Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Berthold vom Pferd hievte, und sah Augustein in die treuen, angsterfüllten Augen.
„Warum hilfst du uns, wenn du das wirklich glaubst? Ich versichere dir, dass ich nichts dergleichen bin. Nun, ich denke, wir sind uns gegenseitig einiges an Erklärungen schuldig. Aber das ist jetzt einerlei.“
„Ja, ich denke, nun ist es ohnehin zu spät, dass ich mich sorge. Was geschehen ist, ist geschehen – und ich hätte es wohl kaum getan, würde ich nicht mehr an Freundschaft und Ehrlichkeit glauben, als an Zauberei.“
„Weise gesprochen, Bruder Augustein. Aber nun müssen wir weg von hier. Weit und schnell. Es wird nicht allzu lange verborgen bleiben, dass wir fort sind, und sie werden uns jagen.“
Petz hob Berthold auf Calamus und begann, ihn wie einen erlegten Bock mit Stricken auf dem Sattel zu verzurren. „Zu dumm, dass wir unbewaffnet sind“, brummte er.
Augustein lächelte unsicher und deutete auf ein etwa drei Ellen langes Bündel, das an seinem Pferd hinter dem Sattel festgemacht war. „Ihr esst nichts mehr, also sollt ihr das auch wieder haben, alles andere wäre gegen das Wort Gottes!“, sagte er schelmisch und stieg ab, um das Bündel loszumachen. Er reichte es Petz, der ungläubig den Riemen löste, mit dem es umwickelt war. Staunend zog er sein Schwert heraus. Dann lächelte er.
„Das Wort Gottes, sagst du?“ Er sah Augustein durchdringend an. „Meinst du vielleicht aus dem zweiten Buch Mose, Exodus, Kapitel zwanzig, Vers fünfzehn?“
„Wer, um Himmels Willen, bist du?“, stammelte Augustein.
„Oh, das will man von mir des Öfteren wissen in letzter Zeit. Ich bin Ewald Wetzel, genannt Petz, Sohn des … ach vergiss es! Du bist ein Teufelskerl, Bruder Augustein, nicht mehr und nicht weniger. Und ich bin, wer ich bin!“
In dem Bündel befanden sich noch Bertholds Bogen, der Köcher und auch seine persönlichen Sachen. „Teufelskerl!“, sagte Petz noch einmal, hängte sich den Köcher und den Bogen um und saß auf. Er griff unter seine Jacke und schleuderte die Holzschüssel mit der verräterischen Botschaft ins Wasser. Sie tanzte auf den seichten, eiskalten Fluten der Nidda in die Dunkelheit davon. Petz nahm Calamus am Zügel, sah Augustein an und dann, wie auf Kommando, ritten sie gleichzeitig los. In den Wald hinein, nach Süden.
„Was habt Ihr, Monsignore?“, fragte Graf Adolph von Nassau den päpstlichen Legaten, der wie vom Blitz getroffen aus seinem Stuhl emporfuhr. „Ist Euch nicht wohl oder habt Ihr schlechte Kunde erhalten?“, hakte der Graf nach. Doch Sarenno di San Pietro antwortete nicht. Stattdessen zerriss er hastig die Nachricht, die ihm der Bote überbracht hatte, und schob verärgert seinen Stuhl nach hinten. Dann stand er auf, ging quer durch den Raum zu dem mächtigen Kamin und warf die Schnipsel ins Feuer. Er sah zu, wie die Flammen die Nachricht gierig auffraßen. Seine Augen reflektierten den zuckenden Feuerschein.
An der Tafel, an der die Gegner Graf Diethers von Ysenburg bis eben noch in genüsslicher Eintracht Wildschweine, Grütze und kalten Braten gegessen und mit bestem Burgunderwein hinuntergespült hatten, herrschte eisiges Schweigen.
Plötzlich sagte Sarenno di San Pietro in die Stille hinein und ohne sich umzuwenden: „Ich muss fort!“
„Ihr müsst fort? Heute noch?“, fragte Graf Adolph von Nassau verwundert. Auch die anderen Gäste sahen sich überrascht an. Sarenno di San Pietro blickte verächtlich in die Runde. Dann entspannten sich seine Züge und sein gewöhnlicher, scheinbar nichtssagender und regungsloser Gesichtausdruck kehrte in sein Vogelgesicht zurück.
„Ja, leider. Mir ist soeben ein dringendes Amtsgeschäft aus Trier zugetragen worden, welches nicht einen Wimpernschlag Aufschub duldet. Ich danke den Hausherren, den Herren von Ehrenberg, für ihre Gastfreundschaft, aber ich werde mich nun zurückziehen. Legat im Dienste Seiner Heiligkeit zu sein, hat nicht nur Vorteile“, scherzte er aufgesetzt.
Er nickte Adolph von Nassau und den Herren von Ehrenberg zu und verließ den Raum. Als er den Gang vom großen Saal der Burg Heinsheim zu den Räumen der Gäste durcheilte, lachte er leise in sich hinein. Idioten, dachte er, Fußvolk und Tölpel. Er folgte dem Gang nach links um eine Ecke und hielt inne. Wie gut doch meine Verbindungen funktionieren, dachte er befriedigt. In jeder wichtigen Stadt konnte er die geheimen Dienste des Papstes für seine Zwecke nutzen. Vielleicht täuschte er sich ja, und die Gesandten des
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