Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
dem Schattenreiter gehabt hatte, gemeinsam aufgebrochen. Dass es sie nach Ilbenstadt verschlagen hatte, war mehr ein Zufall gewesen – wenn überhaupt noch etwas Zufall war. Sowohl der Ort Niddatal als auch das etwas außerhalb der Stadtmauern angesiedelte Prämonstratenserkloster gehörten zu Kurmainz, also zum Herrschaftsgebiet Graf Diethers von Ysenburg.
Als sie dort spätnachts ankamen und an die Pforte des alten Gemäuers pochten, gaben sie sich einfach als das aus, was sie waren – als schutzbedürftige Flüchtlinge. Berthold hatte gegenüber dem verschlafenen Ordensbruder zudem noch seine Gottesfurcht angeführt – ein Punkt, bei dem Petz lieber etwas zurückhaltender blieb. Doch die frommen Brüder stellten keine Fragen.
Petz und Berthold erhielten zunächst die Erlaubnis, für eine Woche bleiben zu dürfen. Währenddessen blieben sie jedoch nicht müßig und verdienten sich ihr Essen mit kleineren Arbeiten, waren sie doch beide begabte Handwerker. Nachdem sie die verrottete Kurbel und das bröckelig gewordene Mauerwerk des Klosterbrunnens instandgesetzt und einige Pulte in der Klosterbibliothek, an denen die Mönche ihre Abschriften fertigten, tadellos überarbeitet hatten, rief sie der Abt zu sich. Er teilte ihnen mit, dass sie im Kloster bleiben könnten, so lange sie wollten, wenn sie nur fleißig so weiterarbeiteten und die Brüder nicht allzu sehr mit weltlichen Belangen von ihrer inneren Einkehr ablenkten. Berthold und Petz versprachen es und nahmen das großzügige Angebot des Abts gern an, denn hier würde sie niemand suchen. Trotz der einfachen Unterbringung in einem umfunktionierten Lagerhäuschen gleich neben dem Stall und der harten Arbeit war dies doch wesentlich besser, als sich in den Wäldern zu verstecken oder rastlos von Ort zu Ort zu ziehen.
Die Mönche gaben Berthold und Petz einen kleinen Tisch und zwei Schemel für ihren Raum, der sogar eine eigene Feuerstelle hatte. Zusammen mit einem Regal und einem Kruzifix nahm sich die Unterkunft fast wie schon wie ein richtiges Zuhause aus. Essen durften die beiden mit den Brüdern im Refektorium, allerdings etwas abseits an einem separaten Tisch. Dadurch blieben ihnen die zahlreichen Gebete erspart, was vor allem Petz freute. Nur zum Vaterunser bei den Mahlzeiten bewegte er wortlos seine Lippen, um die Mönche nicht zu verärgern.
Petz und Berthold saßen oft abends nach dem Essen zusammen. Sie redeten oder schwiegen, erzählten sich Geschichten oder übten sich im Kampf mit und ohne Waffen. Durch die zahlreichen Übungsstunden mit Petz kämpfte Berthold mittlerweile mit Schwert, Stock und auch mit den Fäusten recht ordentlich. Ein durchschnittlich begabter Wegelagerer oder anderer Gegner würde nun kein so leichtes Spiel mehr mit ihm haben. Zudem übte sich Berthold im Lesen und Schreiben, wobei ihm ein junger Mönch namens Augustein von Hohenstein half. Zwischen ihnen entwickelte sich mit der Zeit eine richtige Freundschaft und Berthold fühlte sich zunehmend vertrauter und sicherer hinter den dicken Klostermauern. So gingen die Wochen ins Land und die Nächte begannen bereits wieder empfindlich kalt zu werden. Es ging auf November zu.
Eines Abends, als sie vom Speisesaal über den Hof und durch den Klostergarten zu ihrem Häuschen gehen wollten, hielt Petz Berthold am Arm fest und sagte: „Berthold, ich werde dich verlassen. Ich muss zurück, die Köpplers brauchen mich. Und du bist hier ja in Sicherheit.“
„Aber Petz, was soll ich denn ohne dich machen, hier in der Fremde?“, fragte Berthold erschrocken.
„Das, was du auch machen würdest, wenn ich da wäre. Lebe dein Leben. Und wenn die Zeit gekommen ist, werden wir uns wiedersehen. Man sucht mich nicht und so kann ich gefahrlos Augen und Ohren offen halten. Und sobald ich Neuigkeiten habe, werde ich wiederkommen.“
Berthold war traurig. Er wollte Petz nicht ziehen lassen, wusste aber, dass dieser so etwas nicht zum Spaß sagte und seine Entscheidungen immer unumstößlich waren. Darum fragte er: „Wann?“
„Schon Morgen. Ich habe alles mit dem Abt geregelt. Du kannst hierbleiben, wenn du den Mönchen weiter zur Hand gehst. Bevor ich dich verlasse, müssen wir jedoch noch einmal reden. Es ist wichtig.“
Berthold folgte Petz in ihre Kammer und setzte sich ihm gegenüber an den Tisch. Petz schenkte zwei Krüge Bier ein, das er von Bruder Franz erhalten hatte.
„Was ich dir nun sagen werde, mein Freund, ist der Rat eines Mannes, der in seinem Leben schon das eine oder
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