Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Höhepunkt darstellte. Ganz im Gegenteil, denn es war immer nur Grütze – mal aus Weizen, mal aus Dinkel, mal aus Grünkern oder Hirse. Die einzige Ausnahme für Petz waren die Tage, an denen es Bruder Augustein aufgetragen wurde, ihm das Essen zu bringen. Dann fanden sich auch schon einmal getrocknete Kräuter, ein Kanten Brot und ab und zu sogar ein rohes Ei mit auf dem Holzbrett. Augustein musste sich diese Extras wohl vom Munde abgespart oder aber ganz einfach aus der Küche gestohlen haben. Warum Augustein dies tat, konnte sich Petz beim besten Willen nicht erklären, ließ sich aber die Sachen trotzdem schmecken.
In dem Raum, in dem Petz und Berthold gefangen gehalten wurden, befanden sich neben dem Schemel, auf dem Petz die meiste Zeit wartend verbrachte, auch zwei breite Tonschüsseln. Eine enthielt Wasser zum Waschen, die andere war für das Verrichten der Notdurft vorgesehen. Ihr Inhalt konnte von Petz durch ein von einem Stück Holzbohle bedecktes Loch im Zimmerboden entleert werden. Sonst gab es keine Einrichtung in dem kargen Raum.
Jeden Tag, wenn Petz gegessen hatte, schnitt er mit seinem Messer eine kleine Kerbe in das Bein des Schemels, um die Übersicht über die Anzahl der bereits vergangenen Tage zu behalten. Mehrmals täglich träufelte er mittels eines nassen Tuches Berthold mühsam etwas Wasser in den Mund und bewahrte seinen Freund so vor dem Verdursten. Berthold schluckte und leckte sich sogar manchmal die befeuchteten Lippen, aber er reagierte weder auf Schütteln noch auf Worte. Starr und blicklos waren seine verschleierten Augen an die Decke gerichtet. Feste Nahrung vermochte er nicht zu essen. Er war nicht tot und nicht lebendig.
Das Verabreichen des Wassers nahm täglich eine gehörige Zeit in Anspruch. Den Rest seiner Zeit füllte Petz mit körperlichen Übungen, um nicht allzu sehr zu erschlaffen, und mit geduldigem Warten. Warten darauf, dass Berthold erwachte. Darauf, dass etwas geschah. Irgendetwas.
Petz hoffte, dass Berthold nicht sterben würde, und machte sich Vorwürfe. Er hätte ihn nicht verlassen dürfen. Jetzt wusste er nicht einmal, was geschehen war, und konnte darum auch nicht helfen. Doch jetzt war es zu spät für Reue. Das Schicksal bestimmte den Lauf des Lebens willkürlich und launisch – wie ein altes Weib. Und wie bei alten Weibern hatten auch Diskussionen mit dem Schicksal keinen Sinn.
Am Tag der einundvierzigsten Kerbe im Schemelbein hörte Petz kurz nach der Non lautes Pferdegewieher und Waffengeklirre am Tor des Klosters. Mehrere Reiter kamen in den Klosterhof geritten. Er zählte rund ein Dutzend Bewaffneter, als er durch das vergitterte Fenster spähte. Petz beschlich ein ungutes Gefühl. Kurz darauf riss ein kräftiger Mann – begleitet vom Abt, dem übereifrigen Bruder Bernhard und zwei bewaffneten Soldaten – die Tür des Hospitals auf und starrte ihn herausfordernd an. Petz blickte nicht nur in ein Paar verschlagene Augen, sondern auch auf zwei Hellebarden, die gegen ihn gerichtet waren.
„Du bist also der Zauberer?“, sagte der Unbekannte spöttisch und maß Petz mit einem abschätzigen Blick. „Du siehst gar nicht aus wie einer. Eher wie ein Beutelschneider und Dieb. Aber wie oft trügt das Bild.“ Er wandte sich zum Abt und den Mönchen um, die im Hintergrund standen und die Szene beobachteten, und fuhr mit lauter Stimme fort: „Der Teufel hat viele Fratzen, Brüder. Und die harmlosesten und gewöhnlichsten sind oft die verdorbensten Seelen.“ Er wandte sich wieder zu Petz und sagte: „Ich bin Andreas Zöblin, Abgesandter der heiligen Inquisition unseres Papstes, Seiner Heiligkeit Pius II., und Provinzial des Ordo Fratrum Praedicatorum der Provinz Teutonia. In Trier hörte ich von Bruder Bernhard und seinem Begleiter von diesem dringlichen und für meinen Geschmack recht eindeutigen Fall. Ich werde die Voruntersuchungen leiten und euch im Falle einer Verurteilung der kirchlichen Gerichtsbarkeit überstellen. Gehe in dich und bete, damit du bereit bist. Wir werden morgen gleich nach den Laudes mit dem Verhör beginnen.“ Mit gespielter Betrübnis fügte Zöblin scheinheilig hinzu: „Und ich hoffe sehr, dass wir auf eine peinliche Befragung verzichten können. Aber das liegt allein in deiner Hand.“ Er drehte sich um und wies die Wachen an: „Schließt die Tür, zwei Mann davor. Der Schlüssel kommt zu mir!“
Mit einem lauten Schlag fiel die Holztür wieder ins Schloss, das zugesperrt wurde. Petz konnte noch hören, wie sich die
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