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Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz

Titel: Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alf Leue
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verschlossen waren. Hier würde er nicht so ohne weiteres herauskommen. Missmutig nahm er noch einen Schluck Bier, wischte sich den Schaum vom Mund und betrat Bertholds Zimmer. Dieser lag, umrahmt von Kerzenschein, inmitten des kargen Raumes auf einem Lager – als sei er aufgebahrt. Die Atmosphäre hatte fast etwas Heiliges. Petz legte seine große Hand vorsichtig auf Bertholds Stirn und sah in die milchigen Augen seines jungen Freundes. Dann zog er einen Schemel neben das Bett, setzte sich darauf, lehnte sich an die Wand und wartete.
    Es mochte kaum eine Stunde vergangen sein, da hörte er die gedämpften Schritte vieler Füße über den Hof kommen. Sie hielten vor der Tür des Hospitals an. Doch kein Schlüssel drehte sich im Schloss. Stattdessen wurde die kleine, schmale Klappe in der Tür geöffnet und Bernhards Gesicht erschien. „Petz!“, rief er, „gib uns dein Schwert, dann erhältst du etwas zu essen. Du wirst es später wieder zurückbekommen, falls ihr gehen dürft.“
    Petz ging aus dem Krankenzimmer in den Vorraum und fragte wütend: „Was soll das heißen: falls wir gehen dürfen? Natürlich können wir gehen. Wer sollte uns daran hindern? Etwa du klappriges Gerippe?“
    „Nein, nicht ich. Aber im Moment der ehrwürdige Abt Anselm und dann vielleicht“, Bernhard stockte für einen Moment, „die heilige Inquisition unserer katholischen Kirche.“
    Petz platzte fast vor Wut, funkelte Bernhard durch die kleine Öffnung in der Tür böse an und sagte drohend: „Überdenkt das gut, denn vielleicht sind wir ja doch Zauberer und zaubern uns aus diesem Haus. Und dann werden wir dich des Nachts besuchen, Bruder Bernhard, und mit dir über dies und das zu disputieren haben.“
    Erschrockenes Gemurmel der anderen Mönche drang an Petz’ Ohr.
    „Gott der Herr wird uns beschützen, Ketzer! Wir tun offensichtlich gut daran, euch hinter Schloss und Riegel zu halten. Nun aber gib mir dein Schwert durch die Klappe und du wirst dafür jetzt und fortan täglich Essen und Wasser erhalten. Oder haben Zauberer keinen Hunger?“
    Petz dachte nach. An einen sofortigen Ausbruch war nicht zu denken. Er brauchte Zeit für die Planung und die Mönche brauchten dieselbe Zeit, um möglicherweise unvorsichtig zu werden. Außerdem könnte er die unbewaffneten Brüder auch mit bloßen Händen oder dem Schemel überwältigen. Nicht zuletzt hatte er ja noch sein Messer, das er immer verborgen unter den Beinkleidern am rechten Knöchel zu tragen pflegte. Er konnte im Augenblick also getrost auf seine Waffe verzichten.
    Statt einer Antwort flog also Petz’ drei Ellen langes Schwert durch die schmale Klappe in der Tür und landete vor den Füßen der Mönche im Schnee. Einen Augenblick später wurde wortlos ein Holzbrett hineingereicht. Darauf stand eine Schüssel mit unappetitlicher, lauwarmer Grütze. Ein Schlauch mit Wasser wurde hinterhergeschoben. Petz nahm beides wortlos entgegen und schob das Brett durch die Klappe wieder nach draußen.
    Die ältere Stimme eines unbekannten Bruders sagte: „Schon morgen werden sich zwei Brüder nach Trier begeben und auf die Entsendung des Beauftragten der heiligen Inquisition drängen, der dort bis zum Frühjahr weilt. Wir wissen nicht, wann die Herren hier eintreffen, denn es herrscht Krieg zwischen Ysenburg und Nassau. Aber sie werden kommen, denn die Sache ist nach Ansicht unseres ehrwürdigen Abtes Anselm zu bedenklich, als dass man sie nicht untersuchen sollte. Bis dahin und bis die heilige Inquisition ein Urteil gesprochen hat, werdet ihr diesen Raum nicht verlassen. Wir würden euch auch lieber heute als morgen vor die Tür setzen, das kannst du mir getrost glauben, Petz, aber der ehrwürdige Abt will die Verantwortung dafür, dass vielleicht zwei Zauberer oder etwas anderes Unheiliges hier ihr Unwesen treiben, nicht übernehmen. Betet zu Gott. Wir tun dasselbe für euch.“
    Mit diesen Worten wurde die Klappe von draußen geschlossen und Petz hörte, wie sich die Schritte der Brüder entfernten, die über den Hof in das Klostergebäude zurückgingen. Petz war wieder mit Berthold allein.
     

     
    Die Tage vergingen schleppend und in eintöniger Zeitlosigkeit. Der Höhepunkt eines jeden Tages, sofern man davon überhaupt sprechen konnte, war für Petz die tägliche Mahlzeit, welche ihm die Prämonstratenser durch die Türklappe reichten. Für gewöhnlich versorgten die Mönche ihren Gefangenen gleich nach den Laudes mit seiner Tagesration, wobei das Essen an sich keinen

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