Schattenfürst - Landers, K: Schattenfürst
und Schmerz bis in alle Ewigkeit verloren.
Friedlich lagen sie in den Holzsärgen, die Jendrik auf die Schnelle von einem Totengräber erworben hatte, die Armbrust auf ihrer Brust. Die Angst und Verzweiflung der vergangenen Stunden steckte Karolina noch immer in den Gliedern.
Dennoch musste sie gegen Jiri kämpfen, um Prag und Dominik zu befreien. Carlotta fehlte ihr schon jetzt, vor allem mit ihrem Wissen über die Geschöpfe der Finsternis. Sie tauchte ihre Hand ins Weihbecken und bekreuzigte beide Leichen zum Segen, während sie das Paternoster betete.
Malvina und Hana folgten ihrem Beispiel.
„Carlotta fehlt mir so.“ Hana schluchzte auf. „Sie ist so gut zu mir gewesen, hat mich aufgenommen. Was soll denn nun aus uns werden? Ich will nicht wieder auf der Straße leben.“
„Das musst du auch nicht. Du und Malvina, ihr könnt in Carlottas Haus bleiben. Dafür sorge ich.“ Karolina legte tröstend den Arm um das zitternde Mädchen.
„Adela war mir eine gute Freundin geworden“, warf Malvina ein.
„Ja, sie war immer so hilfsbereit und hat viel gelacht.“
Karolina erinnerte sich mit Wehmut an die gemeinsame Zeit mit der Freundin, die nun bleich, mit eingefallenen Wangen, im Sarg lag. Sie konnte die Tränen nicht mehr unterdrücken, als sie daran dachte, wie viel Mut sie kurz vor ihrem Tod bewiesen hatte.
Eine Weile kniete sie zusammen mit den anderen schweigend vor den Särgen.
Dann winkte sie Jendrik und seine Männer herbei, um die Toten in ihre letzte Ruhestätte zu betten.
40.
Dominik kannte Jiris Unbarmherzigkeit nur zu genau. Einen Vampir, der gegen den Kodex verstieß, ereilte ein grausames Ende. Man warf ihn in die Flammen oder opferte ihn den Schattendämonen. War der Dämon für seinen neuen Besitzer zu stark, zerfiel der Körper zu Staub. Es schauderte ihn bei dieser Vorstellung. Dennoch verlieh ihm Karolinas Liebe eine innere Stärke, das alles ertragen zu können.
Die Vampire schleppten ihn in ein unterirdisches Kellergewölbe. In den feuchten, dunklen Räumen hing ein intensiver Fäulnisgeruch. Sie sperrten ihn in einen winzigen, fensterlosen Raum. Die massive Eisentür flog quietschend hinter ihm zu.
Der Tag brach an. Ein winziger Sonnenstrahl verirrte sich durch einen Mauerspalt ins Innere, wie ein Hoffnungsstrahl. Wenn er überleben wollte, durfte er nicht einschlafen. Seine Sorge galt Karolina, die er nicht beschützen konnte, und die in höchster Gefahr schwebte. Sein Leben war dagegen bedeutungslos.
Ihr Liebesgeständnis erweckte ihn zu neuem Leben.
Dominik setzte sich auf den Boden. Den Kopf auf die Knie bettend, starrte er ins Dunkel. Der Sonnenstrahl endete in einem runden, golden schimmernden Fleck auf dem Boden. So wie dieser Strahl erhellte Karolina sein dunkles, verdammtes Leben.
Ihre Liebe würde in Prag keine Erfüllung finden. Überall wären sie gejagt worden, von den Geschöpfen der Finsternis als auch von den Sterblichen.
Aber das war dieses Liebe wert, von der er nie zu hoffen gewagt hatte.
Er seufzte auf und schnupperte an seiner Kleidung, an der noch immer ihr Geruch haftete.
Endlos lang schleppte sich die Zeit dahin. All seinen Bemühungen zum Trotz schlief er ein und erwachte erst durch ein lautes Quieken. Wütend stieß er die Ratte mit dem Fuß fort, die an seinem Schuh nagte. Der Tag war der Nacht gewichen, der Lichtpunkt erloschen. Seine Glieder fühlten sich steif an. Ein Hungergefühl breitete sich in ihm aus, das er willensstark zu verdrängen versuchte.
Plötzlich knarrte die Eisentür, und der Schein einer brennenden Fackel fiel herein. Das Licht blendete ihn, und er bedeckte seine empfindlichen Augen mit dem Arm.
„Jiri will dich sehen, Halbblut. Steh auf!“ Dominik erkannte sofort die Stimme des Barons. Er sah auf und blinzelte.
Drazice, begleitet von zwei Vampiren, stand im Türrahmen und bedeutete ihm mit einem Wink aufzustehen.
Dominik erhob sich, streckte seine verspannten Glieder und trat wortlos auf den Vampir zu. Drazice lächelte ihn herablassend an und verpasste ihm einen Fausthieb in die Magengrube. Dominik stöhnte auf und wollte sich auf den Baron stürzen. Doch die beiden anderen Vampire hielten ihn zurück und legten ihm eiserne Handschellen an, die durch eine schwere Kette miteinander verbunden waren. Dann zerrten sie ihn eine Stiege hinauf.
Sie brachten Dominik in einen Raum, der von zahlreichen Kandelabern beleuchtet wurde, und in dessen Mitte ein breites Bett stand. Auch hier lag der Geruch von geronnenem Blut und
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