Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
ihnen erzählt hatte – den Schattenpatrouillen, den Geistern, den Zaubern, die Cintorix eingerichtet hatte, um rechtzeitig vor ungebetenen Gästen gewarnt zu werden –, mussten sie jede Hilfe nehmen, die sie kriegen konnten.
Schweigend fuhren sie weiter. Rechts blieb der Øvre Sjoadalsvatnet hinter ihnen zurück. Nach einem schneebedeckten Hügel folgte der Nedre Sjoadalsvatnet, an dessen Ufer sich in der Innenwelt laut Julius das Dorf Allobroga befinden sollte. Keelin hatte Mühe, daran zu glauben, so unwirtlich, wie es draußen aussah.
Außer ein paar hölzernen Ferienhäusern, die allesamt verlassen und verwildert aussahen, war von dem Campingplatz nichts zu sehen. »Und ihr wollt hier wirklich raus?«, vergewisserte sich der Fahrer noch einmal. Als er Keelins Nicken im Rückspiegel sah, bremste er ab und fuhr rechts ran.
»Vielen Dank fürs Mitnehmen!«, erklärte Wolfgang und klopfte dem Mann von hinten auf die Schulter.
Als er die Tür öffnete, strömte ein Schwall eisigkalter Luft in den Innenraum des Wagens. Auch Keelin bedankte sich, packte ihren Rucksack und kletterte nach draußen.
»Habt ihr noch etwas im Kofferraum?«, fragte der Fahrer, obwohl sie beim Einsteigen nichts hineingetan hatten.
»Ja«, erklärte Wolfgang, »mein Schwert und mein Kettenhemd.« Keelin warf ihm einen entsetzten Blick zu, während ihn der Fahrer verstört ansah. Wolfgang zwinkerte ihm zu. »Nein, nein, wir haben alles. Gute Fahrt, kommt heil nach Hause!«
Damit warf er die Tür zu und klopfte zum Abschied kurz gegen die Fahrertür. Der Fahrer winkte ihnen noch einmal zu, bevor er Gas gab und weiterfuhr.
Keelin kramte ihre Zigaretten aus der Jackentasche und begannzu rauchen, während sich das Auto langsam entfernte. Schließlich verschwand es um eine Kurve und ließ sie allein in der Wildnis zurück.
In der Zwischenzeit hatte Wolfgang die Umgebung nach Magie abgesucht. Auf ihren fragenden Blick hin schüttelte er den Kopf. »Die Luft ist rein. Fürs Erste zumindest. Aber das ändert nichts daran, dass wir mit dir ein verdammtes Risiko eingehen, das muss man einfach anerkennen.«
Das war nicht das erste Mal, dass er das sagte. Im Grunde gab Keelin ihm ja sogar Recht – ohne Derriens Ring, den sie früher getragen hatte, wenn sie eine Entdeckung durch Schatten befürchtet hatte, war sie einfach viel zu auffällig. Ein Schatten mit Magiegespür konnte gar nicht übersehen, dass sie eine Druidin war. Da würde es auch nicht weiterhelfen, dass Wolfgang seine Aura getarnt hatte, dann konnten sie nur hoffen, dass Julius rechtzeitig reagieren würde. Sonst hatten sie ein echtes Problem.
Doch Keelin wollte nicht umkehren. Sie wollte nicht zu Hause bleiben – wo auch immer das war – und warten, bis andere den Job erledigten. Sie hatte genug davon. Und immerhin war sie es gewesen, die das Buch verloren hatte.
Sie hatte Wolfgang gesagt, dass sie einen Plan hatte, als es darum ging, ob er sie mitnahm – doch in Wahrheit hatte sie keinen blassen Schimmer. Sie wollte nur nicht zurück, nicht ins Glen Affric, wo sie bei ihrem letzten Besuch überfallen worden war, direkt vor Rowenas Halle, und schon gar nicht nach Inverness, wo sie gewohnt hatte, bevor alles angefangen hatte mit den Schatten und Druiden.
Angriff war die beste Verteidigung – und vielleicht konnte sie so auch beweisen, dass Kelten und Germanen sehr wohl zusammenarbeiten konnten, wenn sie es nur wollten. Wenn es ihnen gemeinsam gelang, das Buch zurückzuholen und damit die Frage aller Fragen zu beantworten, würden selbst die misstrauischsten unter den Druiden das akzeptieren müssen.
»Kommt«, meinte der Sachse nun. »Es ist die falsche Jahreszeit, um Wurzeln zu schlagen.«
Gemeinsam liefen sie durch den Schnee den Pfad entlang, der in sanfter Steigung hinauf in die Berge Opplands führte. Als sie den Campingplatz hinter sich ließen, verloren sie auch den Pfad, so dass sie bald querfeldein durch die Landschaft stapften. Obwohl erst November war, herrschte hier im Hinterland Norwegens bereits tiefster Winter. Der Schnee lag knöchel-, teilweise sogar kniehoch. Die Büsche und Sträucher hatten längst sämtliche Blätter abgeworfen und ragten karg und kahl in den Himmel empor.
Julius führte sie zur Russa, einem Gebirgsbach, dessen Lauf sie zum Heiligen Hain Allobrogas bringen würde. Noch immer sahen sie hinter sich den Straßenverlauf der R51, der einzigen Lebensader in einer sonst kargen, urtümlichen Landschaft. Über ihnen zogen schneebeladene,
Weitere Kostenlose Bücher