Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Frauen, Kinder, Männer, die sich vor der ersten Rekrutierung gedrückt haben, und so weiter. Das kann man drei- oder viermal so durchexerzieren, je nachdem wie gründlich man bei den einzelnen Rekrutierungen sucht.«
»Hmm«, machte Zhûl skeptisch, bevor er sich erkundigte: »Was tun wir gegen diese Armee?«
»Wir kämpfen natürlich. Eigentlich könnten sie uns kaum ein größeres Geschenk machen. Der Weg nach Oppdal ist eng, wir können uns das Schlachtfeld aussuchen und vorbereiten. Im Gegensatz zu ihren Stammeskriegern werden unsere Fomorer frisch und ausgeruht sein. Wenn wir Glück haben, leiht uns Ashkaruna sogar seinen Dämon aus.«
»Du würdest Ur’tolosh hierher einladen?«, fragte Zhûl überrascht.
»Entweder den Dämon oder Cintorix’ Hilfe. Mit zwanzigtausend Mann ist nicht zu spaßen, selbst wenn wir zu unseren Bedingungen kämpfen können. Wenn sie uns zu sehr schwächen, könnten die Kriegsgefangenen hier Oberwasser bekommen und einen Aufstand wagen. Abgesehen davon will ich spätestens im Frühjahr in Trondheim sein. Wir dürfen uns keine allzu großen Verluste leisten.«
»Hmm«, meinte Zhûl noch einmal. »Dann würde ich eher bei Cintorix anfragen. Ur’tolosh macht sich doch ganz prächtig vor Kristiansund.«
Natürlich war das nicht der Hauptgrund, weshalb der Ranger die Hilfe des Helvetiers bevorzugte. Wie die meisten anderen Schatten hatte Zhûl schlichtweg Angst vor dem Dämon und wusste ihn lieber in sicherer Entfernung. Selbst Rushai, der unter den Grauschatten neben Tagaris derjenige war, der das meiste über Ur’tolosh wusste, ging ihm lieber aus dem Weg.
»Ja, aber ich kann mir vorstellen, dass sich Cintorix zieren wird, wenn wir ihn um Krieger bitten. Seit seiner Krankheit ister …
furchtsam
geworden. Ich brauche einen hochrangigen Kurier, der ihm diese Nachricht überbringt. Zhûl …«
Der Ranger nickte. »Um wie viele Krieger soll ich den Verräter bitten?«
Rushai lehnte sich zurück und dachte nach. Er bemerkte die Bierkrüge, die sein Diener vorhin gebracht hatte und die noch immer unangetastet auf dem Tisch standen. »Cheers«, murmelte er und griff nach einem davon. Während Kennedy den zweiten nahm und Zhûl erwartungsgemäß den dritten unberührt stehen ließ, nahm Rushai einen kräftigen Zug. Das Bier hatte einen intensiven, bitteren Geschmack, der so typisch für die hiesige Brauerei war. Er schmatzte ein wenig, um ihn besser auf der Zunge zu verteilen.
Man kann sich daran gewöhnen
, beschloss er für sich.
Zumindest falls die Trondheimer nicht besser brauen.
»Zwölftausend«, erklärte er schließlich.
»Haben die Helvetier überhaupt so viele Krieger?«, fragte Zhûl heiser.
»Wer weiß das schon?«, erwiderte Rushai. »Aber ich erwarte nicht, zwölftausend zu kriegen. Sechstausend wären gut, ich gebe mich allerdings auch mit vier oder fünf zufrieden. Lass ihn das nur nicht zu schnell wissen.«
Zhûl nickte. »Bin gespannt, wie der Verräter darauf reagiert.«
»Ja, ich –«
Weiter kam Rushai nicht. Eine Sendung bahnte sich just in diesem Moment ihren Weg aus seinem Unterbewusstsein und forderte seine gesamte Konzentration. Es war eine schwache Sendung, von weit her, und forderte seine gesamte Konzentration.
Menschen
, war die simple, unkomplizierte Nachricht.
Menschen, Menschen, Menschen, Menschen, Menschen …
Es war die Sendung einer Baumseele. Einer von etwa zwanzig, die Rushai mittlerweile nordöstlich des Romsdalsfjordes gepflanzt hatte. Das Schwierigste bei solchen Sendungen war, herauszufinden, von welchem Baum sie stammte.
Menschen, Menschen, Menschen
, hallte es in seinem Kopf nach. Rushai wunderte sich etwas, bis er kapierte, dass es kein Nachhall war, sondernnoch immer zur Sendung gehörte. Sie hatte keineswegs aufgehört, war nur schwächer geworden, als die Energie der Baumseele langsam verlosch.
Menschen
, schien sie zu flüstern,
Menschen, Menschen, Menschen, Menschen …
Schließlich verblasste die Sendung vollständig und wurde ersetzt vom Hammerschlag des Schmieds Gotast in der benachbarten Schmiede und vom Kreischen einiger Möwen irgendwo auf dem Dach.
Zhûl sah ihn fragend an.
»Eine Sendung«, murmelte Rushai, der noch immer darüber nachgrübelte, was diese Nachricht wohl zu bedeuten hatte. Den Baum hatte er mittlerweile geortet: Es war eine Eiche nahe Kristiansund, an einer verlassenen Flussmündung, an der in der Außenwelt das Örtchen Batnfjordsøra errichtet war. Und eigentlich war die Interpretation ziemlich
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