Schattenfehde - Verschwoerung gegen Hessen und Kurmainz
Vorgehen? Du hasst doch die Dominikaner und die Inquisition genauso wie ich es tue. Abgesehen davon hatten wir nicht daran gedacht, dass sie erfrieren könnten. Nicht der Trunk hat sie getötet, es war der Frost.“
„Meinst du, der Herr lässt das gelten, wenn du ihm beim Jüngsten Gericht gegenübertreten und Zeugnis ablegen musst? Ich zweifle, weil ich nicht mehr sicher bin, ob wir nicht doch ein paar Halunken geholfen und ihnen Augustein auch noch gleich mitgeliefert haben.“
„Du meinst also, dass wir einen Fehler begangen hätten, zumal wenn sie Zöblin tatsächlich auf dem Gewissen haben sollten? Das sehe ich anders. Denn selbst wenn es so sein sollte, dann wäre es das Beste, was man mit diesem selbstherrlichen Inquisitor hätte machen können. Wer weiß, wie viele unschuldige Leben wir damit vielleicht gerettet haben? Der Herr – geheiligt sei sein Name – ist mein Zeuge: Ich bereue nichts. Denn ich diene ihm von ganzem Herzen, Zöblin aber frönt nur seiner Eitelkeit. Geld und Macht, Angst und Schrecken – das ist seine Religion. Denk an Bertholds und Petz’ Augen und ihr offenes Herz, Bruder. Manche unserer Mitbrüder mögen sie als Zauberer und Ketzer sehen, aber das waren sie nicht.“
„Aber so geheimnisvoll, dass es mir manchmal Angst machte.“
„Das stimmt wohl, Thomas. Aber mein Gefühl sagt mir, dass es nichts Böses ist, was in ihnen wohnt.“
„Ja, vielleicht hast du wirklich recht. Aber wo werden sie gerade sein und was mögen sie tun?“
„Ich weiß es nicht. Aber ich bete für sie und ihre unsterblichen Seelen. Lass uns jetzt besser gehen, ich möchte nicht, dass es auffällt, wenn wir zu so später Stunde noch ohne triftigen Grund zusammen sind. Abt Anselm ist seit der ganzen Sache sehr misstrauisch geworden. Und bei ihm weiß man nie, woran man ist.“
„Gut, lass uns gehen, das ist sicherer.“
Die Tür öffnete sich und Berthold verschwand blitzschnell um die Ecke im Dunkel. Als die beiden Mönche die Tür wieder leise hinter sich geschlossen hatten und über den verschneiten Hof verschwunden waren, kam er wieder hervor und schlich zur Tür. Leise öffnete er sie und ging hinein. Das Gefühl wurde stärker. Hier musste es herkommen. Berthold ging durch den Vorraum und stand dann in dem Raum, in dem er mit Petz über einen Monat verbracht hatte. Er durchbohrte das Dunkel mit seinen Blicken.
Da, das Bett! Daher kam es. Berthold trat einen Schritt näher und sah, dass jemand auf dem Rand des Lagers saß, das Gesicht abgewandt.
„Wer bist du und warum rufst du mich?“, fragte Berthold furchtlos.
Die Gestalt wandte sich langsam zu ihm um und Berthold erkannte in der Dunkelheit einen alten Mann, der ihn anlächelte. Zu seinen Füßen saß plötzlich ein Schwan.
„Ich habe dich gerufen, um dir zu sagen, dass du nicht alleine bist, Berthold.“
Berthold wich einen Schritt zurück, als er gewahr wurde, wer da zu ihm sprach. „Franz? Du? Aber du bist tot! Wie kann es sein, dass du hier vor mir sitzt?“
„Alles ist möglich, denn du träumst.“
„Aber es ist mehr als nur ein Traum. Es ist so wirklich.“
„Tatsächlich?“, fragte Franz, erhob sich und ging auf Berthold zu. Er lahmte nicht mehr. Bertholds erste Überraschung war verflogen und er ließ es zu, dass der alte Freund seine Hände ergriff. Sofort schmeckte er den mandelbitteren Geschmack in seinem Mund.
„Du allein wirst entscheiden, was Traum ist und was nicht“, sagte Franz mit sanfter Stimme. „Glaube nicht das, was dir die Menschen weismachen wollen, aber glaube auch nicht alles, was du siehst. Fühle die Wahrheit, dann gehst du deinen Weg. Uns beide verbindet etwas, Berthold.“
„Was ist es?“
„Ich vermag es dir nicht zu erklären und kann nur so viel sagen: Wir haben beide eine Aufgabe. Jeder für sich allein – und doch auch zusammen. Nun aber muss ich gehen.“
Franz war verschwunden, nur der Schwan saß noch erwartungsvoll und erhaben neben dem Bett. Berthold fühlte sich glücklich. Er wusste, er war auf dem richtigen Weg. Es war fast so, als wollte das Schicksal seine Fäden spinnen, ein Netz aus Zufällen und Träumen schaffen, die keine waren. Ein Netz, in dem man sich verfing und hängenblieb. Als wollte es Fakten schaffen, Glück und Pech scheinbar wahllos verteilen. Doch mit einem Mal fühlte es sich gut an.
Der Schwan breitete seine Flügel aus, flog auf ihn zu und nahm ihn mit sich. Er flog mit ihm über maigrüne Wälder und Wiesen südwärts in Richtung Langen. Dort sah
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