Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
sich in der Sicherheit des Amtes seines noch verderbteren Vaters wähnt und deshalb unberechenbar ist. Er hat keine wirkliche Macht, aber vor seinem Vater müssen wir uns hüten, glaube mir. Und wenn Hermann mit einer großen Sache prahlt, dann wird sicher etwas Wahres daran sein. Weißt du, was er damit gemeint haben könnte?“
„Nein“, entgegnete Katharina ihrem Vater, „ich habe keine Ahnung. Was sollen wir nur tun, Vater? Ich habe Angst.“
„Mir ist auch nicht wohl bei dem Ganzen, aber ich schlage vor, dass wir einen kühlen Kopf bewahren und versuchen sollten, unser Leben so unauffällig wie irgend möglich weiterzuleben. Sieh mich an. Weißt du wirklich nicht, wo sich Berthold aufhalten könnte?“, hakte er nach.
„Nein, Vater, ich weiß es nicht. Bei Gott, ich schwöre es auf meine tote Mutter!“
Ambrosius Kufner war einen Moment sichtlich berührt von dem Schwur seiner Tochter. Er ging auf sie zu, fasste ihre Hand und sagte: „Ich glaube dir, Katharina. Nur geht es hier um mehr als einen jungen Mann, der seltsame Ahnungen hat und bei einer Hinrichtung zusammenbricht, so viel steht fest. Diejenigen, die damit zu tun haben, kennen keine Skrupel und haben keine Achtung vor Gottes Schöpfung. Ein Leben bedeutet ihnen nichts, glaube mir. Wir müssen uns sehr vorsehen. Ich werde gleich morgen früh zu den Graychens gehen und mit Peter über die ganze Sache sprechen. Ich bin ihm das schuldig, schließlich kennen wir uns nun auch bald ein ganzes Leben lang.“
„Das würdest du tun, Vater?“, fragte Katharina erleichtert.
Ambrosius Kufner hob beschwichtigend seine Hand. „Ja, aber jetzt kein Wort mehr davon und zu niemandem sonst, verstanden? Bevor ich nicht weiß, was hier gespielt wird, müssen wir so leben wie bisher.“
Mit diesen Worten blies der Schreiber die beiden Kerzen in der Schreibstube aus und sie verließen beide das Zimmer, um zu Bett zu gehen.
Berthold erwachte erst ungefähr zwei Stunden vor Mittag. Der Schlaf hatte sich ausgezahlt. Er fühlte sich tatsächlich erholt und spürte wieder einen Anflug von innerem Frieden und Lebensmut in sich. Das Erlebte war nicht vergessen, aber er hatte wenigstens einen kleinen gefühlsmäßigen Abstand zwischen sich und die Vorfälle der vergangenen Tage bringen können. Berthold erhob er sich von seinem Lager, schüttelte sich das Stroh aus den Kleidern, kletterte die hölzerne Leiter vom Heuboden nach unten herab und begab sich in die Küche des Hauses. Die Tür auf der anderen Seite in Richtung des Kräutergärtchens stand offen und so konnte er Irmgard von hinten in gebückter Haltung sehen, wie sie einige Kräuter von einem Strauch zupfte.
„Hallo, Irmgard, Guten Tag!“
Irmgard Köppler drehte sich um und erhob sich.
„Hallo, Berthold! Na, gut geschlafen? Lass dich ansehen. Ah, du gefällst mir heute schon viel besser als gestern! Du siehst erholt aus.“
„Ich danke euch sehr für eure Gastfreundschaft und möchte wirklich gern meinen Teil dazu beitragen, dass ich euch nicht zur Last falle.“
„Gut“, sagte Irmgard, die mittlerweile mit einem Bund intensiv duftender Kräuter zur Tür gekommen war, „dann steh nicht herum, sondern nimm dir einen Kanten Brot und ein Dünnbier und frühstücke erst einmal. Wenn du damit fertig bist, kannst du die Pastinaken für das Mittagessen schälen und die Kräuter fein hacken.“
Berthold ging mit ihr ins Haus und setzte sich an den Küchentisch. Er musste für einen Moment wieder an seine Familie denken und seufzte. Irmgard tat so, als hätte sie es nicht bemerkt und schnitt ihm einen dicken Kanten Brot vom Laib und schenkte einen Krug Bier ein, das sie mit etwas Wasser verdünnte. Beides stellte sie vor Berthold auf den Tisch.
„Iss etwas“, sagte Irmgard, und Berthold griff zunächst zögerlich zu. Appetit verspürte er anfangs keinen, aber nach den ersten Bissen stellte er sich doch ein. Als er mit dem Bier fertig war und auch den Kanten Brot bis auf den letzten Krümel vertilgt hatte, räumte Irmgard ab und stellte ihm wortlos ein Holzbrett, ein Messer, und die erdigen Wurzeln vor die Nase. Berthold sah sie verständnislos an.
„Schon vergessen? Du wolltest dich doch nützlich machen.“
Berthold lächelte und begann mit der Arbeit. Irmgard half ihm dabei, sonst hätte es zum Mittagessen wahrscheinlich mehr Schalen als Pastinaken gegeben. Danach musste Berthold die Kräuter hacken. Irmgard ließ ein wenig Schweinefett in dem schweren gusseisernen Topf am Haken über
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