Schattenfeuer
Pistole mit dem Schalldämpfer schußbereit im Schoß.
Der junge DSA-Agent setzte die Fahrt am See entlang fort, bis er eine Stelle fand, an der sechs Wagen parkten. Vermutlich gehörten sie Anglern, die an einem nur schwer zugänglichen Uferbereich auf reiche Fischbeute hofften. Sharp glaubte, daß Shadway weiter südlich den Hang herunterkam und sich an die abgestellten Fahrzeuge erinnerte. Vielleicht kroch er durch den Graben, um nicht entdeckt zu werden, oder er bahnte sich einen Weg durch den Wald, parallel zur Straße. Peake hielt hinter dem letzten Auto an, einem recht alten Dodge-Kombi, fuhr ganz dicht heran - um zu verhindern, daß Shadway die grüne Limousine bemerkte, wenn er sich von Süden her näherte.
Anschließend kauerte er sich hinter dem Lenkrad zusammen, so daß er gerade noch durch die Windschutzscheibe und die Fenster der weiter vorn geparkten Fahrzeuge sehen konnte. Sie waren bereit, sofort zu handeln, wenn Shadway versuchte, einen der Wagen vor ihnen aufzubrechen. Zumindest traf das auf Sharp zu. Peake wußte noch immer nicht genau, wie er sich verhalten sollte.
Es raschelte in den Baumwipfeln, als der Wind auflebte.
Eine bunt schillernde Libelle flog vorbei.
Die Uhr im Armaturenbrett tickte leise, und Peake hatte plötzlich das Gefühl, auf einer Zeitbombe zu sitzen.
»Er wird innerhalb der nächsten fünf Minuten auftauchen«, sagte Sharp.
Hoffentlich nicht, dachte Peake.
»Und dann erledigen wir den verdammten Mistkerl«, fügte Sharp hinzu.
Damit will ich nichts zu tun haben, dachte Peake.
»Sicher rechnet er damit, daß wir auf der Straße hin und her fahren und nach ihm Ausschau halten. Er dürfte ziemlich überrascht sein festzustellen, daß wir hier auf ihn warten. Er wird direkt in die Falle tappen.«
Mein Gott, ich hoffe nicht, dachte Peake. Ich hoffe, er wendet sich nach Süden anstatt nach Norden. Vielleicht überquert er den Berg, klettert am anderen Hang herab und kommt nicht einmal in die Nähe dieser Straße.
»Mir scheint, er ist recht gut bewaffnet«, sagte Peake laut. »Ich meine, ich habe das Gewehr gesehen. Das sollten wir berücksichtigen.«
»Er wird nicht auf uns schießen«, entgegnete Sharp.
»Warum nicht?«
»Weil er ein zimperlicher Moralist ist. Ein sensibler Typ. Macht sich zu viele Gedanken über seine verdammte Seele. Jemand wie Shadway kann nur dann töten, wenn er in einem Krieg kämpft -in einem Krieg, den er für richtig hält. Oder wenn er aus Notwehr handelt.«
»Ja, aber wenn wir auf ihn schießen, bleibt ihm wohl gar nichts anderes übrig, als das Feuer zu erwidern, oder?« »Sie verstehen ihn nicht, Peake. Dies ist kein verdammter
Krieg. Wenn Shadway die Möglichkeit hat, die Beine in die Hand zu nehmen und zu fliehen, wenn er nicht in die Enge getrieben wird, entscheidet er sich zweifellos gegen den Kampf und versucht statt dessen, sich aus dem Staub zu ma chen. Er trifft immer die moralisch bessere Wahl - weil er sich allen anderen Leuten für moralisch überlegen hält. Draußen im Wald gibt es eine Vielzahl von Versteckmöglichkeiten für ihn. Nun, wenn wir ihn aufs Korn nehmen und treffen, ist der Fall erledigt. Aber wenn wir ihn verfehlen, wird er nicht auf uns schießen, sondern einfach weglaufen. Und damit gibt er uns eine neuerliche Chance, ihn zu verfolgen und zu stellen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt: Man darf ihn nie in eine Ecke treiben, muß ihm immer eine Gelegenheit lassen, sich zurückzuziehen. Wenn er flieht, können wir ihn von hinten abknallen, was in jeder Hinsicht das Beste wäre. Shadway gehörte zu einer Aufklärungseinheit der Marine und war damals ein verdammt fähiger Einzelkämpfer, mit allen Wassern gewaschen. Und er scheint in Form geblieben zu sein. Er könnte Ihnen mit bloßen Händen den Kopf abreißen, wenn er wollte.«
Diese Hinweise erfüllten Peake mit dumpfem Schrecken. Er konnte nicht genau bestimmen, was ihn mehr entsetzte: der Umstand, daß Sharp aus ganz persönlichen Gründen bestrebt war, einen unschuldigen Mann umzubringen, der sich streng an seine moralischen Prinzipien hielt, ihn von hinten zu erschießen - oder die Tatsache, daß Shadway selbst ohne das Gewehr eine tödliche Waffe gewesen wäre, eine Art Rambo mit Gewissen. Peake hatte seit fast vierundzwanzig Stunden nicht mehr geschlafen und fühlte sich erschöpft und ausgelaugt, aber seine Augen beobachteten wachsam den Wald rand. Er wagte es nicht einmal für einige wenige Sekunden, die Lider zu schließen.
Plötzlich beugte sich
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