Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
hätte!
„Karolina?“ Die Strenge in der Stimme des Vaters bestätigte ihre Befürchtungen.
„Ja, Vater?“ Sie legte Mantel und Hut ab und begab sich in den kleinen Salon.
„Wo kommst du her? Und lüg mich nicht an!“
Seine Worte glichen Peitschenhieben, doch sie ließ sich nicht entmutigen.
„Ich habe Adela besucht, sie brauchte meine Hilfe.“ Sie mied seinen Blick.
„Obwohl ich es dir verboten habe? Das also ist dein Respekt für mich! Sie ist nicht der richtige Umgang für dich.“ Er drehte sich zum Fenster und starrte nach draußen auf die weiße Pracht im Garten. Die Hände hielt er ineinander verschlungen hinter dem Rücken. Seine Finger zitterten vor Anspannung.
„Adela ist meine Freundin ...“
„Freundin! Sie ist ein Dienstbote. Daran muss ich dich doch wohl nicht erinnern.“ Karolinas Vater schnaufte.
„Sie ist nicht mehr unsere Zofe. Schlimm genug, dass du sie damals in Schimpf und Schande entlassen hast und sie die Stelle bei der Gräfin annehmen musste, einer zweifelhaften Person.“
Karolina bebte vor Empörung. Der Standesdünkel des Vaters ging ihr auf die Nerven.
„Da ist sie gut aufgehoben.“
„Das ist sie nicht.“
„Wie kannst du nur so über die Gräfin Lobkowic reden? Sie ist eine hoch geschätzte Mäzenin der Künste.“
Der Baron wirbelte herum und funkelte seine Tochter an.
„An sie hast du Mutters Gemälde verkauft?“ Fassungslos starrte Karolina ihren Vater an. Er hatte ihr von einer wichtigen Kunstsammlerin erzählt, an die er ein Gemälde der Mutter verkauft hatte, als ihn finanzielle Sorgen drückten. Dennoch hatte sie früher immer gehofft, ihr Vater würde deshalb nicht auch noch die Kunstgegenstände und den kostbaren Schmuck der Mutter versetzen. Nur die Kette mit dem Blutdiamanten konnte sie retten. Aber dass er alles ausgerechnet dieser Vampirin verkauft hatte, übertraf ihre Befürchtungen.
„Sie hat mir viel Geld geboten. Es wäre töricht gewesen, dieses Angebot auszuschlagen.“
„Es ist eine Schande, dass du mit ihr Geschäfte gemacht hast. Sie ist ein Geschöpf der Finsternis.“
„Wie kannst du es wagen? Sie ist eine herzensgute Frau. Deine Mutter hat sie geschätzt.“
„Wenn du dich da mal nicht irrst ...“ Sie hatte die Worte nur geflüstert, denn ihr Vater würde seine Meinung nicht ändern.
Karolina drehte sich um und wollte in ihr Zimmer gehen.
Mit drei Schritten war er bei ihr und hielt sie am Arm fest.
„Ich habe mit Mutter Tereza gesprochen. Du wirst schon übermorgen ins Kloster der Barmherzigen Schwestern aufgenommen. Es ist alles arrangiert.“ Karolina riss sich los.
„Niemals werde ich in diesem Kloster leben.“
Das Kloster lag weit entfernt. Wie sollte sie dann Dominik wiedersehen? Und Adela?
„Du hast mir zu gehorchen!“, rief er außer sich.
„Deine Mutter ist viel zu früh gestorben. Deshalb werden die Nonnen dich auf ein Leben als fromme Frau vorbereiten.“
„Mutter hätte nie gewollt, dass ich mein Leben hinter Klostermauern verbringe.“
„Lass deine Mutter aus dem Spiel!“ Sein Gesicht lief rot an.
„Weshalb kann ich denn nicht bei Tante Carlotta wohnen? Sie ist doch auch eine Frau ...“
„Schweig!“, brüllte er.
Karolina verstand nicht, weshalb ihr Vater die Tante ablehnte. Was mochte damals vorgefallen sein? Er sprach kaum darüber, und wenn sie ihn fragte, wich er stets aus. Dabei waren Carlotta und die Mutter sich sehr ähnlich gewesen, hochgewachsen, das gleiche goldblonde Haar und eine Lebensenergie, neben der alles andere verblasste. Sie konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass er glaubte, die Tante trüge eine Mitschuld an Mutters Tod. Karolina wollte etwas erwidern, doch mit einer Geste bedeutete er ihr zu schweigen. Traurig ging sie in ihr Zimmer.
Grübelnd lag sie auf dem Bett und starrte an die Decke. Wenn sie nicht zu den Barmherzigen Schwestern wollte, musste sie etwas unternehmen.
Sie sprang auf und lief zum Sekretär hinüber. Entschlossen nahm sie Briefpapier und Feder und schrieb eine Nachricht an Adela.
Teure Freundin
,
mein Vater schickt mich schon übermorgen zu den Barmherzigen Schwestern. Sicherlich ergeht es dir bei Carlotta besser als mir hier. Doch sorge dich nicht um mich. In diesem Kloster werde ich nicht lange bleiben
.
In Liebe, Karolina
.
Karolina erhoffte erneut Dominiks Hilfe. Noch heute Abend würde sie sich heimlich vom Gut stehlen und ihn aufsuchen, um ihm ihre Lage zu schildern. Was ihr einmal gelang, würde auch ein zweites Mal
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