Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
dabeizuhaben, der mit einer Maschinenpistole umgehen konnte. Derrien konnte sich gut vorstellen, dass die Schatten in der Abgeschiedenheit hier oben schwerere Waffen bei sich trugen. Es war gut möglich, dass er mit dem Bogen auf seinem Rücken und der Makarow im Gürtel nicht weit kommen würde.
»Wenn man bedenkt, dass wir gerade das beste Feuerwerk des Jahrtausends verpassen …«, murmelte Tom. Der bedauernde Tonfall seiner Stimme konnte nicht ganz seine Nervosität überdecken.
»Hab dich nicht so«, meinte Ingmar. »In tausend Jahren gibt es das nächste.« Wie Tom trug er eine Maschinenpistole über der Schulter.
»Ja. Ha, ha.«
Sie erreichten bald den nächsten Gipfel. Von hier aus hatten sie einen guten Blick über das bergige Hochland im Osten der Stadt, zu dem auch der Ulrikken gehörte. Derrien winkte die beiden Talente in Deckung und nahm sich ein paar Minuten Zeit, nach Wachen oder Patrouillen oder irgendeiner anderen Schattenaktivität Ausschau zu halten. Er fand nichts.
Aber ob das nun bedeutet, dass sie nicht da sind oder dass sie zu gut versteckt sind …
Er schnitt eine kurze Grimasse. Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. »Los, kommt. Wir haben noch eine Stunde Marsch vor uns.«
Die beiden Norweger richteten sich auf und folgten ihm.
Während sie den Pfad weitermarschierten, fragte sich Derrien, was Ashkarunas Tod für Auswirkungen auf den Krieg haben könnte. Insbesondere fragte er sich, ob der Dämon damit die Freiheit errang oder weiterhin in Diensten der Schatten stand. Wie würde das Monster wohl auf seine Freiheit reagieren? Würde es sich entmaterialisieren und in den Magieströmen verschwinden? Dahin zurückkehren, wo es hergekommen war? Würde es sich bei seinen früheren Herrn für die Versklavung rächen und Bergen verwüsten? Oder würde es wieder dazu übergehen, im Nordmeer Schiffe und Bohrinseln zu versenken, was er damals schon getan hatte, als die Schatten ihn zwar beschworen, aber noch nicht gebunden hatten?
Das Feuerwerk vor ihnen ließ langsam nach, war jedoch immer noch deutlich stärker als in den Jahren vorher. Derrien konnte sich durchaus vorstellen, dass dort unten in den Straßen die Hölle los war. Wahrscheinlich veranstalteten die Schatten Menschenjagden, während die Gangs völlig ausrasteten und plünderten und raubten.
Unbehelligt erreichten sie schließlich den letzten Anstieg hoch zum Gipfel des Ulrikken. Derrien nahm seinen Bogen von der Schulter und bespannte ihn mit der Sehne. Die Schatten
mussten
hier fast einen Wachposten eingerichtet haben. Alles andere wäre geradezu töricht.
Doch er sah niemanden, weder mit Hilfe seiner Weitsicht noch seiner Nachtsicht. Der Gipfel schien völlig leer zu sein.
»Seid leise«, warnte er trotzdem die beiden Talente. »Wenn wir dort oben sind, haben wir direkte Sicht auf die Bergstation.«
»Wo sind ihre Wachposten?«, fragte Ingmar. Offenbar verliefen die Gedanken des Talents in ganz ähnlichen Bahnen wie seine eigenen.
»Keine Ahnung«, knurrte Derrien. Es gefiel ihm nicht. Ganz langsam beschlich ihn der Verdacht, dass ihm dieser Renegat Schwachsinn erzählt haben könnte.
Vorsichtig stiegen sie das letzte Stück zum Gipfel hinauf. Derrienwar gespannt bis zum Äußersten, doch es blieb bei dem, was er schon vorher vermutet hatte: Da war niemand auf dem Gipfel. Dafür hatten sie von hier beste Sicht nach unten auf die Bergstation der Seilbahn sowie das daneben errichtete Antennengebäude, auf dem sich eine große, weiße Funkantenne befand. Im Restaurant, das ebenfalls zur Bergstation gehörte, brannten ein paar Lichter, ansonsten wirkte die Station wie ausgestorben.
Die Bergbahn auf den Ulrikken war eine der wenigen echten Touristenattraktionen, die Bergen zu bieten hatte zwischen zerfallenden Hafenhallen, saurem Regen aus den zahlreichen Fabriken und Raffinerien, graffitibeschmierten Plattenbauten sowie der heruntergekommenen Innenstadt. In einer Nacht wie dieser hier, wo man dem Chaos der Stadt entrinnen und das Feuerwerk von oben betrachten konnte, müsste hier eigentlich die Hölle los sein. Doch die Bahn war nicht in Betrieb.
Vielleicht waren die Schatten
doch
hier. Langsam pirschten sie sich weiter.
Rushais Schildwall hielt. Besser noch – langsam gelang es ihm und seinen Männern, den Feind zurückzudrängen, Schritt für Schritt, Mann für Mann. Noch immer hielten sich die Germanen verbissen auf der Halbinsel, klammerten sich an die Hoffnung, sich hier noch länger festbeißen zu können,
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