Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
peinlicher Augenblick für sie beide, der als Erinnerung für immer ihre Zusammenarbeit trüben würde. Sollte er es mit Worten versuchen? Aber welche? »Es wird alles gut« klang viel zu abgedroschen und schal, abgesehen davon wirkte sie zu schlau, um ihm das auch nur für eine Sekunde zu glauben.
Aber sie weinte. Seine Queen brauchte Hilfe, und wenn Mickey eine Eigenschaft besaß, dann war das Loyalität zu seinem Clan. Eine Queen war der Clan, und Mickey wusste, dass er etwas tun musste. Mit wackelnden Knien stand er auf, völlig überrascht davon,
Angst
vor diesem so hilflosen Mädchen zu verspüren. Es kostete ihn eine enorme Willensanstrengung, das Zimmer zu durchqueren und sich auf den Bettrand zu setzen.
»Wir werden dir helfen!«, flüsterte er. »Der ganze Clan ist da, um dir zu helfen!«
Doch sie drehte sich nur ab, das Gesicht zur Wand, undschluchzte weiter, lauter noch als vorher. Mickey streckte seine Hand aus, um sie auf ihre Schulter zu legen, zog sie jedoch mit einer Grimasse wieder zurück.
MICKEY!
, fuhr er sich an, streckte die Hand erneut aus, berührte sie. Das Mädchen zuckte zusammen. Ihre Selbstbeherrschung schmolz dahin, bald brachen ihre Dämme, und sie weinte bitterlich.
»Wir passen auf dich auf«, flüsterte Mickey verzweifelt und legte seine Hand nun fester auf ihre Schulter. »Wir sind hier! Dir kann nichts passieren!« Er fühlte sich schlecht dabei, solche Behauptungen aufzustellen, wo es nur einen einzigen Hexer brauchte, um sie hier aufzuspüren und zu töten, doch er wusste einfach nichts Besseres zu sagen. Dafür saß er nun unglaublich verdreht und unbequem und wusste, dass das die längste Nacht seines Lebens werden würde, wenn er sich nicht bald anders hinsetzen konnte.
»Ich habe Angst!«, flüsterte Tanya zwischen zwei Schluchzern.
»Wir werden auf dich aufpassen«, flüsterte Mickey.
»Ich will das alles nicht!«, weinte sie. »Ich will nach Hause!«
»Wir werden dir helfen!« Mickey wusste noch immer nicht, ob sie das erlauben konnten, doch inzwischen war er bereit, ihr alles zu versprechen, was sie nur hören wollte, wenn es ihm doch nur gelang, sie etwas zu beruhigen. »Wenn der Krieg vorbei ist, bringen wir dich nach Hause!« Ein brennender Schmerz begann sich in seinem Rücken auszubreiten, der Tribut, den seine verdrehte Sitzposition von ihm forderte. Er seufzte kurz, dann ließ er sich neben sie auf das Bett sinken, nahm die Hand von ihrer Schulter und legte sie dorthin, wo er unter der Decke ihre Taille vermutete. »Wir passen auf dich auf, hörst du? Der ganze Clan passt auf dich auf!«
Sie zuckte noch einmal zusammen, als sie seine Hand spürte, doch als er sie wegziehen wollte, griff sie danach, zog ihn zu sich, so dass seine Hand auf ihrem Bauch zu liegen kam und von ihr festgehalten wurde. Ihre Haare waren nun mitten in seinem Gesicht und ließen seine Nase kribbeln, doch er unterdrückte den Niesreiz so gut er konnte. Er lag im Bett und hatte ein Mädchen im Arm, auch wenn die Decke sie trennte. Er würde sich lieberein Bein abschneiden, als dass er es riskieren würde, diesen Moment irgendwie zu versauen. Ganz abgesehen davon schien es ihr zu helfen. Tanya schien sich langsam zu beruhigen.
Durch die Tür klangen schwere Schritte auf der Treppe. Erschrocken drehte sich Tanya auf ihren Rücken, während Mickey zu Stein erstarrte und über die Schulter zur Tür sah. Jeder einzelne seiner Muskeln war angespannt, um einer durch die Tür abgefeuerten Kugel möglichst viel von ihrer Energie zu rauben, bevor sie das Mädchen traf. Schon jetzt hasste er sich dafür, das Bett in so direkter Sichtlinie zur Tür stehen gelassen zu haben.
Die Schritte hielten vor ihrem Zimmer. »Alles in Ordnung?«, fragte eine Männerstimme auf Schwedisch.
»Ist das der Wirt?«, flüsterte Mickey so leise er nur konnte.
»Ja.« Tanyas Kopf war seinem nun so nahe, dass er ihren warmen Atem im Nacken spüren konnte.
»›Ja, alles in Ordnung!‹«, sagte er ihr auf Norwegisch vor.
»Hmm«, brummelte der Wirt, nachdem sie laut nachgesprochen hatte. »Ich hätte gedacht, Stimmen gehört zu haben.«
»›Es tut mir leid, ich habe schlecht geträumt. Alles in Ordnung‹«, erklärte Mickey.
Sie wiederholte seine Worte, was den Wirt zu beruhigen schien. Mit einem erneuten Grummeln verabschiedete er sich und stapfte wieder die Treppe hinab. Mickey ließ mit einem Seufzer den angehaltenen Atem entweichen.
Tanya waren sein Schreck und seine Anspannung nicht entgangen. »Du
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