Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
werden verfolgt.“ Alle hielten den Atem an. Carlotta tauschte mit Malvina und Eliska wissende Blicke aus.
„Von wem?“ Neugierig beugte Karolina sich vor.
„Milos, was ist los?“, rief Carlotta dem Kutscher zu, erhielt aber keine Antwort. Sie lehnte sich weit zum Fenster hinaus, um nach dem Kutscher zu sehen. Als sie wieder in ihren Sitz zurücksank, war sie bleich. Sie presste die Hand gegen ihre Brust.
„Mein Gott, Milos scheint verletzt! Über uns kreisen Schatten. Hoffentlich hält er durch, bis wir das Haus erreicht haben. Lasst uns den heiligen Michael um Beistand bitten.“ Carlotta senkte ihren Kopf und bekreuzigte sich, die anderen taten es ihr gleich.
Die Stirn in Falten gelegt, zog sie unter der Kutschbank eine Armbrust mit prachtvollen Silberverzierungen hervor und aus ihrer Rocktasche einen silbernen Pflock, kürzer als ein Pfeil, den sie in die Armbrust spannte. Mit Furcht und Bewunderung zugleich betrachtete Karolina die glänzende Waffe, deren Technik ausgefeilter war, als sie es je gesehen hatte, und die einen präzisen Schuss mit enormer Durchschlagskraft versprach. Dennoch zweifelte sie daran, dass eine Armbrust gegen die wendigen Vampire etwas auszurichten vermochte.
Auch Malvina und Eliska zogen unter der Kutschbank ihre Armbrüste hervor und spannten Silberpflöcke ein.
„Vergeudet keinen Schuss. Wir wissen nicht, wie viele es sind. Lasst sie herankommen und schießt erst, wenn ihr sicher seid, ihr Herz zu treffen.“ Karolinas Blick flog zwischen den Frauen hin und her, verfolgte jede einzelne ihrer Bewegungen, die mit grimmiger Entschlossenheit und präzise ausgeführt wurden.
„Ihr wollt doch nicht wirklich ...“, sagte sie und legte die Hand auf Eliskas Arm.
„Entweder wir oder sie!“, erwiderte die Schwarzhaarige.
„Und wir haben uns entschlossen, gegen diese Bestien zu kämpfen.“ Malvinas grüne Augen sprühten Funken.
Ehe Karolina etwas erwidern konnte, hörte sie ein schauriges Geheul, das ihr das Blut in den Adern stocken ließ. Würde sie vielleicht erneut dem Mörder ihrer Mutter gegenüberstehen?
„Drazice, du elender Blutsauger. Dieses Mal erwischen wir dich!“, rief Carlotta in die Dunkelheit und unterbrach ihre Gedanken.
„Anton Drazice?“
„Den erkenne ich schon am Geheul.“ Eliska verzog verächtlich den Mund. „Für das, was er Adela und vielen anderen angetan hat, wird er büßen.“
Lautes Gelächter erklang über ihnen, dann knallte etwas auf das Kutschendach. Sofort richteten sich die Armbrüste nach oben.
„Wir werden ja sehen, Dcera Carlotta, wer am Ende der Gewinner ist. Euer Blut wird mir besonders schmecken, danach nehme ich mich Eures Kutschers an.“ Wieder erfolgte ein durchdringendes Gelächter, das ihnen Schauer über den Rücken jagte.
Mit einer Schnelligkeit, die Karolina bei ihrer Tante nicht vermutet hätte, lehnte sich Carlotta aus dem Fenster und zielte nach oben. Doch Anton Drazice war schneller, als er geschmeidig wie eine Katze von der Kutsche glitt.
„Diese Bestie liebt das Risiko und fühlt sich uns überlegen. Verdammt, ich muss ihn erwischen!“ Carlotta zielte in die Dunkelheit.
Karolina atmete erleichtert auf, als das Gelächter Drazices leiser wurde.
„Den wären wir wohl los.“ Sie lehnte sich seufzend zurück.
„Da wäre ich mir nicht so sicher.“ Malvina warf einen bedeutungsvollen Blick zu Carlotta.
„Es wäre für den Baron höchst ungewöhnlich, wenn er gleich kapitulierte. Er ist einer von der schlimmsten Sorte. Am liebsten hätte ich diesem Blutsauger gleich den Garaus gemacht. Beim nächsten Mal ist er dran.“
„Vielleicht hat er eure Armbrüste gesehen und das hat ihn abgeschreckt.“
„Du musst noch viel lernen, Karolina. Vampire lassen sich nicht so leicht einschüchtern. Sie kämpfen bis zum bitteren Ende. Niemals darfst du ihre Kraft und Verschlagenheit unterschätzen. Es muss etwas anderes dahinter stecken.“
Die vier Frauen steckten ihre Köpfe zusammen und tuschelten. Im selben Augenblick hielt die Kutsche plötzlich an. Carlotta stieg aus, um Milos nach dem Grund zu fragen. Die Armbrust hielt sie schussbereit in der Hand. Schreckensbleich kehrte sie zurück.
„Milos ist tot. Seine Hände halten noch immer die Zügel umklammert“, flüsterte sie, und Tränen schossen in ihre Augen.
„Der arme Milos. Gott sei seiner Seele gnädig“, antwortete Eliska.
Carlotta bekreuzigte sich und die anderen folgten ihrem Beispiel.
„Ich werde die Kutsche lenken“, bot Malvina an.
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