Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
zu, doch Wolfgang glaubte, seine Verfolger abgeschüttelt zu haben, als er sich müde und erschöpft gegen eine Häuserwand sinken ließ.
Aber was jetzt?
Genau in diesem Moment spürte er einen harten Schlag am Oberschenkel, der ihn zurücktaumeln ließ. Plötzlich fehlte ihm die Kraft im Bein, es knickte unter ihm davon, so dass er hart zu Boden ging. Verspätet flammte Schmerz durch seinen Körper, verursacht durch einen Armbrustbolzen, den Wolfgang einen Moment lang fassungslos anstarrte. Dann rupfte er das Geschoss mit einem schnellen Handgriff aus der Wunde, winselte kurz und rappelte sich auf.
Jemand ist mir nachgeschlichen!,
schoss es durch seinen Kopf, während er nach dem Schützen suchte. Dort war er, ein Gardist im roten Wams am Ende der Gasse in gut vierzig Metern Entfernung, wo sich zwei Häuser so nahe standen, dass Wolfgang den Zwischenraum gar nicht bemerkt hatte. Der Mann schrie laut um Hilfe, während er einen neuen Bolzen in seine Waffe lud. Wolfgang wollte nicht einen zweiten solchen Kunstschuss riskieren und rannte im rechten Winkel zur Schussrichtung in eine weitere Gasse davon.
Oder er versuchte es zumindest. Der Schmerz in seinem Oberschenkel war höllisch. Humpelnd, vor Schmerzen fluchend, versuchte Wolfgang Land zu gewinnen, doch er war langsam, zu langsam wahrscheinlich. Seine Regeneration war bereits dabei, die Wunde zu regenerieren, aber offenbar war die Verletzung größer als gedacht. Vielleicht hatte der Bolzen einen wichtigen Nerv getroffen, oder eine große Ader – jedenfalls heilte die Wunde langsamer, als Wolfgang lieb war. Er stolperte und stürzte, so abrupt und überraschend, dass er erst realisierte, was passiert war, als er bereits am Boden lag. Mühsam stand er wieder auf.
Doch da waren schon die ersten Gardisten auf der Straße vor ihm. Als sich Wolfgang hastig umsah, war dort bereits der Mann mit der Armbrust. Er war auf ein Knie gesunken und hatte die Waffe ein weiteres Mal auf ihn angelegt. Wolfgang hatte keine Zweifel, dass der Mann schießen würde, wenn er ihn mit einer falschen Bewegung provozierte.
Er blickte noch einmal in die andere Richtung. Die Gardisten waren mittlerweile halbmondförmig ausgeschwärmt, hatten ihn schon beinahe umringt. Wolfgang erkannte mindestens zwei von ihnen von seiner letzten Gefangennahme im Langhaus wieder.
»Eure Fratzen hab ich doch schon mal gesehen«, murmelte er im besten Helvetisch, das seine Kraft der Sprachen hergab.
Einer der beiden zog die Mundwinkel nach unten. »Wenn du noch einmal Schwierigkeiten machst, prügle ich dir so lange die Scheiße aus deinem Schädel, dass du zu meinen Stiefeln Mama und Papa sagst!«
Wolfgang warf noch einmal einen Blick über die Schulter. Der Schütze stand noch immer bereit, der Bolzen auf der Armbrust weiterhin zielgenau auf Wolfgangs Bauch gerichtet. Sie hatten ihn in der Falle, das musste er anerkennen. Und dieses Mal hatte er noch nicht einmal eine Waffe …
Langsam hob er die Hände. »Ist gut, ist gut. Ihr habt gewonnen!«
»Darauf kannste einen lassen, du Scheißkerl!« Der Mann vonneulich trat vorsichtig näher. Als er in Reichweite war, zuckte sein Speer nach oben und verpasste Wolfgang mit dem Schaft einen Hieb gegen den Schädel, der ihn zu Boden gehen ließ. »Das ist für meine Freunde!«, zischte der Gardist, »Und das hier ist dafür, dass ich deine Fresse nicht ausstehen kann!« Damit trat er Wolfgang in die Magengrube.
Der Tritt hätte ihn kotzen lassen, wenn Wolfgang noch etwas im Bauch gehabt hätte, was sich kotzen ließe. So keuchte er nur vor Schmerzen auf und krümmte sich zusammen, um Gesicht und Bauch vor weiteren Tritten zu schützen. Doch diese kamen nicht. Stattdessen wurde er unsanft auf die Beine gezogen. Einer der Gardisten drehte ihm im fachmännischen Polizeigriff den Arm auf den Rücken.
»Wo hast du das Buch versteckt?«
Das Buch?
, wunderte sich Wolfgang.
Wieso das Buch? Fehlt es etwa?
Er atmete scharf ein. Hatte Keelin etwa das Buch … Konnte es wirklich sein, dass sie es geschafft hatte? War etwa
deswegen
das Chaos im Rathaus so groß gewesen, weil Keelin zur gleichen Zeit … Und nun glaubten sie,
er
hätte das Buch gestohlen?
Es war nicht das, was er sich erhofft hatte von dieser Mission, ganz und gar nicht. Ganz offen vor die Wahl gestellt, sein Leben gegen das Buch einzutauschen, hätte er vermutlich sein Leben bevorzugt. Ja, er hatte schon viele waghalsige Missionen angenommen, doch stets im Wissen, eine gewisse Chance zu haben,
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