Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Paktbrecherin und muss entsprechend bestraft werden.«
»Ob sie schuldig ist, bleibt abzuwarten«, knurrte Herwarth. Seine buschigen Augenbrauen waren nach unten gezogen, seine Hand trommelte unruhig auf dem Tisch.
»Wie dem auch sei«, erklärte Gustaf. »Als Nächstes ist der Angeklagten das Wort zu erteilen. Druidin Keelin, wie steht Ihr zu den Euch vorgehaltenen Anschuldigungen?«
»Dazu müsst Ihr eines wissen, Keelin«, erklärte Herwarth. »Jarl Gustaf ist ein Seher, der erkennen wird, wenn Ihr lügt. Haltet Euch also an die Wahrheit.«
Keelin nickte ernst. »Ja, Herr«, murmelte sie und versuchte, sich die Freude nicht allzu sehr anmerken zu lassen. Ein Seher war das Beste, das einem Unschuldigen bei einem Gerichtsverfahren passieren konnte. »Und nein, Herr, ich hatte nichts mit den Anschuldigungen zu tun, die mir hier vorgeworfen werden. Ich bin unschuldig.«
Wolfgang schüttelte langsam und traurig den Kopf.
Gustaf fuhr unbeirrt fort: »Nun ist Gelegenheit für den Kläger und das versammelte Thing, die Angeklagte zu den Vorwürfen zu befragen. Druidin Keelin, es ist Eure Pflicht, Euch dazu zu äußern. Nicht zu antworten wird zu Euren Lasten ausgelegt werden.«
Keelin nickte. Für ein paar Augenblicke herrschte Totenstille in der Halle, bis schließlich einer der Sachsen erklärte: »Keelin, warum seid Ihr in der Nacht des
storthings
von der Harburg geflohen?«
»Wir hatten Angst, umgebracht zu werden. In der Nacht sind Bewaffnete vor der Halle aufgetaucht. Es ist zu Kämpfen gekommen.«
Æthelbert sprang auf, das Gesicht bereits rot vor Wut. »Es gab einen Pakt!«, schrie er wütend. »Willst du etwa
uns
vorwerfen,Paktbrecher zu sein?« Seine Hand ging zum Schwert an seiner Seite, und für einen Moment sah es so aus, als ob ihn niemand aufhalten wollte, auf Keelin loszugehen. Auch aus den Gesichtern der anderen drei Jarle Gustaf, Wolfgang und Herwarth sprach der blanke Ahnenhass.
Doch es war schließlich Herwarth, der Æthelbert mit einem scharfen Kommando zur Ordnung rief. »Hört auf mit dem Scheiß!«, giftete er. »Der Nächste, der hier seinen Ahnenhass versprüht, wird von mir persönlich rausgeworfen!« Zu Gustaf gewandt, der zu einer empörten Rede ansetzte, fügte er hinzu: »Und spar mir deine Lektionen in germanischer Rechtskunde! Ich hatte davon heute schon mehr als genug, wir haben so viele Schiffe am Damm liegen, dass ich dieses Thing notfalls mit Kapitänen allein durchführen kann!«
»Vergesst nicht, was wir ihr hier vorwerfen«, murmelte Wolfgang und eilte Keelin damit unerwartet zu Hilfe. »Wir werfen ihr vor, eine Paktbrecherin zu sein, und verletzen damit ihre Ehre. Es ist ihr gutes Recht, uns dasselbe vorzuhalten, ohne dass wir uns gekränkt fühlen sollten.«
»Aber die Kelten haben den Pakt in dieser Nacht tatsächlich gebrochen!«, empörte sich Æthelbert. »Wir nicht!«
»O nein«, erwiderte Herwarth sarkastisch. »Wir haben in dieser Nacht nur drei ihrer Magier erschlagen. Drei Magier, die aller Wahrscheinlichkeit nach tatsächlich unschuldig waren.«
Vier
, dachte Keelin mit niedergeschlagenem Herzen und dachte an Brynndrech.
»Um zurück zum Thema zu kommen«, damit wandte sich Herwarth wieder an sie, »warum seid Ihr zur Harburg zurückgekehrt, wenn Ihr solche Angst vor uns hattet?«
Es war eine schwierige Frage, eine Frage, auf die Keelin selbst nur eine vage Antwort hatte. Sie erwartete nicht, dass die Männer sie verstehen würden, doch sie hoffte fest darauf, dass Gustaf die Wahrheit ihrer Worte bestätigen würde. »Als Brynndrech, der Druide, mit dem ich in dieser Nacht von der Harburg geflohen war, im Elbwatt gestorben ist, wusste ich nicht mehr, was ich tunsollte. Ich war verzweifelt. Aber ich bin Heilerin. Mein Baumzeichen Eibe hat mir aufgetragen, mich für Frieden zwischen den Völkern einzusetzen. Deshalb bin ich zurückgekehrt.«
Æthelbert schnaubte verächtlich. Wolfgang schüttelte nur wieder den Kopf. »Warum?«, wollte Gustaf wissen. »Warum sollte ein giftiger Baum für Frieden zwischen den Völkern sein?«
Keelin war für einen Moment überrascht darüber, dass der Jarl über die Eibe Bescheid wusste. Sie hatte geglaubt, dass die Germanen keine Baumzeichen kannten. »Weil es der einzige Weg ist«, meinte sie dann. »Weil wir sonst keine Chance haben, gegen die Schatten zu bestehen.«
»Ha!«, machte Æthelbert.
Doch er war der Einzige, der so reagierte. Herwarth und Gustaf nickten leicht, die übrigen wirkten betroffen. Wolfgang warf
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