Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
sie es nicht?“
„Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, aber dort führen frische Spuren hinaus. Und wer sonst kann das gewesen sein?“
„Du magst recht haben. Doch zuvor wollen wir prüfen, ob sie denn tatsächlich entkommen sind. Bis jetzt haben wir nur einen Verdacht.“ Zöblin hob seine Stimme und fuhr fort, sodass es alle hören konnten: „Dass wir es hier mit Zauberei zu tun haben, dürfte nun wohl jedem klar sein. Auf diesem Kloster lastet vielleicht ein Fluch. Auf alle Fälle wandelt das Böse in seinen Mauern.“ Er blickte Abt Anselm, der sich mittlerweile ebenfalls eingefunden hatte, scharf an. „Wir müssen also äußerst vorsichtig sein. Hauptmann! Die Waffen heraus – und folgt mir!“
Angeführt von dem Inquisitor, hasteten alle zum Hospital. Zöblin fand die Tür verschlossen und befahl: „Lasst die Tür öffnen, Hauptmann!“
Auf einen Wink hin trat ein kräftiger Soldat vor und warf sich mit der Schulter wuchtig gegen die Tür. Das Holz krachte und die Riegel des Schlosses lockerten sich klirrend. Beim zweiten Mal gab das Schloss schließlich nach und die Tür flog auf. Alle waren still und starrten in das Halbdunkel des Vorraumes, in dem die beiden toten Wachen zu erkennen waren. Andreas Zöblin verzog angewidert das Gesicht, während sich die Mönche bekreuzigten, einige gingen sogar auf die Knie. Niemand drängte sich danach, der Erste zu sein, diese unheimlichen Räume zu betreten, wo vor kurzem noch Zauberer eingesperrt waren und nun zwei Tote lagen.
Der Hauptmann griff sich eine Fackel und ging – sein gezogenes Schwert in der anderen Hand – beherzt voran und stieg über die beiden Leichen. Ihm folgten vier weitere Soldaten, dann betrat der Inquisitor selbst das Gebäude. Die Soldaten stießen die Tür zu Bertholds ehemaligem Krankenzimmer auf und leuchteten mit Fackeln in jede Ecke. Doch es gab nichts, wo man sich hätte verstecken können – nur ein Strohlager und einen umgestürzten Schemel, dem ein Bein fehlte.
„Nichts, Herr Zöblin“, sagte der Hauptmann.
„Das sehe ich selbst! Sie sind also tatsächlich geflohen. Nun, das kommt natürlich einem Schuldbekenntnis gleich. Ich denke, wir können daher auf ein Verhör getrost verzichten, wenn wir ihrer habhaft geworden sind. Schwören sie ab, dann an den Galgen, tun sie es nicht, dann brennen sie!“
Zöblin wandte sich zum Gehen und rempelte dabei versehentlich Franz an. Er blickte ihn scharf an und fragte: „Wo ist eigentlich Euer Bruder Augustein?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Franz betont einfältig, „sicher wird er draußen bei den anderen sein oder in der Kapelle, um für uns zu beten.“
„Reizt mich nicht, Bruder Franz. Auch Euer Habit ist kein Mantel, der unverwundbar macht!“
Mit diesen Worten verließ der Inquisitor wutentbrannt das Hospital, um sich mit dem Abt zu besprechen. Im Vorraum besah er sich nochmals die beiden bereits starren Leichen seiner Soldaten. Dann trat er über die Schwelle nach draußen und beförderte den Bierkrug, der vor der Tür lag, mit einem wütenden Fußtritt gegen die Hauswand, wo er krachend zerschellte.
„In Gottes Namen, was sind das für Männer?“, brüllte Zöblin. „Die Hand wird aufgehalten für jeden Heller, aber wenn es ans Arbeiten geht, dann wird lieber gesoffen! Verfluchte Bande! Und wo ist dieser Bruder Augustein?“
Niemand antwortete, doch alle blickten auf Bruder Franz.
„Ich wurde schon gefragt und weiß es leider ebenso wenig wie Frater Andreas.“
„Hat einer der anderen Brüder Kenntnis darüber, wo er sich befindet?“
Ein allgemeines Kopfschütteln und verneinendes Murmeln ging durch die Reihen der Mönche.
„Dann müssen wir also davon ausgehen, dass Bruder Augustein mit den Ketzern und Zauberern unter einer Decke steckt. Ihr habt also offensichtlich eine Natter an Eurem Busen genährt, ehrwürdiger Abt“, wandte sich Zöblin an Anselm.
„Vielleicht wurde unser Mitbruder ja zum Opfer. Möglich, dass ihn die beiden entführt haben, um ihm die Seele zu rauben oder sonst etwas mit ihm anzustellen“, entgegnete der Abt. Die Verdächtigungen und vorschnellen Urteile des Inquisitors gingen ihm entschieden zu weit. Plötzlich nicht mehr der Herr im eigenen Hause zu sein war eins. Aber Mitbrüder, die sich ansonsten nur durch Fleiß, Lerneifer und Gebete hervorgetan hatten, in einem Atemzug mit Ketzern zu nennen, das war zu viel.
„Ihr mögt vielleicht recht haben, ehrwürdiger Abt. Aber mein Gefühl hat mich noch selten
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