Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
dafür zu wappnen, sich seelisch darauf vorzubereiten. Doch als die Männer gekommen waren, um ihn zu holen, war es augenblicklich vorbei gewesen mit seinem Mut. Er hatte sich gesträubt und gewehrt, als sie ihn auf die Folterbank gespannt hatten, doch letzten Endes hatte es alles nichts genutzt. Die Gardisten hatten gewusst, dass er eventuelle Verletzungen regenerieren würde, und deshalb keine Scheu dabei gehabt, ihn zu bändigen. Es hatte erstmal einige Zeit gedauert, bis sich sein Schädel so weit von den Schlägen erholt hatte, dass er ihre Folter überhaupt zu würdigen gewusst hatte.
Er hatte verbissen versucht, sich zusammenzureißen. Die ganze Zeit hatte er sich eingeredet, dass sie ihn nicht dauerhaft verletzten, dass es nur Schmerz war. Nur Schmerz. Doch die Gardisten waren ebenso verbissen zu Werke gegangen. Es war beschämend, wie schnell Wolfgang die Selbstbeherrschung verloren hatte. Dann hatte er geschrien, mit vollem Leib und ganzer Seele, und nicht mehr aufgehört, bis sie am Abend endlich mit ihm fertig gewesen waren. Sie warteten ab, bis er seine Verletzungen regeneriert hatte, und brachten ihn dann zurück in seine Zelle.
Dieses Spiel hatte sich seitdem jeden Tag wiederholt. Neben den Mahlzeiten waren die Folterungen Wolfgangs einzige Möglichkeit, die Zeit zu messen, die während seiner Gefangenschaft verstrich. Nachts schienen die Bastarde nicht zu arbeiten, zumindest nach Wolfgangs Empfinden. Wenn sie ihn ›abends‹ erschöpft und geschunden in seiner Zelle zurückließen, fiel er jedes Mal sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf, bis sie ihn zur nächsten Runde weckten.
Immerhin hatten die Männer des Fürsten bisher davon abgesehen, ihm bleibenden Schaden zuzufügen, doch Wolfgang fürchtete, dass das noch kommen würde.
Den
Spaß würden sich Cintorix’ Schattenverbündete kaum nehmen lassen.
Die Gitterstäbe, die die Zelle zum Korridor hin begrenzten, bestanden aus altem Gusseisen. Ihre Oberfläche war rau vom Rost und teilweise bereits abgeplatzt, doch die Konstruktion war trotzdem noch stabil genug, ihn am Ausbruch zu hindern. Er hatte es längst aufgegeben, es auf diesem Weg zu versuchen. Er hatte jedoch nicht aufgegeben, nach anderen Wegen zu suchen. Inzwischen glaubte er, eine Möglichkeit gefunden zu haben.
Angespannt schloss er die Augen und atmete tief durch. Dann schlug er seinen Schädel gegen die Gitter.
Der Schmerz explodierte als greller Blitz in seinem Kopf. Während seine Hand zur Stirn ging, musste er sich Tränen aus denzusammengekniffenen Augen blinzeln. Seine Haut war geschunden genug, dass selbst seine Berührung schon wehtat, doch sie fühlte sich trocken an, nicht blutig. Frustriert hielt er sich die Finger vor die Augen. Kein Blut.
»Verdammte Scheiße!«, zischte er wütend. »Das kann doch nicht wahr sein!«
Der Schmerz hielt an, wurde kaum besser, was daran lag, dass seine Magie in der Zelle nicht funktionierte. Keine Magie, weder Kräfte noch Zauber schienen in diesem Verlies zu wirken, und so fehlte auch seine Regenerationskraft. Es war kein Zufall, dass ihn die Gardisten oben behielten, bis er seine Folterwunden geheilt hatte – hier unten könnten sie lange darauf warten.
Wolfgang schnitt eine Grimasse. Es führte kein Weg daran vorbei. Also rammte er ein zweites Mal seinen Schädel gegen die Gitter. Sterne tanzten vor seinem Kopf, während sich erneut Tränen in seinen Augen sammelten. Er wischte sie davon, rieb sich an der Stirn.
Die Finger waren trocken. Kein Blut.
Wolfgang atmete tief durch. Es musste doch möglich sein, sich an diesen verdammten Gittern die Stirn aufzuschlagen … Er musste es nur wagen, hart genug dagegenzustoßen. Nicht so hart, sich den Schädel zu brechen – nur hart genug für die Haut. Er musste bluten.
Es gehörte alles zu seinem Plan. Heute hatte ihn niemand zur Folter abgeholt, was bedeutete, dass heute ein besonderer Tag war. Seiner Zählung nach war Sonntag, was dazu passen würde. Sonntag war der Audienztag der Spinne. Der Tag der Ablenkung.
Wenn Wolfgang eine Chance haben wollte, aus der Gefangenschaft der Helvetier zu entkommen, brauchte er eine Ablenkung. Ohne Ablenkung war sein Plan viel zu primitiv, um zu funktionieren. Mit Ablenkung reichte er vielleicht geradeso aus.
Seine Augen fixierten die Gitterstangen. »Verdammte Verdammnis«, fluchte er durch geschlossene Kiefer, legte seinen Kopf in den Nacken, um Schwung zu holen, und schlug ihn nach vorne gegen die Metallstäbe.
Dieses Mal gelang es ihm
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