Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
denn dort würden eventuelle Verfolger nicht mit ihnen rechnen. Als die beiden schließlich nach gut drei Stunden Darmstadt weitläufig im Süden umrundet hatten, machten sie am Saum eines Buchenhains eine kurze Pause und aßen die Wegzehrung, die Ambrosius am Abend zuvor beim Wirt in Dieburg erstanden hatte. Erst als sie in die gut gewürzte Wurst und das frische Brot bissen, merkten sie, wie viel Hunger sie doch hatten.
Mitten in die Stille des Essens hinein sagte Katharina beiläufig, als wäre es das Normalste von der Welt: „Vater, ich muss noch einmal nach Langen zurück.“
Ambrosius Kufner fuhr auf wie von einer Schlange gebissen und ein Stück Brot fiel aus seinem geöffneten Mund. „Bist du verrückt? Nein, das kommt nicht in Frage, das ist viel zu gefährlich. Wie, um alles in der Welt kommst, du auf solche verrückten Gedanken?“
„Ich muss, Vater, ich muss. Ich habe eine Idee, wie ich Berthold eine Nachricht zukommen lassen kann. Denn wenn er nicht zu den Köpplers zurückkehrt, dann wird er nie erfahren, wo wir sind und wohin er kommen kann. Alles wäre umsonst gewesen.“
„Und wie stellst du dir das vor?“, brauste Ambrosius Kufner auf. „Willst du vielleicht am Langener Marktplatz einen Anschlag anbringen oder etwa einen Barden anheuern, der in den umliegenden Dörfern ein fröhliches Liedlein trällert, um deine Kunde unters Volk zu bringen?“
Katharina sah ihren wütenden Vater an und sagte beruhigend: „Nein Vater, natürlich nicht. Vertrau mir! Es gibt einen Weg, wie ich Berthold gefahrlos eine Nachricht überbringen kann.“
Katharina log, denn sie wusste, dass es gefährlich war. Doch sie fuhr fort: „Es wird vielleicht ein wenig Zeit verstreichen, bis er sie erhält, aber er wird sie erhalten!“
„Wie denn?“
„Ich kann es dir nicht sagen, Vater. Ich habe einen Schwur getan. Vertrau mir, ich bitte dich!“
Ambrosius Kufner dachte darüber nach, wie er sich verhalten hätte, wäre es um seine Frau gegangen. Dann sagte er: „Gut, ich vertraue dir. Tu, was du nicht lassen kannst. Wir reiten jetzt gemeinsam nach Weiterstadt. Dort gibt es einen Gasthof und da werde ich auf dich warten. Dann aber ist unsere Rast jetzt vorbei, denn ich will nicht noch mehr Zeit verlieren!“
Ambrosius und Katharina packten die Reste der Mahlzeit in die Satteltaschen und saßen auf. Im leichten Galopp ritten sie in Richtung Weiterstadt. Als sie dort angekommen waren, ritt Katharina weiter in Richtung Langen, während ihr Vater es sich, mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, in einer Gaststube bequem machte und zur Beruhigung erst einmal ein Bier trank.
Katharina ritt von Weiterstadt aus in den Forst, der zum Wildbann Dreieich gehörte. Am südlichen Fuß des Steinbergs machte sie ihr Pferd im Unterholz an einem Baum fest und lief schnaufend den Hügel hinauf, der dort rotfelsig wie eine bewaldete Brust aus den Bäumen ragte. Als sie endlich außer Atem die Anhöhe erreicht hatte, schlich sie sich auf der anderen, nach Langen gelegenen Seite wieder halb hinunter. Vor ihr lag die Lichtung, auf der linker Hand der mannshohe Stumpf der alten, mächtigen Eiche stand.
Es war ihre Wiese. Ihre Eiche. Ihr Geheimnis. Katharina nestelte nervös ihr Schreibzeug aus der Tasche und verfasste eine Nachricht an Berthold. Diese rollte sie zusammen und steckte sie in das Astloch des Baumes. Dann machte sie sich eilig auf demselben Weg zurück, auf dem sie gekommen war. Berthold würde diese Nachricht erhalten. Wenn nicht jetzt, dann später. Spätestens aber zum nächsten Maigeding.
Knapp drei Stunden später war Katharina wieder zurück und betrat das Wirtshaus in Weiterstadt, um ihren Vater abzuholen. Ambrosius Kufner atmete auf, als er Katharinas Blick sah, der ihm sagte, dass alles gutgegangen war. Erleichtert bezahlte er seine drei Bier. Dann brachen die beiden sofort auf und ritten endlich weiter in Richtung Mainz. Noch vor Sonnenuntergang erreichten sie die kurfürstliche Residenzstadt.
Glücklich durchritten Ambrosius und Katharina das Stadttor von Mainz. Sie hatten ihre Pferde nicht geschont, die nun sehr erschöpft waren. In den Stallungen des Augustinerklosters versorgten sie die Tiere erst einmal mit frischem Wasser und Heu, bevor sie sich sofort zum Propst Kuno von Werthersbach führen ließen. Dieser begrüßte Ambrosius und Katharina mit einer herzlichen Umarmung und sicherte ihnen Schutz und Bleibe zu, so lange sie wollten oder es nötig war. Dann geleitete sie ein Mönch zu zwei kargen
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