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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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ihrem Kleid ein Ledersäckchen, das mit einer groben Hanfkordel oben verschnürt war, hervor und legte es in Bertholds Hand.
    „Ich soll dir noch folgenden Spruch dazu sagen:
     
Braue, was du brauen musst,
sieden muss das Eis.
Schütte es in einem Guss,
nur so erkennt Dein Geist.“
     
    Dann ließ sie das Säckchen los. Plötzlich war in Berthold nur noch Hitze, dann zuckende, pulsierende Bilder. Er war blind. Er konnte sehen. Er lief pfeilschnell durch grüne Wälder, hob ab, hoch in die Wolken, zog eine Bahn und stürzte wieder zur Erde. Aber es gab keinen Aufschlag, er setzte sanft auf. Da stand Franz und er begann zu brennen. Berthold schrie. Dann war es vorbei.
    Hatte er geschrien? Er wusste es nicht. Noch immer umkrampfte seine Hand das Säckchen mit den Kräutern. Er hatte Schweiß auf der Stirn. Seine Mutter legte erschrocken ihren Arm um Bertholds Schultern.
    „Es geht schon wieder, Mutter. Was ist das? Ein Zauberspruch? Hexerei?“
    Erwartungsvoll öffnete er das Säckchen und schaute hinein, aber darin befand sich nur ein grobes, etwas modrig riechendes Pulver aus getrockneten Pflanzenteilen, etwa wie ein Kräutertee. Ratlos schnürte Berthold das Säckchen wieder zu und legte es auf sein Bett. Es war ihm ein Rätsel, aber vielleicht hatte dieses Zeug eine Bedeutung, die er jetzt nur noch nicht erkannte? Bedeutungslos konnte es jedenfalls nicht sein, dafür waren die Umstände, unter denen er es erhalten hatte, einfach zu merkwürdig. Und dann diese Geschichte von Franz. Nun, er würde herausfinden, was es damit auf sich hatte. Und wenn nicht, dann hätte er wenigstens ein Andenken an Langen und eine Geschichte mehr in der Tasche. Schaden würde es in keinem Fall.
    „Es ist kein Zauberspruch und keine Hexerei, ich denke, es ist vielmehr eine Art Anleitung, aber ich weiß es nicht genau. Franz sagte, du würdest es erkennen. Aber du musst jetzt fort, Berthold, so sehr ich es hasse, dich daran zu erinnern.“
    Berthold nickte. Als seine Mutter den Raum verlassen hatte, schaute er noch einige Augenblicke zum Fenster hinaus. Es war noch stockfinster, aber sternenklar. Berthold schätzte die Zeit auf ungefähr zwei Stunden vor Sonnenaufgang. Er wandte sich ab und schnürte sein Bündel. Dabei fiel sein Blick auf das geheimnisvolle Ledersäckchen, das noch auf dem Bett lag. Er packte es mit in sein Bündel und nahm seinen Bogen und den Lederköcher mit Pfeilen von der Wand. Ohne seine Waffe wollte er nicht gehen. Kurz musste er an seine unruhige Nacht denken, an Franz’ Tod und den unheimlichen dunklen Reiter. Was für ein schauriger Traum. Hoffentlich war das kein böses Omen.
    Berthold steckte noch sein Messer in den Gürtel, öffnete vorsichtig die Tür und stieg leise und behutsam die Treppe hinab. Die Bediensteten sollten nichts von seinem Weggang erfahren. Auch seine Eltern würden sie nicht einweihen. Sollte man sie später befragen, brauchten sie nicht zu lügen. Das war sicherer und glaubhafter. Unten angekommen, sah Berthold seine Eltern und seinen Bruder Robert vor der Küche stehen. Was sagt man in einem solchen Augenblick? Auf Wiedersehen oder Lebt wohl? Er wusste es nicht. Also sagte er nur: „Verzeiht mir! Wir werden uns wiedersehen, ich schwöre es!“
    Seine Mutter hielt ihm weinend einen Leinensack hin, der den Duft von frischem Brot und Dörrfleisch verströmte. Peter Graychen gab seinem Sohn einen Geldbeutel und einen Brief.
    „Dies ist ein Teil unserer Ersparnisse. Sei achtsam damit. Und mögen sie dir helfen in der Fremde. Das Dokument ist das Empfehlungsschreiben an Walther. Verwahre es gut und zeige es niemandem außer Walther selbst. Gott sei mit dir, mein Sohn!“
    Er umarmte Berthold fest. Der Abschied von seiner Mutter und seinem Bruder war schmerzlicher, nicht weil er sie mehr liebte, sondern einfach, weil sie unbeherrschter als sein Vater waren und ihren Tränen freien Lauf ließen. Dann nahm Berthold seine Sachen und verließ das Haus. Im Hof stand schon Calamus für ihn bereit. Trotz der Dunkelheit hatte Berthold kein Problem, sich zurechtzufinden, schließlich er kannte jeden Stein und jeden Baum auf dem Gut. Mit geübten Händen verstaute er seine Sachen in den Satteltaschen und zurrte sich Bogen und Köcher auf dem Rücken fest. Den Geldbeutel band er sich mit einem Lederriemen um den Hals und verbarg ihn, ebenso wie das Schreiben seines Vaters, unter seinem Hemd.
    Berthold führte Calamus durch das Hoftor nach draußen, saß auf und trabte bis zur Weggabelung, die

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