Schattenfeuer
Nachteile zu befürchten brauchte, wenn er einen Mord beging.
In der Nähe des dritten Hauses am Berghang wäre Ben fast von vier Jungen überrascht worden, die im Dickicht herumschlichen und Dschungelkrieg spielten. Erst in der letzten Sekunde bemerkte er sie, als einer von ihnen seine Spiel-zeug-MP losrattern ließ. Von einem Augenblick zum anderen fühlte sich Shadway in die grüne Hölle Vietnams zurückversetzt und reagierte aus einem Reflex heraus. Er ließ sich zu Boden fallen, rollte hinter einige Hornsträucher und blieb still und mit klopfendem Herzen liegen. Es dauerte fast anderthalb Minuten, bis er sich wieder beruhigte.
Keiner der Jungen hatte ihn gesehen, und als sich Ben in Bewegung setzte, kroch er auf dem Bauch von einer Deckung zur anderen.
Fünf Minuten später - fast vierzig Minuten nach dem Verlassen der Hütte - erreichte er den Waldrand und duckte sich in den Graben am Rande der Straße, die um den See herumführte.
Vierzig Minuten, dachte er. Mein Gott...
Wie weit war Rachael in vierzig Minuten gekommen?
Einige Sekunden lang verbarg sich Ben im hohen Gras am
Straßenrand und schöpfte Atem. Dann stand er langsam auf und sah in beide Richtungen. Niemand in Sicht. Leer erstreckte sich das Asphaltband nach rechts und links. Er vertraute darauf, einen sich nähernden Wagen rechtzeitig genug zu hören, um sich erneut zu verstecken, als er aus dem Graben kletterte, sich nach Norden wandte und die Suche nach einem Fahrzeug begann, das er stehlen konnte.
27. Kapitel - Wieder unterwegs
Um 14:55 Uhr fuhr Rachael durch den EI Cajon Paß, sechzehn Kilometer südlich von Victorville und noch fast siebzig Kilometer von Barstow entfernt.
Die letzten Siedlungen vor der Wüste, dachte die junge Frau. Selbst hier- abgesehen von einigen abgelegenen Häusern zwis chen Victorville und Hesperia - bestand die Landschaft zum größtenTeil aus weißem Sand, zerklüfteten Felsen und Kakteen. Auf der mehr als zweihundertfünfzig Kilometer langen Strecke zwischen Barstow und Las Vegas gab es nur zwei kleine Orte: die Geis terstadt Calico (mit einigen Restaurants, Tankstellen und dem einen oder anderen Motel) und Baker, das Tor zum Death Valley National Monument, einige wenige Gebäude in der heißen Leere. Rachael entsann sich auch an Halloran Springs, Cal Neva und Stateline, aber man konnte sie eigentlich nicht als richtige Ortschaften bezeichnen, denn dort lebten nicht mehr als jeweils höchstens fünfzig Menschen.
Wenn Rachael nicht so sehr um Ben besorgt gewesen wäre, hätte sie vielleicht den weiten Blick über die endlos erscheinende Mohavewüste genossen. Doch immer wieder kehrten ihre Gedanken zu ihm zurück. Sie wünschte sich, ihn nicht allein gelassen zu haben, obgleich sie wußte, daß seine Argumente stichhaltig waren.
Einige Sekunden lang überlegte sie, ob sie kehrtmachen und zur Hütte zurückfahren sollte, schüttelte dann aber den Kopf. Wahrscheinlich hatte Ben das Blockhaus längst verlassen, wenn sie dort eintraf. Möglicherweise lief sie dort der Polizei direkt in die Arme.
Acht Kilometer südlich von Victorville bemerkte Rachael ein seltsames Pochen, das seinen Ursprung unterhalb des Wagens zu haben schien. Vier-oder fünfmal klackte es, und dann herrschte wieder Stille. Sie fluchte leise beim Gedanken an eine Panne, nahm den Fuß vom Gas, wartete, bis die Ge schwindigkeit auf etwa achtzig Stundenkilometer gefallen
war, beschleunigte dann wieder und horchte.
Das Summen der Reifen auf dem Asphalt.
Das gleichmäßige Schnurren des leistungsstarken Motors.
Das sanfte Flüstern und Raunen der Klimaanlage.
Kein Klopfen.
Während der nächsten Viertelstunde blieb Rachael wachsam und unruhig, fürchtete immer noch, der Motor könne ganz plötzlich aussetzen. Sie stellte sich vor, wie ein Reifen platzte, wie sie ins Schleudern geriet, sich der Wagen mehrmals überschlug und auf dem Dach liegen blieb - so sehr beschädigt, daß sie nicht mehr weiterfahren konnte, in der Wüste festsaß, mutterseelenallein. Aber nichts dergleichen geschah. Nach einer Weile entspannte sich Rachael und dachte wieder an Ben.
Zwar war der grüne Chevrolet bei der Kollision mit dem Ford beschädigt worden -Kotflügel und Kühlergrill eingebeult, ein Scheinwerfer gesplittert-, doch er funktionierte nach wie vor. Peake fuhr über den Kiespfad zurück, steuerte die große Limousine dann über den asphaltierten Weg bis zur Hauptstraße. Sharp saß auf dem Beifahrersitz neben ihm und beobachtete den Wald, die
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