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Schattenfluegel

Schattenfluegel

Titel: Schattenfluegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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»Nein«, murmelte sie.
    »Haben sie.« Sigurd beugte sich über Kim und strich ihr die Haare aus der Stirn. Noch immer fühlte sich seine Haut heiß an, und als Kim jetzt zu ihm aufsah, nahm sie einen sehr eigenartigen Ausdruck in seinen Augen wahr. Plötzlich wirkte er abwesend. Abwesend und – Kim schauderte – irgendwie hungrig.
    »Das Symbol für Reinheit und Jungfräulichkeit bei den Navajo-Indianern, Kim. Es ist ein sehr schönes, elegantes Tier.«
    Da wusste sie, worauf er hinauswollte. Sie presste die Hand gegen die Wand in ihrem Rücken. Ihr gesamter Körper war in Alarmbereitschaft, noch bevor Sigurd zu Ende gesprochen hatte.
    »Es ist«, sagte er mit einem verträumten Lächeln, »eine Libelle.«
    Kims Unterkiefer fiel herunter. »Du?«, gelang es ihr zu sagen.
    Sigurd? Er war Ninas Mörder?
    Lukas hatte mit der ganzen Sache nicht das Geringste zu tun!
    Kim schluckte. Sie konnte den Blick nicht von Sigurds Gesicht lassen. Ganz verzerrt war es jetzt, ein Flackern stand in seinen Augen, das ihn überhaupt nicht mehr menschlich wirken ließ. »Ja, Kim«, sagte er. »Ich war es. Ich habe Nina getötet. Und weißt du auch, warum? Weil sie dabei war, ihre Unschuld wegzuwerfen wie einen alten Lumpen. Ein Spielzeug, das sie nicht mehr haben wollte.« Sein Gesicht verzerrte sich noch mehr, jetzt konnte Kim seine Zähne sehen. »Wie ein billiges Flittchen hat sie sich benommen! Ich habe versucht, sie davon abzubringen, sich diesem Kerl an den Hals zu werfen, aber sie hat sich gegen mich aufgelehnt. Sie hat einfach nicht auf mich hören wollen! Hat noch dämliche Gedichte über diesen Kerl geschrieben.« Er wedelte in Richtung des Kellerraumes, in dem Lukas lag, und Kim begriff, dass Lukas doch eine Rolle in diesem Spiel hatte.
    Die Unschuld wegwerfen, dachte Kim. Sigurd hatte gedacht, dass Lukas nichts anderes wollte, als mit Nina zu schlafen. Wenn er gewusst hätte, wie sehr er sich täuschte! Lukas hatte niemals diese Absicht gehabt. Er hatte Nina nicht geliebt, er hatte sie zurückgewiesen.
    Kim sah in Sigurds Augen. Er war komplett irre!
    Sie versuchte, sich aufzurichten. Sie musste hier weg. Schnell! Bevor Sigurd auch noch sie umbrachte. Sie musste …
    »Gib dir keine Mühe!«, flüsterte Sigurd. »Du entkommst mir nicht. Du bist kein bisschen besser als deine Schwester. Was hat dieser Kerl, dieser Lukas nur an sich, dass ihr euch alle ihm an den Hals werft wie … wie …« Er hielt inne. Lauschte.
    Kim hielt den Atem an. Sigurd hatte eben noch die Polizei angerufen, bevor sein Verstand die Bodenhaftung verloren hatte. Alles, was sie tun musste, war, so lange durchzuhalten, bis Hilfe kam.
    Lukas!, dachte sie voller Verzweiflung. Wach auf!
    Sie musste Zeit gewinnen. Musste Sigurd in ein Gespräch verwickeln und ihn davon abhalten, seinen Plan zu Ende zu führen.
    Sie räusperte sich. »Aber das kann doch gar nicht sein«, gelang es ihr zu sagen. »Du warst in Amerika, als Nina starb!«
    Die Wirkung ihrer Worte erschreckte sie bis in Mark. Seine Zähne bleckten sich und plötzlich wirkte er wie tollwütig. Er brachte sein Gesicht dicht an das von Kim. Sie konnte seinen Atem riechen. »Bei der Polizei arbeiten nur lauter Idioten!«, zischte er. »Sie waren einfach zu blöd, um eins und eins zusammenzuzählen! Wenn sie ihre Arbeit vernünftig gemacht hätten, dann wären sie mir schon vor zwei Jahren auf die Schliche gekommen.« Er hielt inne, senkte den Blick. Dann holte er Luft, es klang wie ein Schluchzen. »Sie sind schuld, dass Marie auch sterben musste.«
    Das Grauen in Kim wuchs und wuchs, bis sie sicher war, dass es nicht mehr größer werden konnte. Und dann, als wäre ihr Kopf einfach nicht mehr in der Lage, noch mehr Entsetzliches zu verarbeiten, fiel in ihr eine Art Schalter um. Auf einmal war sie vollkommen beherrscht und kontrolliert. Keine Spur von Angst zeigte sich mehr. »Was hat die Polizei übersehen?«, fragte sie mit ruhiger Stimme.
    Sigurd bemerkte die Veränderung in ihr. Erstaunt hob er die Augenbraue, aber er sagte nichts dazu. Stattdessen grinste er breit. »Sie hätten nur vernünftig recherchieren müssen, dann hätten sie schon vor zwei Jahren herausgefunden, dass ich Kontakt zu einem russischen Dokumentenfälscher habe!«
    Der Kerl von der Russenmafia!, dachte Kim. Sigurd hatte diesen Artikel über ihn geschrieben. Aber was hatte das mit dem Mord an Nina zu tun?
    Sigurd war geradezu begierig, ihr die Antwort zu liefern. »Sie sind einfach nicht darauf gekommen, dass ich mir einen

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