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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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dämmerte, noch von Keelin auf dem Mittelsitz, noch von Wolfgang, der auf der linken Seite saß und an dem großen Rucksack auf seinem Schoß vorbei aus dem Fenster sah.Der Germane sah angespannt aus, konzentriert, während sein Mund mehr oder weniger automatisch auf seinem Kaugummi herumkaute. Sein Bart war mittlerweile zum Vollbart mutiert, der irgendwie genauso zu ihm passte wie der Dreitagebart.
    Wie er dort saß, wirkte er auf Keelin wie ein Soldat, wie der Inbegriff des Kriegers: gefasst im Angesicht der Gefahr, mit einer professionellen Ruhe und Konzentration, um die sie ihn beneidete. Er wirkte so gänzlich anders als damals auf der Fahrt nach Regensburg, wo er ihr nervös und unruhig erschienen war. Sie fragte sich, woran das wohl liegen mochte. Auf seinen Schoß hatte er den großen Lederrucksack gepackt, in dem sich seine gesamte Ausrüstung befand, von Kurzschwert und Kettenhemd bis hin zu Zelt und Wollzeug. Keelin wunderte sich darüber, welchem Pfad er wohl folgte. Sicher, er hatte den athletischen Körperbau eines Kriegers, doch ansonsten sprach nicht viel dafür. Er hatte keine Narben, weder im Gesicht noch auf dem Oberkörper, den sie in den letzten Tagen öfter zu Gesicht bekommen hatte, wenn er sich zum Schlafen auszog. Seine geringe Körpergröße konnte im Nahkampf ein entscheidender Nachteil sein. Sein Schwert war keine magische Klinge. Außerdem hatte er zu viele Kräfte, die nichts mit Kämpfen zu tun hatten – er konnte Magie sehen, seine Aura war getarnt, eine seiner Kräfte ließ ihn sogar fremde Sprachen sprechen. Das alles ließ mehr auf den Pfad des Kundschafters schließen.
    Dazu kam sein Reden. Kämpfer sprachen anders. Wolfgang klang stets ironisch, als ob er weder sich noch die Welt wirklich ernst nehmen konnte – selbst wenn diese Ironie momentan unter einem Berg von Trauer und Schmerz fast vergraben lag. Er war vermutlich ein lustiger Mensch gewesen, bevor seine Geliebte auf der Festung Trollstigen umgekommen war.
    Wie ähnlich wir doch sind
, dachte sie sarkastisch. Die Burg war in der gleichen Nacht gefallen, in der auch der Hamburger Dämon aufgetaucht war. Nur wenige Tage nach Brynndrechs Tod …
    Draußen wurde die felsige Winterlandschaft von einer Wasserfläche unterbrochen, einem großen See, der rechts der Straßelangsam vorüberzog. Julius richtete sich auf und meinte: »Das ist doch ein Sjodalsvatnet?«
    »Der Øvre Sjoadalsvatnet, ja«, meinte der Fahrer.
    »Kannst du uns am Campingplatz am Nedre Sjoadalsvatnet rauslassen?«
    Im Rückspiegel kräuselte sich die Stirn des Fahrers. »Da ist doch im Winter kein Mensch.«
    »Ja, das wissen wir«, erwiderte Julius. »Aber wir müssen dort trotzdem raus.«
    Der Fahrer erwiderte darauf nichts, sondern warf nur seiner Frau einen besorgten Blick zu. Ob er wohl glaubte, dass ihre Mitfahrer an dieser Stelle einen Überfall geplant hatten? In Schottlands entlegeneren Gegenden war Straßenräuberei recht häufig, vielleicht galt das auch für Norwegen?
    »Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen«, erklärte Julius.
    »Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen«, wiederholte der Fahrer automatisch.
    »Euch wird nichts passieren.«
    »Uns wird nichts passieren.«
    »Wir würden gerne am Campingplatz aussteigen.«
    »Ihr würdet gerne am Campingplatz aussteigen.« Über den Rückspiegel sah Keelin, wie der Fahrer verwirrt seine Stirn in Falten legte. »Klar, kein Problem.«
    Keelin warf Julius einen verstohlenen Blick zu. Hatte der Druide über den Spiegel Blickkontakt mit dem Fahrer gehabt? Oder war Julius etwa so mächtig, dass er die Augen seines Opfers gar nicht sehen musste? Einmal mehr fragte sie sich, was er
ihr
befehlen konnte, ohne dass sie sich dagegen wehren würde.
    Julius war ein alter Mann, wahrscheinlich schon über siebzig. Seit ihrem Treffen im Gefängnis hatte er sich deutlich verändert – er hatte seinen Bart abgeschnitten und sich glatt rasiert, den ehemals weißen Haarkranz um den größtenteils kahlen Schädel grau gefärbt. Auf der Nase hatte er eine Hornbrille ohne Stärke, seit seiner Befreiung kleidete er sich mit Jeans und Sportschuhen betont leger. Auch er schien ruhig und gefasst, zumindest solangeman keinen Blick in seine Augen warf. Dann sah man die Furcht, die mit jedem Kilometer, den sie ihrem Ziel näher kamen, größer wurde. Ein bisschen hegte Keelin die Angst, Julius könnte plötzlich die Nerven verlieren und sie im ungünstigsten Moment im Stich lassen.
    Sie brauchten ihn. Bei all dem, was er

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