Schattenfeuer
Sharp vor, so als habe er Shadway entdeckt. Aber gleich darauf entspannte er sich wie der und ließ den angehaltenen Atem entweichen.
Er ist ebenso nervös wie zornig, dachte Peake.
Der junge DSA-Agent sammelte Mut, um eine Frage zu stellen, die seinen Vorgesetzten verärgern mochte. »Sie sind ihm schon einmal begegnet, Sir?«
»Ja«, antwortete Sharp mürrisch.
»Wo?«
»An einem anderen Ort.«
»Und wann?«
»Vor langer Zeit«, sagte Sharp, und sein Tonfall machte deutlich, daß er keine weiteren Fragen beantworten wollte. »Vor langer, langer Zeit«, fügte er nachdenklich hinzu.
Heller Sonnenschein glänzte auf dem schwarzen Lack des Mercedes, und im Kofferraum wurde es immer heißer. Eric Leben hatte sich auf der einen Seite zusammengerollt und empfand auch noch eine andere Art von Wärme: Sie ging von dem besonderen und fast angenehmen Feuer aus, das in ihm brannte, von den Flammen, die seiner menschlichen Struktur eine andere Form gaben.
Die hohe Temperatur, die Dunkelheit, die Bewegungen des Wagens und das fast hypnotische Summe der Reifen machten ihn schläfrig, bewirkte einen tranceartigen Zustand. Für eine Weile vergaß er, wer und wo er war, warum er sich an diesem Ort befand. Die Gedanken trieben wie träge Schlieren durch sein benommenes Bewußtsein, zerfaserten wie Nebelschwaden, die ein sanfter Wind langsam auflöste. Manchmal flackerten die inneren Lichter bestimmter Reminiszenzen in ihm auf: Er sah Rachaels geschmeidigen Leib, spürte die weiche Haut Sarahs und anderer Frauen, fühlte den Pelz des Teddybärs, mit dem er als kleiner Junge geschlafen hatte. Fragmentarische Szenen von Filmen, einzelne Melodien von Kinderliedern. Onkel Barry, der ihn angrinste und winkte. Eine unbekannte Tote, die in einem Müllbehälter lag. Eine andere Frau, an die Wand eines Schlafzimmers genagelt, nackt, die blicklosen Augen weit aufgerissen. Die düstere Kapuzengestalt des Todes, die ihm aus den Schatten entgegentrat. Das deforme Gesicht in einem Spiegel. Seine Arme, die aus irgendeinem Grund in seltsam monströsen Händen endeten...
Einmal hielt der Wagen an, und die Unterbrechung des sanften Schaukeins weckte Eric aus seiner Trance. Rasch orientierte er sich, und die kalte, reptilienartige Wut flutete in ihn zurück. Erwartungsvoll ballte er die Hände zu Fäusten, freute sich bereits darauf, die langen, klauenartigen Finger um Rachaels Hals zu legen und sie langsam, ganz langsam zu erdrosseln. Sie hatte ihn zu einem Narren gemacht, ihn zurückgewiesen, ihn in den Tod geschickt. Eric hätte sich fast dazu hinreißen lassen, aus dem Kofferraum zu klettern, doch dann hörte er die Stimme eines Mannes und zögerte. Die Ge räusche deuteten darauf hin, daß der Mercedes an einer Tankstelle stand, und an solchen Orten herrschte für gewöhnlich ein ständiges Kommen und Gehen. Eric begriff, daß er sich keinen anderen Menschen zeigen durfte, und er beschloß, eine bessere Gelegenheit abzuwarten.
Er hatte bereits festgestellt, daß sich die Rückwand des Kofferraums ganz leicht lösen ließ, und das gab ihm die Möglichkeit, innerhalb weniger Sekunden den Fond des Wagens zu erreichen. Er zweifelte nicht daran, Rachael überraschen zu können. Sie ahnte nichts.
Während der Tankwart mit der Zapfpistole hantierte, hob Eric vorsichtig die Hand, betastete sein Gesicht und glaubte, Anzeichen für weitere Veränderungen zu fühlen.
An einer Stelle... schuppige Kühle.
Voller Abscheu und Elend preßte er die Lippen zusammen.
Er wagte es nicht, die Untersuchung fortzuführen.
Er überlegte, in was er sich verwandelte.
Und fürchtete sich gleichzeitig vor der Antwort auf diese Frage.
Er mußte Bescheid wissen.
Und konnte es nicht ertragen, Gewißheit zu haben.
Trübe Gedanken formten graue Muster der Besorgnis. Vielleicht hatte die Manipulation seiner Genstruktur ein Ungleichgewicht in bezug auf unbekannte Lebenskräfte geschaffen, die Variablen einer vitalen Gleichung verändert. Die plötzliche Differenz zwischen zuvor ausgeglichenen Werten machte sich erst nach Erics Tod bemerkbar, und daraufhin entfalteten die veränderten Zellen eine völlig neue Art von Aktivität, leiteten einen umfassenden Heilungsprozeß ein, der mit unnatürlicher Geschwindigkeit ablief. Die überwältigende Flut regenerierender Hormone und Proteine erschütterte die Basis genetischer Stabilität und zerstörte das biologische Kontrollzentrum, das die zellulare Evolution bremste. Jetzt erfolgte die Entwicklung in einem geradezu
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