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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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hingerichtet. Doch Fürst Herwarth hatte nichts davon hören wollen, und sogar Wolfgang hatte sich gegen das von Æthelbert geforderte Standgericht entschieden – obwohl er weiterhin das Urteil des Things einforderte.
    Jedenfalls hatte sich ihre Situation deutlich zum Schlechteren gewendet. Herwarth war mehr als wütend gewesen, als er sie zurück in das Verlies gebracht hatte, so dass sie fürchtete, sich sämtliche Sympathien bei ihm verspielt zu haben. Wolfgang und Æthelbert waren offensichtlich von ihrer Schuld überzeugt, und die Kapitäne … nun, Keelin befürchtete, dass die Kapitäne nicht gegen die Überzeugung ihrer Jarle urteilen würden.
    Sie hatte Angst. Keelin wollte nicht verurteilt werden für etwas, das sie nicht getan hatte. Eine innere Kälte hatte sie ergriffen, hatte sie mit Gänsehaut überzogen und ließ sie frösteln. Sie wollte nicht sterben. Nicht so.
    Bormana, Mutter meines Volkes, stehe mir bei in dieser Stunde.
Mit gefalteten Händen kniete sie am Boden, das Kinn auf die Brust gelegt, die Augen geschlossen.
Ich weiß, ich habe gesündigt, ich weiß, ich habe gegen die Gesetze verstoßen. Ich habe die Leibesfrucht, die dir so
heilig ist, gemordet, ich habe deine Söhne und Töchter getötet, ich habe meinen Bruder erschlagen. Ich bekenne mich schuldig und bitte dich um Vergebung. Bormana, Mutter meines Volkes, stehe mir bei in dieser Stunde. Hilf mir mit meiner Furcht, hilf mir, das Urteil über mich ergehen zu lassen.
    Aber es half nichts. Ihre Angst wurde nicht geringer, die Übelkeit in ihrem Magen wurde nicht besser, das Zittern in ihren Händen wurde nicht weniger. Sie versuchte sich einzureden, dass es nun so kam, wie sie es sich längst gewünscht hatte, doch selbst das half ihr nicht. Sie hatte mit dem Leben abgeschlossen, irgendwann in den letzten Tagen. Nun hing sie plötzlich wieder daran, als ob sie niemals um ihren eigenen Tod gebettelt hätte.
    Sie ertappte sich bei dem Gedanken, dass dies vielleicht Eibes Art und Weise war, sie dafür zu bestrafen, sich aus ihrem Leben schleichen zu wollen, doch der Gedanke war ihrem Baumzeichen nicht würdig, ebenso wenig wie irgendeiner dieser Gedanken würdig war. Sie musste sich zusammenreißen, wenn sie nicht in Schimpf und Schande vor ihre Ahnen treten wollte. Und ihre Ahnen hatte sie bisher nicht als besonders gutmütig oder gar großherzig kennengelernt.
    In der Stille hörte sie über sich leise Schritte, die sich der Falltür näherten. Sie klangen verstohlen, als ob derjenige, von dem sie stammten, dort oben eigentlich nichts verloren hätte. Die beiden Krieger, die seit dem Vorfall mit Wolfgang die Falltür bewachen sollten, schienen nichts zu bemerken, sonst hätten sie den Verursacher der Geräusche längst angesprochen. Vielleicht schliefen sie auch oder waren ermordet oder abgezogen worden. Wer auch immer das war, der sich in diesen frühen Morgenstunden in ihr Gefängnis stahl, sie war ihm schutzlos ausgeliefert.
    Sie rappelte sich auf, wollte nicht auf ihren Knien ihrem Henker begegnen. Dass dies ihr Henker war, davon war sie überzeugt. Sie hatte den Germanen Grund genug zum Hass gegeben. Wie stark der Ahnenhass sein konnte, das hatte sie bei der Thingversammlung nur allzu deutlich zu spüren bekommen.
    Sie öffnete den Mund, um zu schreien, doch ihr kam kein Lautüber die Lippen. Sie verstand nicht genau, warum. Es war, als ob ihr Körper von sich aus beschlossen hätte, sterben zu wollen, unabhängig von ihrem Geist. Noch einmal holte sie tief Luft, setzte zu einem Hilfeschrei an, nur um im letzten Moment die Luft als lautlosen Seufzer durch ihre Nase entweichen zu lassen. Was auch immer dort kam, war ihr Schicksal.
    Die Falltür öffnete sich nahezu geräuschlos, doch anstelle des erwarteten Lichts blieb es dunkel. Wer auch immer es war, hatte es nötig, unentdeckt zu bleiben. Fürst Herwarth schied damit wohl ebenso aus wie Æthelbert. Gustaf hatte zu keinem Moment der Thingversammlung an ihrem Schicksal interessiert gewirkt.
    Es blieb Wolfgang. Der, der es schon einmal fertiggebracht hatte, sie hier unten zu überfallen.
    Sie schloss die Augen, versuchte, die Hysterie zu unterdrücken, die sie plötzlich befiel. Ihr Herz begann zu rasen, mit einem Mal schien ihre Brust nicht groß genug zu sein für den Atem, den sie benötigte. Unter ihren Lidern spürte sie Tränen, die ihre Wangen hinabliefen und salzig auf ihrer Zunge schmeckten. Im völligen Widerspruch zu ihrer Angst und ihrer Verzweiflung schrie sie noch

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