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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Saumweber
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Schildwall rieb. Die Waldläufer hielten sich wacker, doch es bestand kein Zweifel, dass es nicht mehr lange gutgehen konnte. Spätestens wenn sie flankiert wurden – und das musste jeden Moment geschehen, das konnte selbst Seog erkennen –, würde das ihren Tod bedeuten.
    Seog fühlte sich bereits wie tot. Er hatte vorgehabt, alle seine Leute lebendig aus der Stadt zu bringen. Dabei hatte er so bitterlich versagt, dass irgendetwas in ihm abgestorben war. Er wünschte sich zu sterben, wartete darauf, dass Rushai den einen entscheidenden Streich führte.
    Doch wo Leben war, war Hoffnung, das hatte ihm sein Vater eingetrichtert, immer und immer wieder, selbst wenn es nicht die eigene Hoffnung war. Und so kämpfte er weiter, rief immer wieder »HALTET! HALTET AUS! HALTET DIE LINIE!«, selbst jetzt noch, wo bereits alles zu spät war. Rushai spuckte Gift und Galle, Wut und Hass strahlten von der grauen Schattengestalt aus wie Wärme von einem Feuer, doch Seog hielt tapfer dagegen. Fast wirkte es lächerlich, dass diese dürre Gestalt mit den dünnen Ärmchen und Beinchen, den Klauenhänden und den Reißzähnen im Gesicht ein solch kraftvoller Schwertkämpfer war, dessen Attacken Seogs Arme zittern ließen wie Espenlaub. Woher nahmen die Schatten in ihrer Schattengestalt die Kraft? Bestimmt nicht aus ihren Muskeln …
    Ein glühender Schmerz schoss durch Seogs Wade. Er war abgelenkt gewesen, für einen Moment nur, doch den hatte der Schwarze Baum genutzt, um sein Bein zu verletzen. Er spürte dieSchwäche, vermutete, dass der Schatten eine Sehne erwischt hatte, wusste, dass die Wunde nicht mehr heilen würde.
Nie
mehr. Der Gedanke wirkte plötzlich schlimmer als noch einen Moment vorher der Gedanke an den Tod.
    Hastig drehte er sich Rushai hinterher, blockte den nächsten Schlag mit dem Schild, knirschte mit den Zähnen, als seine Bewegungen in seinem Bein ein wahres Feuerwerk aus Schmerzen verursachten. Rushai tanzte weiter um ihn herum, umlief seinen Schild, sprang plötzlich in die Gegenrichtung und hatte ihn weit offen. Der Stich des Schattens schnitt problemlos durch Seogs Kettenhemd, traf seine Hüfte, fraß sich in seinem Knochen fest. Der Schmerz war enorm, besonders als der Schattenlord seine Waffe zurückriss. Seog taumelte, riss sich zusammen, versuchte sich zu konzentrieren. Warmes Blut tropfte aus den beiden Wunden.
    Ob ihn wohl jemand vermissen würde? Jemand aus dem Waldläuferlager vielleicht, Gautrek gar, falls der Germane nicht ebenfalls in eine Falle geraten war? Seogs Eltern lebten längst nicht mehr. Was sie wohl über ihn denken würden? Er hatte ihre Silbernen Regeln in den letzten Wochen mehr und mehr missachtet …
    Er versuchte einen verzweifelten Ausfallschritt, doch Rushai drehte sich flink wie ein Wiesel daran vorbei. Die Klinge des Schatten sauste herab und grub sich ein zweites Mal in Seogs Wade. Er schrie auf, ging hart zu Boden, als ihn sein Bein nicht mehr tragen wollte, verlor dabei das Schwert aus der Hand. Er versuchte sich aufzurappeln, doch die Kraft fehlte, und noch dazu behinderte ihn der Schild, der noch immer an seinem Unterarm hing. Er presste die Augen zusammen, als er einsah, dass er niemals rechtzeitig wieder hochkommen würde, und erwartete den Todesstoß. Doch stattdessen trat ihn Rushai in die Rippen und warf ihn auf die Seite. Seog stöhnte laut auf, suchte nach dem Dolch an seinem Gürtel, erinnerte sich daran, dass er ihn Murdoch gegeben hatte, und wusste, dass es nun endgültig vorbei war. Er lag am Boden, war schwer verletzt, Blut floss in Strömenaus der Wunde in seiner Wade, eine Verletzung, die ihn vermutlich alleine schon töten würde, wenn er ihr nur etwas Zeit gab. Rushai stand über ihm, sein Schattenkörper mit den langen Klauenhänden und den vagen Zügen unter dem düsteren Kapuzenumhang ein gestaltgewordener Alptraum aus Seogs Kindheit.
    »Wie fühlt es sich an«, fragte Rushai mit lederner Stimme, »dem Tod ins Auge zu sehen?«
    Seog antwortete nicht. Er war zu erschöpft dafür, zu ausgelaugt, zu frustriert und zu enttäuscht. Nun, da es so weit war, war die Angst zurückgekehrt. Sein Herzschlag, bereits beschleunigt von den Strapazen und dem Blutverlust, wurde noch schneller und schneller. Seine Zähne wollten zu klappern beginnen, doch er hielt die Kiefer eisern geschlossen. Sein Blick klebte förmlich an der blutverschmierten Klinge in Rushais Hand, auf der sich der flackernde Schein der Fackeln und Feuer widerspiegelte.
    »Keine letzten Worte,

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