Schattenfeuer
sein.
Sharp forderte Orin Mulveck und die anderen Polizisten von Placentia auf, das Haus sofort zu verlassen und die Er
mittlungen einzustellen. »Alle von Ihnen gefundenen Beweisstücke, Fotografien und Berichte werden unverzüglich meinem Team zur Verfügung gestellt. Ein Streifenwagen mit zwei Beamten bleibt hier - falls meine Leute Hilfe brauchen.«
Ganz offensichtlich hielt Urin Mulveck ebensowenig von Sharp wie Julio und Reese. Mulveck und seinen Jungs gefiel es ganz und gar nicht, daß Sharp sie zu seinen Laufburschen machen wollte.
»Ich muß erst bei meinem Vorgesetzten nachfragen, um Ihre Befugnisse zu überprüfen«, sagte Mulveck.
»Wie Sie wünschen«, erwiderte Sharp. »Aber vorher geben Sie Ihren Leuten bitte die Anweisung, das Haus zu verlassen. Außerdem muß ich darauf bestehen, daß niemand von Ihnen über das spricht, was er hier gesehen hat. Ist das klar?«
»Ich setze mich mit meinem Vorgesetzten in Verbindung«, wiederholte Mulveck. Seine Wangen glühten, und in seinen Augen blitzte es zornig, als er sich umdrehte und
ging.Zwei Männer in dunklen Anzügen begleiteten Sharp. Sie waren fast ebenso groß wie er, zeichneten sich jedoch durch ein zurückhaltenderes Auftreten aus, gaben sich cool und selbstgefällig. Sie blieben rechts und links neben der Schlafzimmertür stehen, wie Tempelwächter, beobachteten Julio und Reese mit offensichtlichem Argwohn. Julio bekam es nun zum erstenmal mit Beamten von der Defense Security Agency zu tun. Sie unterschieden sich sehr von den FBI-Agenten, mit denen er schon mehrmals zusammengearbeitet hatte, ließen keinen Zweifel daran, daß sie sich für die Elite hielten. »Ich weiß, wer Sie sind«, wandte sich Sharp an Julio und Reese. »Ich habe einige Nachforschungen angestellt und daher ist mir auch klar, in welchem Ruf Sie stehen. Sie gelten als besonders fähige Spürhunde. Sie verbeißen sich in einen Fall und lassen niemals locker. Für gewöhnlich ist das bewundernswert. Doch in diesem besonderen Fall bleibt Ih
nen keine andere Wahl, als einen Rückzieher zu machen. Das kann ich gar nicht oft genug wiederholen. Haben Sie verstanden?«
»Diese Sache fällt in unseren Zuständigkeitsbereich«, erwiderte Julio scharf.
Sharp runzelte die Stirn. »Ich sagte es Ihnen doch gerade: Für Sie ist der Fall erledigt. Aus und Ende. Und was Ihr Department angeht: Es gibt gar keinen Mord mehr, der eine polizeiliche Ermittlung erforderlich machte. Die elektronischen Akten in Hinsicht auf Hernandez, Klienstad und Leben sind aus dem Speicher Ihres Computers gelöscht. Von jetzt an kümmern wir uns um alles. Mein Spurensicherungsteam ist bereits von Los Angeles aus hierher unterwegs. Mit anderen Worten: Wir brauchen Sie nicht, niemanden von Ihnen. Comprende, amigo? Sie sind aus dem Rennen, Lieutenant Verdad. Verstehen Sie? Fragen Sie bei Ihren Vorgesetzten nach.«
»Die Sache gefällt mir überhaupt nicht«, brummte Julio.
»Das spielt keine Rolle«, erwiderte Sharp spitz.
Julio fuhr nur zwei Blocks weit, lenkte den Wagen dann an den Straßenrand und hielt an. »Verdammt!« fluchte er gepreßt. »Sharp ist so verdammt aufgeblasen, daß ich ihm am liebsten an die Gurgel fahren würde!«
Schon seit zehn Jahren arbeitete Reese mit Julio zusammen, aber noch nie zuvor hatte er seinen Partner so zornig gesehen. In Verdads Augen funkelte und gleißte es, und in der rechten Wange zuckte ein nervöser Muskel. Er erweckte den Anschein, als könne er von einem Augenblick zum anderen explodieren.
»Er ist ein Arschloch, klar«, erwiderte Reese. »Aber eben ein Arschloch mit Befugnissen und wichtigen Beziehungen.«
»Führt sich auf wie ein verdammter SA-Typ.«
»Ich nehme an, er macht nur seinen Job.«
»Ja, aber es ist unsere Arbeit, die er nun für sich beansprucht.«
»Finde dich damit ab«, sagte Reese.
»Nein.«
»Komm...«
Julio schüttelte den Kopf. »Nein. Dies ist ein ganz besonderer Fall.. Ich fühle mich der jungen Hernandez verpflichtet. Bitte mich jetzt nicht darum, das zu erklären. Vielleicht haltst du mich für sentimental, aber... Nun, wie dem auch sei: Wenn es ein gewöhnlicher Fall wäre, ein normaler Mord, würde ich einfach nur mit den Schultern zucken. Bestimmt. Doch dazu bin ich unter den gegebenen Umständen nicht bereit.«
Reese seufzte.
Für Julio stellte fast jeder Fall etwas Besonderes dar. Er engagierte sich, fand immer wieder einen Vorwand dafür, dort weiterzuarbeiten, wo andere Polizisten keine Chance mehr sahen. Er gab selbst
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