Schattenfeuer
er schließlich hervor.
»Von hier aus«, erwiderte Sharp, »kann ich fast bis zum See blicken. Wenn Sie in Shadways Nähe kommen, gelingt es ihm vielleicht, sich unbemerkt von Ihnen davonzuschleichen und dabei die Deckung von Felsen und Büschen auszunutzen. Aber ich sehe ihn dann von hier oben, da bin ich ganz sicher. Und wenn ich weiß, wo er sich versteckt, schnappe ich mir den verdammten Hurensohn.«
Ben vernahm ein seltsames Geräusch: Es hörte sich fast so an, als werde der Deckel von einem Glas mit Mayonnaise geschraubt. Einige Sekunden lang suchte er nach einer Erklä rung, und dann begriff er, daß Sharp den Schalldämpfer von seiner Pistole gelöst hatte.
Kurz darauf bestätigte Anson seine Vermutung. »Das Ge wehr gibt ihm einen kleinen Vorteil...« begann er.
»Einen ziemlich großen, würde ich sagen«, warf Peake ein.
»Aber wir sind zu zweit, und ohne die Schalldämpfer ha
ben unsere Knarren eine größere Reichweite. Los, Peake. Ge hen Sie runter und räuchern Sie Shadway für mich aus.«
Peake schien kurz davor zu sein, gegen seinen Vorgesetzten zu rebellieren, fügte sich dann aber.
Ben wartete.
Einige Wagen fuhren vorbei.
Shadway blieb mucksmäuschenstill liegen und beobachtete Sharps Schuhe. Nach einer Weile wich Anson einen Schritt weit vom Dodge zurück und trat an den Rand der Böschung.
Als sich erneut ein Auto näherte und das Brummen des Motors immer lauter wurde, kroch Ben auf der Fahrerseite unter dem Kombi hervor. Der Dodge befand sich nun zwischen ihm und Sharp.
Er hielt das Gewehr in der einen Hand; mit der anderen knöpfte er sein Hemd auf und holte den Stein hervor.
Auf der anderen Seite des Kombis bewegte sich Sharp.
Shadway erstarrte und horchte.
Offenbar ging Anson am Rande der Böschung entlang, um Peake nicht aus den Augen zu verlieren.
Ben wußte, wie wichtig jetzt schnelles Handeln war. Wenn erneut ein Wagen kam, bot er dem Fahrer einen ziemlich spektakulären Anblick: ein Mann in verschmutzter Kleidung, in der einen Hand einen Stein, in der anderen ein Ge wehr, einen großkalibrigen Revolver hinter den Gürtel geschoben. Eine Betätigung der Hupe genügte, um Sharp aufmerksam zu machen.
Shadway richtete sich langsam auf, starrte über den Dodge auf Sharps Kopf. Wenn sich Anson jetzt umdrehte, mußte einer von ihnen sterben.
Ben wartete, bis er ganz sicher war, daß Sharps Aufmerksamkeit einzig und allein dem nordwestlichen Teil des Waldes galt. Dann holte er aus und schleuderte den Stein über den Wagen hinweg.
Unmittelbar im Anschluß daran ließ er sich wieder zurücksinken und hörte wenige Sekunden später, wie sein Wurfgeschoß einige Dutzend Meter entfernt einen Busch traf.
»Peake!« rief Sharp. »Hinter Ihnen! Verdammt, hinter Ihnen! Dort drüben. Etwas bewegt sich zwischen den Sträuchern.«
Ben vernahm das laute Krachen von Zweigen, ein deutliches Knistern und Rascheln im Unterholz. Anson Sharp, der seinen Beobachtungsposten aufgab und die Böschung herunterkletterte? Zu schön, um wahr zu sein, dachte er und stemmte sich vorsichtig in die Höhe.
Sharp war tatsächlich verschwunden.
Ben zögerte nicht, nutzte die gute Gelegenheit, eilte an der Reihe geparkter Wagen entlang und überprüfte die Türen. Eine vier Jahre alte Chevette war nicht abgeschlossen -eine häßliche, gelbe Kiste mit giftgrünen Sitzen.
Shadway stieg ein, zog die Magnum hinter dem Gürtel hervor und legte sie griffbereit auf den Beifahrersitz. Mit dem Kolben des Gewehrs schlug er mehrmals aufs Zündschloß ein, bis es schließlich auseinanderbrach.
Er fragte sich, ob das Knacken und Pochen auch unten am Hang zu hören war, dort, wo sich Sharp und Peake befanden.
Hastig zog er einige Kabel unter dem Armaturenbrett hervor, fand die Zünddrähte, hielt die blanken Enden aneinander und trat versuchsweise aufs Gas.
Der Anlasser wimmerte kurz, und der Motor gab ein asthmatisches Keuchen von sich.
Bestimmt hörte Anson Sharp das Brumen und Wummern, kam sofort zum richtigen Schluß, machte in diesem Augenblick kehrt und stürmte in die Richtung zurück, aus der er gekommen war.
Ben löste die Handbremse, legte den ersten Gang ein und fuhr los. Es blieb ihm nicht genug Zeit zu wenden, und deshalb lenkte er den gestohlenen Wagen nach Süden.
Hinter ihm knallte eine Pistole.
Shadway zuckte zusammen, zog den Kopf ein und sah in den Rückspiegel. Sharp sprang gerade durch die Lücke zwischen dem Dodge und der grünen Limousine, blieb breitbeinig auf der Straße stehen und
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