Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
Vom Netzwerk:
Fuß aus dem Schneeloch, das er getreten hatte, und setzte es umständlich in das Loch, aus dem er gekommen war. Er schien Ewigkeiten zu brauchen, um sein Gewicht nach hinten zu verlagern, bis er schließlich auch den anderen Fuß zurücksetzen konnte. Wie gebannt sahen Seog und die Flüchtlinge zu, wie Gautrek auf diese Art und Weise mehrere Schritte zurückging, bis er schließlich den Riss in der Schneedecke überquert hatte. Erst dann ging er wieder vorwärts, nicht auf seinen bisherigen Spuren, sondern oberhalb davon, so dass er auch oberhalb des Risses blieb. Bei all dem sagte der Germane kein einziges Wort, machte keine Geste in Richtung der wartenden Flüchtlinge, sondern hielt seinen Kopf fix nach vorne gerichtet, vermutlich im Ausdruck allerhöchster Konzentration.
    Es dauerte beinahe eine Stunde, bis Gautrek endlich die andere Seite erreicht hatte. Erst dann bemerkte Seog, dass er noch immer seine Fäuste geballt hatte, so sehr, dass bereits die Muskeln in seinen Unterarmen schmerzten. Während er versuchte, sich zu entspannen, sank Gautrek auf dem Felsen jenseits des Schneefeldes auf die Knie, zog unter seinem Hemd ein Amulett hervor und küsste es.
    »Langsam!«, rief er ihnen dann zu. »Einer nach dem anderen! Und bei allen Göttern, seid
leise

    Seog atmete auf. Endlich konnte es weitergehen! »Die Frauen mit den Kindern zuerst«, befahl er. »Wer macht den Anfang?«
    Für ein paar Augenblicke sah es so aus, als ob sich dafür niemand finden ließ, doch schließlich fasste sich Tekla ein Herz. Sie nahm ihre jüngste Tochter auf den Arm, stützte sich mit der anderen am Hang ab und stapfte voran, vorsichtig und langsam, so wie es Gautrek empfohlen hatte. Sie zögerte etwas, als sie an die Stelle kam, an der sich die Spuren trennten, stieg dann aber entschlossen weiter und gelangte schließlich gesund und wohlbehalten bei Gautrek an.
    Nachdem sie den Anfang gemacht hatte, ging es bald schneller voran. Eine Frau nach der anderen stieg mutig auf das Schneefeld, nachdem Gwezhenneg oder Seog ihr noch einmal erklärt hatten, worauf es ankam. Nach den Frauen mit den jüngeren Kindern folgten die älteren Kinder alleine, mutig und todesverachtend, wenngleich auch die eine oder andere Träne dabei floss. Die Alten gingen als Nächstes. Sie brauchten ziemlich lange für ihre Überquerung, kamen aber ebenso problemlos auf der anderen Seite an.
    »Jetzt liegt es wohl an uns«, murmelte Gwezhenneg, als der letzte der Alten drüben war.
    Seog nickte. »Wir gehen nach Gewicht, die Leichten zuerst.«
    Die Leichtesten unter ihnen waren die beiden afrikanischen Bogenschützen, ehemalige Fomorer, die bei der Schlacht von Espeland in keltische Kriegsgefangenschaft geraten waren, klein und sehnig und spindeldürr. Unter ihrer dunklen Hautfarbe waren sie blass und ängstlich, trotz der vielen anderen, die vor ihnen das Schneefeld überquert hatten. Seog konnte es ihnen nicht übelnehmen. Vermutlich waren sie nicht länger als ein halbes Jahr in Norwegen, hatten zuvor noch nie in ihrem Leben Schnee gesehen und mussten ihm nun ihr Leben anvertrauen. Sie unterhielten sich kurz in ihrer schnatternden Muttersprache, klopften sich dann gegenseitig auf die Schultern und gegen die Brust, und fielen sich schließlich in die Arme. Erst dann schulterte der erste Rucksack und Jagdbogen, ehe er sich in angstvoller Vorsicht auf das Schneefeld wagte.
    Seog kam nicht umhin, Mitleid mit den beiden kleinen Männern zu empfinden. Ihm war bewusst, dass alle seine Flüchtlinge hier in den letzten Wochen und Monaten ihren Anteil an Schicksalsschlägen und Gefahren hinter sich gebracht hatten, doch wie viel mehr hatten diese beiden Schwarzen schon erlebt? Sie waren in Afrika vor einem ungewissen Schicksal entflohen, möglicherweise Verfolgung oder Bedrohung, um auf einem alten Frachtschiff bis nach Norwegen gebracht zu werden. Doch statt des Gelobten Lands erwartete sie die Sklaverei der Schatten, die sie ineinem dunklen Ritual zu Fomorern gemacht und in die Innenwelt gebracht hatten. Ausgebildet von sadistischen, mitleidlosen Nain, wurden sie als frischgebackene Bogenschützen in die Schlacht von Espeland geschickt, wo sie den Untergang ihrer Armee erleben und vor der keltischen Kriegsgefangenschaft zittern mussten. Dann waren die Germanen gekommen und hatten sie in
ihre
Kriegsgefangenschaft übernommen, und nun dies. Es bestand keine Frage, dass das Schicksal die beiden gebeutelt hatte wie nur wenige andere.
    Der Afrikaner war geradezu

Weitere Kostenlose Bücher