Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
müssen. Falls du das als seine weiche Seite gesehen hast, hast du dich getäuscht. Es war nur der Code. Aber solange sich deine Anforderungen innerhalb der Grenzen des Codes halten, wird er dir keine Probleme machen. Zum anderen ist er der weiche Spider. Und der sehnt sich nach einem sicheren Hafen, weg vom Krieg, raus aus der Unterwelt, weg vom Clan. Du weißt, was er sich dafür wünscht.«
Mickey warf ihr einen fragenden Blick zu. Er hatte nicht den blassesten Schimmer.
Die Queen verdrehte die Augen. »Ach, ihr Männer! Dabei ist es so offensichtlich!«
»Was ist offensichtlich?« Sosehr er auch nachdachte, er wusste einfach nicht, was sie meinte.
Sicherer Hafen? Blödsinn …
»Er sucht eine Frau.«
Mickey starrte sie an. »Er sucht was?«
»Eine Frau. Ist die Vorstellung etwa so absurd?«
Für einen Moment glaubte Mickey, Enttäuschung in ihren Augen zu lesen. Doch in diesem Moment bemerkte er ein Quartett junger Männer auf der Straße, die ganz offensichtlich auf Streit aus waren. Er sah, wie eine Gruppe Mädchen die Straßenseite vor ihnen wechselte, wie zwei Männer, die gerade aus der Bar gegenüber traten, sie sahen und sofort wieder zurück in die Bar verschwanden. Ein Rausschmeißer an der Diskothek zwei Gebäudeweiter hatte die vier Männer ebenfalls bemerkt und hielt sie im Auge, während er über sein Walkie-Talkie Verstärkung anforderte.
»Nein, natürlich nicht«, bestritt er. »Mir ist selbst schon aufgefallen, dass er sich in letzter Zeit mehr für die Mädchen interessiert. Aber dass er in Wirklichkeit gar nicht Anführer werden will …«
»Oh, versteh mich nicht falsch. Er
will
Anführer werden, unbedingt. Aber eine Beziehung könnte ihn vielleicht davon abhalten, diesem Wunsch nachzugehen.«
Die vier Männer draußen hatten es mittlerweile geschafft, einen Streit mit ein paar Wartenden vor der Diskothek anzufangen. Der Rausschmeißer am Eingang war von zwei seiner Kollegen verstärkt worden, die allesamt nicht glücklich darüber zu sein schienen, ihre Kunden so angegangen zu sehen. Noch war ihre Körpersprache jedoch defensiv, ganz offenbar waren sie noch nicht bereit, ihre Gesundheit in einer Prügelei aufs Spiel zu setzen. Das konnte sich jedoch schnell ändern, schätzte Mickey, spätestens dann, wenn noch weitere Rausschmeißer hinzukamen.
Die Serviererin, eine kleine Asiatin von etwa Mickeys Alter, fragte sie, ob sie noch einen Wunsch hatten. Mickey warf der Queen einen fragenden Blick zu, den sie mit einem Kopfschütteln beantwortete. Mickey machte eine ablehnende Geste, woraufhin sich die Bedienung abwandte und durch die Glasfront den sich abzeichnenden Konflikt beobachtete.
»Ich könnte ihm eine Hure kaufen«, dachte Mickey laut nach, die Serviererin bereits wieder vergessen.
»Damit würdest du ihn demütigen«, erklärte die Queen kopfschüttelnd. »Dann würde er dich schneller herausfordern, als du dich umdrehen kannst. Glaubst du denn wirklich, er würde das nicht durchschauen? Spider braucht eine Beziehung. Eine solide Beziehung mit einer soliden Frau. Vielleicht kann ich etwas arrangieren. Aber du verbringst die meiste Zeit mit ihm, insofern wäre es hilfreich, wenn auch du die Augen offen halten würdest.«
»Jawohl, meine Queen.«
Eine Zeitlang schwiegen sie. Mickey grübelte über die neuenEinsichten nach, die ihm die Queen ermöglicht hatte. Konnte es tatsächlich sein, dass eine Frau Spider ruhig stellen würde? Er wusste es nicht. Doch ihre Worte klangen so logisch, und immerhin war sie die Queen. Ihre empathische Verbindung zu Spider war vermutlich mindestens ebenso stark wie seine. Doch schließlich drifteten seine Gedanken ab zu dem eigentlichen, zu dem wichtigsten Thema, das er mit der Queen zu besprechen hatte.
»Was machen wir mit dem Raben?«, fragte er sie direkt. Er meinte Ashkaruna, doch an einem so öffentlichen Treffpunkt wie diesem hier war es besser, Code zu verwenden.
»Nichts«, gab die Queen ebenso direkt zurück.
Mickey zog die Augenbrauen zusammen. »Nichts?«
Sie nickte. »Nichts.« Dann fügte sie in etwas freundlicherem Tonfall fort: »Ich kenne die Stimmung in der Familie. Ich weiß, wie sehr unsere Brüder ihn hassen. Und ich stimme dir zu, wenn du forderst, dass wir uns aus der Abhängigkeit der Rabenfamilie lösen müssen. Aber dafür brauchen wir eine neue Prinzessin! Solange die Diener des Raben über mich wachen, werden wir immer und ewig in seiner Macht stehen. Erst eine neue, eine geheime Prinzessin kann uns daraus
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