychens sah. Doch er fasste sich schnell und benetzte dessen Lippen vorsichtig mit Wasser. Peter Graychen leckte es gierig ab und öffnete seine Augen. „Berthold?“, krächzte er mühsam und überrascht, als er seinen Sohn erkannte.
„Ja, Vater, ich bin es. Du bist bald in Sicherheit. Halte durch, nur noch kurze Zeit. Und verzeih mir, was ich dir angetan habe.“
„Du mir angetan? Keinen anderen Sohn will ich haben. Wo sind deine Mutter und Robert?“
„Später, Vater. Wir haben keine Zeit. Leider müssen wir etwas Unwürdiges mit dir tun, um dich zu retten. Bist du bereit?“
Peter Graychen nickte kraftlos. Doch bevor sie ihn mit den Füßen voran in den Leinensack steckten, trat Petz zu den beiden gefesselten Soldaten und schlug ihnen mit der flachen Seite der Klinge seines Schwertes gegen die Schädel, dass sie ohnmächtig auf ihren Stühlen zusammensackten. Nachdem Peter Graychen in dem großen Leinensack verschwunden war, wurde dieser oben mit einem längeren Seil fest zugebunden. Petz trug ihn bis zur Leiter und legte ihn vorsichtig auf dem Wehrgang ab, bevor er nach unten kletterte. Dann ließen Berthold und Augustein mit vereinten Kräften den Sack am Seil von der Wehrmauer hinab, wo ihn Petz in Empfang nahm. Nun stiegen sie selbst hinab. Als sie unten angelangt waren, hatte Petz Bertholds Vater bereits aus dem Sack befreit.
Während Berthold und Augustein Peter Graychen bereits schwimmend über den Wassergraben zogen, wuchtete Petz mit einem Ruck die Leiter aus dem lehmigen Uferboden und ließ sie seitwärts in den Graben kippen, wo sie langsam auf dem Wasser davontrieb. Kurz darauf erreichten die drei Freunde mit dem befreiten Peter Graychen schließlich ihre Pferde. Dann verschluckte sie die Dunkelheit.
Augustein war glücklich darüber, dass ihm die verantwortungsvolle Aufgabe aufgetragen worden war, sich um Bertholds Vater zu kümmern und ihn gesund zu pflegen. In Franz’ Höhle am silbernen See würde sie niemand suchen, während Berthold und Petz nach
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