Schattenfeuer
hektischen Rhythmus. Aber Erics Körper stieg nicht etwa weitere Stufen der evolutionären Leiter in die Höhe, sondern kletterte in die Tiefe, machte Anstalten, eine der vielen Ge stalten anzunehmen, die als Programme im Dutzende von Millionen Jahren umfassenden Rassengedächtnis gespeichert waren. Er wußte, daß sein Intellekt zwischen dem mo dernen Verstand Eric Lebens und den exotisch anmutenden Bewußtseinen weitaus primitiverer Entwicklungsstadien der menschlichen Spezies hin und her wanderte. Wenn er sich bei diesen mentalen Fluktuationen genügend weit von der ihm vertrauten Erfahrungswelt entfernte, zurücksank in die dunklen Tiefen einer völlig fremdartigen Vorzeit, endete seine Identität als Eric Leben. Jähe Furcht vibrierte in ihm, als er sich vorstellte, wie seine Persönlichkeit zersplitterte und in eine äffen- oder reptilienartige Gedankensphäre einging.
Es war alles nur ihre Schuld. Rachael hatte ihn umgebracht und mit seinem Tod die Metamorphose ausgelöst. Erics sehnlichster Wunsch bestand darin, Rache zu nehmen, ihren Körper regelrecht zu zerfetzen...
Er schauderte, als das Verlangen in ihm immer stärker wurde - eine Mischung aus animalischer Gier und menschlicher Vorfreude.
Nachdem Rachael den Tankwart bezahlt hatte, kehrte sie auf den Highway zurück, und für Eric begann eine neuerliche tranceartige Phase. Diesmal waren seine Gedanken noch sonderbarer als vorher. Vor seinem inneren Auge sah er sich selbst: Er stand inmitten einer eigentümlichen Landschaft, nicht etwa hoch aufgerichtet wie ein Mensch, sondern geduckt. Am fernen Horizont spien Vulkane Rauch und Feuer, und der Himmel war dunkelblau, viel klarer als der, den Eric kannte. Dennoch erschien er ihm ebenso vertraut wie die glänzende Vegetation. Kurz darauf eine weitere Veränderung der Erfahrungswelt: Er stand nicht mehr auf zwei Beinen, sondern kroch bäuchlings über einen weichen und warmen Untergrund, zog sich an einem modrigen Baumstamm hoch, kratzte die Borke mit Klauenzehen ab und entdeckte ein großes Madennest, in das er hungrig seine Schnauze grub...
Die primitive Aufregung löste einen Reflex in ihm aus, und mit dem einen Fuß trat Eric mehrmals an die Seitenwand des Kofferraums. Die Bewegung -das Geräusch, das er damit verursachte -befreite ihn von den düsteren Visionen und den damit einhergehenden Empfindungen. Er begriff, daß er imstande war, Rachael auf sich aufmerksam zu machen, und deshalb zog er die Beine an und blieb wieder ganz still liegen.
Der Wagen wurde langsamer, aber kurz darauf beschleunigte er wieder - Rachael hatte das Pochen falsch gedeutet -, und im mentalen Fokus Erics formten sich einmal mehr primordiale Erinnerungsbilder.
Während er gedanklich an irgendeinem fernen Ort weilte, machte der Veränderungsprozeß rasche Fortschritte. Der dunkle Kofferraum kam einem warmen Mutterschoß gleich, in der ein entstelltes Kind heranwuchs und immer neue Ge stalten annahm. Es vereinte das Neue mit dem Alten. Einerseits war seine Zeit längst verstrichen, doch andererseits begann sie gerade erst.
Ben vermutete, seine Gegner rechneten damit, daß er sich an die im westlichen Bereich der State Route geparkten Wagen erinnerte, und wahrscheinlich hatten sie dort eine Falle für ihn vorbereitet. Des weiteren mochten sie annehmen, er wende sich nach Norden, wenn er die Straße erre ichte. Die Möglichkeit, geduckt durch den Straßengraben zu eilen um sich im hohen Gras zu verbergen, lag auf der Hand. Shadway lächelte dünn, als er sich für eine völlig andere Taktik entschied, um Anson Sharp zu überraschen. Bestimmt erwartete er nicht, daß Ben die Straße überquerte, in den Wald auf der westlichen Seite (am Uferbereich) vordrang, den Weg von dort aus nach Norden fortsetzte und sich den geparkten Wagen von hinten näherte.
Er traf die richtige Entscheidung. Als er eine Zeitlang nach Morden gegangen war -die Straße rechts und der See links von ihm -und nach Süden blickte, sah er nicht nur die am Rande der State Route abgestellten Wagen, sondern auch die beiden Männer im Chevrolet. Die grüne Limousine stand dicht hinter einem alten Dodge, und er wäre bestimmt nicht auf sie aufmerksam geworden, wenn er sich von Süden her genähert hätte.
Ben schob sich näher heran und ließ sich zu Boden sinken. Die Combat Magnum hinter seinem Gürtel übte einen unangenehmen Druck aus, und schon nach wenigen Sekunden rollte sich Shadway vorsichtig auf die Seite.
Nachdenklich beobachtete er die beiden
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