Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
klappen.
Ihr Herz klopfte vor Sehnsucht, ihr Körper verlangte nach ihm.
Sie rief nach Elena, die die Nachricht an Adela senden sollte.
17.
Die Nacht war sternenklar und bitterkalt. Über ihr schwebte die wolkenverhangene Mondsichel. Karolina fieberte einer Zusammenkunft mit Dominik entgegen. Sie musste ihn wiedersehen und verdrängte den Gedanken an die Gefahr, die in der Dunkelheit lauerte.
Ihr Vater besuchte den Gutsverwalter, was ihr die Gelegenheit bot, sich aus dem Haus zu stehlen. Er hatte vergessen, ihre Tür abzuschließen.
Da eine Kutsche sofort aufgefallen wäre, entschied sie sich für ein Pferd.
Sie nahm aus der Kommode das letzte Schmuckstück der Mutter, das ihr noch geblieben war. Aus Angst, dieses auf dem Ritt zu verlieren, steckte sie das kostbare Juwel in ihr Baumwollmieder zwischen die Brüste.
Dann schwang sie sich auf den Rücken der Schimmelstute und ritt davon. Vor Mitternacht wollte sie zurückkehren. Wie ein goldener Schleier flatterte ihr Haar im Wind, als sie über die verschneite Straße galoppierte.
Die eisige Luft schnitt in ihre Lungen. Kaum hatte sie die väterlichen Felder hinter sich gelassen, folgte ihr ein lautloser Schatten.
Zu ihrer Rechten erhob sich eine Burgruine, deren Konturen im fahlen Mondlicht gespenstisch wirkten.
Karolina ritt dicht an ihr vorbei, um den Weg zu Dominiks Schloss abzukürzen, und hoffte so, dem Verfolger zu entgehen. Doch dieser verstellte ihr schon bald den Weg. Erschrocken bäumte sich die Stute auf. Nur ihren guten Reitkünsten verdankte es Karolina, nicht zu stürzen. Sie klopfte beruhigend den Hals des Tieres, das ängstlich tänzelte.
Der Mann im Zobel mit der goldenen Bauchschärpe verharrte wie ein Standbild. Quer über die Wange seines hageren Gesichtes zog sich eine fingerdicke Narbe. Die schwarzen Augen in seinem bleichen Gesicht fixierten sie abschätzend.
Das Fluchterlebnis der vergangenen Nacht saß ihr noch immer in den Knochen. Ein Zittern durchlief ihren Körper.
„Was wollt Ihr?“ Sie versuchte mit der Stute an ihm vorbei zu reiten, aber seine Bewegungen waren so schnell und kaum wahrnehmbar, dass es ihr nicht gelang. Immer wieder versperrte er ihr den Weg, so geschwind und lautlos wie ein Schatten.
„Steigt ab!“, befahl er mit donnernder Stimme. Ein unheimliches, rotes Leuchten glomm in seinen Pupillen. Deutlich wurde ihr nun die Gefahr bewusst, der sie sich ausgesetzt hatte, nur um ihre Sehnsucht zu stillen. Doch sie bereute nichts.
Widerwillig stieg sie ab und nahm die Zügel in die Hand. Unter dem hypnotischen Blick des Narbigen konnte sie sich nur langsam bewegen. Nur ihr keuchender Atem hallte durch die Stille der Nacht.
Langsam trat er auf sie zu, ein schiefes Lächeln auf den Lippen. Silbergraues Haar, zu einem Zopf gebunden, und buschige Augenbrauen erinnerten Karolina an einen Raubvogel. Sie konnte die Gefahr, die er verströmte, körperlich spüren. Ein unangenehmes Kribbeln lief über ihre Haut.
„Seid Ihr Euch der nächtlichen Gefahr nicht bewusst?“ Er stand dicht vor ihr, sie musste zu ihm aufsehen.
„Ich fürchte mich nicht.“ Mutig erwiderte sie seinen Blick.
„Noch nicht“, raunte er und lachte auf. Dabei entblößte er lange, spitze Eckzähne, die ihn als Vampir verrieten.
Er streckte seine knochige Hand mit den langen Nägeln aus, um ihr Kinn zu berühren. Karolina wich ihm aus. Gier sprach aus seinen Augen, die ihr Schauer über den Rücken jagten.
Dieses Mal gab es keine Malvina, die ihr zur Hilfe eilen konnte. Sie war auf sich allein gestellt. Karolina überlegte, welche Chance sie besaß, dieser Bestie zu entkommen, während ihre Augen nach einem Fluchtweg suchten.
„Flucht ist unmöglich. Ihr könnt mir nicht entkommen.“ Siegesgewiss lächelte er.
Dann fingerte er in ihren Haaren. Abscheu stieg in ihr auf, und sie stieß seine Hand beiseite. Der Vampir knurrte drohend.
Karolina bot ihm mutig die Stirn. „Ihr werdet niemals Hand an mich legen, das schwöre ich. Eher töte ich mich selbst.“
„Euer Temperament ist bemerkenswert. Das erhöht die Spannung.“
Sein Fauchen ähnelte Donnergrollen. Karolina wollte mit einem Seitensprung ausweichen, doch ihre Beine schienen mit dem Boden verwachsen zu sein.
Mit einer ruckartigen Bewegung umfasste er ihren Nacken und zog ihr Gesicht dicht an seines heran. In seinen Pupillen spiegelten sich die abscheulichsten Bilder von Gräueltaten, die sie je gesehen hatte. Blut spritzte aus dem Hals einer Frau, wie die Fontäne eines
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