Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
dann werde ich dich nicht mehr schützen können. Auch wenn du nicht der Stolz meiner Familie bist, so bist du doch mein einziger Sohn und ich möchte nicht erleben, dass du einen Kopf kürzer gemacht wirst, nur weil du dich nicht zusammennehmen kannst. Also hüte deine Zunge, Hermann. Alles, was sich in diesen vier Wänden zuträgt, bleibt auch in diesen vier Wänden!“
„Ja, Vater, ich habe das wirklich begriffen, glaube mir“, beteuerte Hermann eilfertig. „Es tut mir leid, dass ich …“
„Schweig jetzt!“ Etzelroth hob seine Hand. „Wir hatten das besprochen und ich habe dir bereits gesagt, dass nicht Worte, sondern Taten zählen – oder in deinem Fall besser keine Taten. Du wirst Gelegenheit bekommen, zu beweisen, ob du der Sache und meiner Nachkommenschaft würdig oder doch nur ein Waschweib und Trunkenbold bist, der sich von Krüppeln in Bäche werfen lässt.“
Hermann fühlte sich in seiner Ehre tief getroffen und ballte wütend die Fäuste hinter seinem Rücken. Doch er gab sich unterwürfig und senkte den Blick. Ulrich von Hachberg und sein Vater. Sie würden beide eines Tages sehen und erleben, was passierte, wenn man einen Hermann Etzelroth beleidigte. Er würde ihnen diese Schmach heimzahlen. Vielleicht nicht heute oder morgen, aber seine Zeit würde kommen. Und sein Vater würde noch erkennen, wozu sein Sohn imstande war, auf den er nie stolz gewesen war. Der Sohn, der immer nur als schlechter Ersatz für den gestorbenen Erstgeborenen herhalten musste, der vergeblich um Achtung buhlte und nie die ihm gebührende Anerkennung erfuhr.
„Graychen weiß ganz sicher, wo sich sein Sohn aufhält“, unterbrach sein Vater diese finsteren Gedanken, „aber er gibt sich stark und schweigt.“
„Dann werden wir ihm eben auf die Sprünge helfen“, sagte Hermann und griff nach dem Dolch, den er am Gürtel trug.
„Nein!“, sagte Wolfram Etzelroth bestimmt. „Siehst du, schon wieder willst du einfach drauflos hauen und stechen, ohne deinen dummen Schädel zu gebrauchen. Er ist nur lebend etwas wert, zumindest vorerst. Natürlich werden wir ihm das nicht erzählen, er soll sich ruhig vor Angst bepissen. Wäre er tot, würde sich dies schnell herumsprechen, und dann könnte die Situation für uns unsicher werden. Zu viele Leute haben schon über seine Festsetzung gemurrt, auch wenn wir das Gerücht über die Hexerfamilie gut gestreut haben. Wir müssen uns – zumindest nach außen – an die Gerichtsordnung halten, um Unzufriedenheit zu vermeiden. Zum anderen würde Berthold Graychen wohl kaum hierher kommen, wenn er erführe, dass sein Vater bereits tot ist. Verstehst du das?“
Hermann nickte.
„Also werden wir Peter Graychen auf kleiner Flamme kochen“, fuhr der Vogt fort, „und vielleicht sagt er uns ja doch noch, wo sein Sohn steckt. Allerdings könnte er versuchen, uns mit einer Lüge in die Irre zu führen, die uns unnötig Zeit kosten würde. Daher wäre es am besten, wenn er die Kufners dazu treibt, seinem Sohn eine Nachricht zu überbringen und wir dadurch dessen Aufenthaltsort erfahren.“
Das war ein genialer Plan, musste sich Hermann eingestehen. So sehr er seinen Vater auch hasste, so sehr bewunderte er den gerissenen Taktiker und Ränkeschmied, der mit einer gekonnten Mischung aus Härte und Gnade stets seine Interessen durchsetzte und damit ebenso zielstrebig wie rücksichtslos seine Macht ausbaute. Anerkennung, Vaterstolz und Liebe suchte er bei ihm vergebens, doch in Sachen Intrigen, Verwaltung und Politik war er ihm der beste Lehrmeister.
„Gut, Vater. Ich denke, du hast recht“, sagte er ohne Unterton. „Was soll ich machen?“
Der Vogt rieb sich grübelnd das Kinn. „Ich denke, du könntest ein wenig provozieren. Geh zum Hofgut Graychen und spiel dich als neuer Herr auf. Postiere ein paar zuverlässige Männer dort und lass das Gesinde spüren, wem der Hof nun gehört. Aber überspann den Bogen nicht! Und nicht zu viel Wein, hörst du! Sonst kannst du bald Peter Graychens Gesellschaft im Keller genießen.“
Hermann nickte, dachte aber nicht daran, auf den Wein zu verzichten. „Es wird mir ein Leichtes sein, Vater“, sagte er grinsend, froh darüber, einen Auftrag erhalten zu haben, der anscheinend für das Gelingen des Plans Bedeutung hatte. „Aber warum soll ich das tun? Was versprichst du dir davon?“
„Nun, ich werde es so einrichten, dass dein Auftreten in Langen zum Gespräch wird. Ich will damit den Druck auf die Kufners erhöhen. Sie sollen mit den
Weitere Kostenlose Bücher