Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Verdurstender nach Wasser, und das hat sich noch nie gut mit Glaubwürdigkeit gepaart.«
Hört, hört
, schmunzelte Rushai in Gedanken. Machtgier und Unzuverlässigkeit waren Eigenschaften, die er sonst mit Schatten in Verbindung brachte. »Aber wie kommst du darauf, dass er so machtgierig ist?«
»Er hat sein Volk verraten, um für sich selbst einen Nutzen zu ziehen, vielleicht auch, weil er eingesehen hat, dass wir über kurz oder lang diesen Krieg gewinnen werden. Und er hat bereits begonnen, sein Netz auch in unsere Strukturen zu spinnen. Der Bastard hat zum Beispiel bereits versucht, Globetrotters Loyalität zu kaufen. Natürlich nicht so, dass ich ihm irgendetwas vorwerfen könnte, aber trotzdem unverkennbar.«
Nachdem Rushai gewendet hatte, folgte er nun Lennarts schwarzem Lexus hinterher durch den Wald zurück ins Tal. Der Sturm tobte noch immer und blies Äste und abgerissene Zweige vor sich her. Das laute Quietschen der Scheibenwischer irritierte Rushai.
»Und Globetrotter hatte kein Interesse?«, hakte er schließlich nach.
»Nein. Schätze, das Angebot war nicht gut genug, auch wenn Globie das nie zugeben würde. Ich würde schon damit rechnen, dass sein Rudel über kurz oder lang für die Spinne arbeiten wird.«
Interessant.
Für den Moment jedoch blieb Rushai nichts anderes übrig, als den Pakt mit dem Helvetier einzuhalten. Er hatte bei seinen beiden Angriffen auf Trollstigen so viele Männer verloren, dass er nun jeden Einzelnen von ihnen benötigte, wenn er weiter nach Trondheim marschieren wollte. Ein Krieg gegen die Helvetier war dabei das Allerletzte, was er brauchen konnte. Das Cintorix-Problem würde er irgendwann später angehen müssen, wenn der Widerstand im Trondheimer Ratsgebiet erst einmal gebrochen war. Bis dahin war noch ein weiter Weg.
Schließlich bog Lennart in einen Hof ein und stieg aus. Rushai folgte ihm in das Gebäude, eine Kneipe, in der sich zu dieser späten Abendstunde bereits dicker Zigarettenqualm ausgebreitet hatte. Zahlreiche Einheimische hatten sich zusammengefunden und tranken Bier, spielten Karten und beschmissen eine zerfleddert aussehende Dartscheibe mit Wurfpfeilen. Lennart wechselte kurz ein paar Worte mit dem Wirt, der Rushai daraufhin ein Telefon auf den Tresen stellte. Es war ein uraltes Modell, noch mit Wählscheibe, unter der ein Zettel mit einer Telefonnummer hing. Rushai wartete, bis ihm die beiden Männer genügend Privatsphäre für seinen Anruf gewährten, bevor er die ihm unbekannte Nummer wählte.
»William Greene«, meldete sich Geshier bereits nach dem ersten Rufton. Offenbar hatte er neben dem Telefon auf Rushais Rückruf gewartet.
»Hier Simon. Was gibt es?«
»Ah. Wie schön, Ihre Stimme zu hören!«
»Hör auf damit, Will. Erzähl mir lieber, was du so Dringendes herausgefunden hast!«
»Stets zu Diensten. Mein Lord, ich habe das Sichere Haus gefunden. Es steht leer.«
»Aha.«
So weit, so uninteressant.
Damit hatte Rushai bereits gerechnet. »Ich warte immer noch auf den dringenden Part.«
»Wartet, Herr, ein klein wenig Geduld. Euer treuer Diener konnte noch weit mehr herausfinden. Ich habe mich in der Nachbarschaft ein wenig herumgehört und konnte in Erfahrungbringen, dass letzte Nacht gleich
zwei
Autos gestohlen wurden, ein VW Golf und ein Opel Astra. Und da dachte ich, dass es unsere Ungeziefer-Freunde möglicherweise eilig gehabt hatten. Da sie so sang- und klanglos verschwunden sind, habe ich sofort daran gedacht, dass sie es waren.« Geshier räusperte sich kurz. »Entschuldigt, mein Lord. Nun, ich habe jedenfalls unsere Kanäle bei der Polizei angezapft, bei denen beide Autos auch als gestohlen gemeldet sind, und habe erfahren, dass der eine Wagen vor einem Krankenhaus in Molde gesehen wurde. Die Polizei war gerade auf dem Weg dorthin, um ihn zu beschlagnahmen, aber Euer treuer Diener hat den Einsatz vorerst einmal gestoppt für den Fall, dass Ihr sie beschatten wollt oder einen Zugriff auf Fahrzeug samt Insassen im Sinn habt.«
So interessant diese Information auch war, sie war nicht das, was Rushai erwartet hatte. Er hatte damit gerechnet, dass Mickeys Rudel in Richtung Schweden unterwegs war, auf dem Weg, die Queen in ihren Schutz zu nehmen. Das Krankenhaus in Molde sagte Rushai überhaupt nichts, er hatte keine Ahnung, was die Ratten dorthin verschlug. Es sei denn, die neue Queen wäre verletzt worden …
»Das ist aber noch nicht alles, Herr«, fuhr Geshier fort. »Die Polizei hat nämlich auch einen ersten Hinweis
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