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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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dem Ärmel von vorhin – grau, wie Colts Jacke, die er in Åndalsnes getragen hatte – nach oben gehen. Drei, oder viermal schwankte alles, bevor wieder Ruhe einkehrte. Das Wabern der Linien ließ langsam nach. »Ich verstehe nicht ganz …«, murmelte Colt. »Welche Kumpels?«
    »Bist du etwa allein hier?« Die Stimme des Mannes im Anorak klang entsetzt.
    »Ja … Aber … hat dir das der Boss nicht gesagt?« Plötzlich schwankte alles besonders heftig, der Mann in der Regenjacke schien mitsamt der Sitzgruppe, auf der er saß, zu schrumpfen, oder vielleicht war auch nur Colt aufgesprungen? Jedenfalls schien der Junge endlich bemerkt zu haben, dass etwas in der Geschichte des Fremden nicht passte.
    Doch es war zu spät. Der Mann riss die Hände aus den Taschen der Regenjacke, von denen eine eine mattschwarze Pistole hielt.
    »Nein!«, stammelte Colt.
    »Ich kann nicht einmal sagen, dass es mir leidtut«, erwiderte Tarakir, während er die Pistole auf ihn richtete.
    Ein Knall, so laut wie ein Kanonenschuss, sprengte Mickeys Bewusstsein in tausend Stücke.

WOLFGANG (5)
     
     
    Helvetica Magna, helvetisches Siedlungsgebiet, Norwegen
    Montag, 29. November 1999
    Die Innenwelt
     
    Otta – oder Helvetica Magna, wie es die Kelten nannten – lag malerisch in einem steil eingeschnittenen Tal auf einer vom Zusammenfluss von Ottafluss und Lågen gebildeten Halbinsel. Sie war, was Wolfgang bisher noch bei keiner norwegischen Siedlung gesehen hatte, von einer Stadtmauer umgeben, die wiederum mit mehreren kleinen Türmen verstärkt war. Aus dem Stadtkern heraus führten Brücken über diese Flüsse zu vorgelagerten Siedlungen. Wolfgang vermutete, dass hier alles in allem wohl drei- bis viertausend Menschen lebten.
    Es war eine Handelsstadt, strategisch günstig gelegen auf der wichtigen Landverbindung zwischen Oslo und Lillehammer im Süden und Trondheim und Åndalsnes im Norden. Diese Handelsroute folgte dem Fluss Lågen, und so erstreckte sich auch das Siedlungsgebiet der Helvetier größtenteils auf einer Nord-Süd-Achse. Erst Jahrzehnte später waren auch Dörfer und kleine Städtchen im Westen dazugekommen, am Lauf des Ottaflusses sowie den dazugehörigen Seen. Als nach dem Kriegszug vor zehn Jahren große Mengen von Kriegsgefangenen über das Land verteilt wurden, schickten die Helvetier die meisten davon in ihre nur dünn besiedelten Westregionen, wo ein zusätzliches Paar starker Arme stets willkommen war.
    Auch Wolfgang und Keelin näherten sich der Stadt von Westen. Keelins Keltisch hatte eindeutig gälische Wurzeln. Sie würde sich als kriegsgefangene Fomorerin ausgeben müssen, was am ehesten glaubhaft war, wenn sie aus dem Westen kamen. Sie hatten vor, ein reisendes Ehepaar zu spielen. Cintorix hatte Keelinschon gesehen, weshalb Julius ihr eine Verkleidung empfohlen hatte – nun trug sie weite, ausladende Röcke. In Wolfgangs Augen verlieh ihr die Veränderung das erste Mal eine richtig weibliche Figur.
    Julius selbst hatten sie zurückgelassen. Bis zu ihrer letzten Übernachtung hatte er sie begleitet, hatte ihnen mit seinem Allgemeinwissen geholfen und mit seiner Überzeugungskraft zwei Patrouillen von ihrer allzu großen Neugier abgebracht, doch so nahe der Stadt war die Gefahr der Entdeckung einfach zu groß geworden. Cintorix kannte Julius zu gut, als dass er sich durch eine Verkleidung täuschen lassen würde, und auch vielen Gardisten war Julius’ Äußeres nur zu bekannt. Julius würde zurück nach Allobroga wandern und dort die Pforte in die Außenwelt benutzen. Wolfgang hatte ihm aufgetragen, nach dem Termin, den sie für den Bücherdiebstahl angesetzt hatten, seine Geschichte unter den Germanenstämmen Norwegens zu verbreiten. Wenn Wolfgang und Keelin mit ihrem Vorhaben versagten, würde es vielleicht anderen gelingen, der Spinne das Buch zu entreißen.
    Also waren sie nur noch zu zweit, als sie sich bei bereits fortgeschrittener Abenddämmerung auf der schlammverschmutzten Straße der Stadt näherten. Das Tor war bereits verschlossen, aus zwei Schießscharten im Turm darüber baumelten rote Wimpel, auf denen eine weiße Spinne prangte. Die Wächter auf den Mauern hatten sie bereits entdeckt und sahen ihnen mit misstrauischem Blick entgegen. Wolfgang wiederum versuchte, all sein Misstrauen aus seiner Miene fernzuhalten. Er war nun ein Wanderer, ein armer, keltischer Wanderer, der einen harten Tagesmarsch hinter sich hatte und auf ein warmes Quartier für die Nacht hoffte. Er glaubte, die Rolle

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