Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren
Menschen.« Mit einem für ihn typischen dünnen Lächeln fügte er hinzu: »An einem Punkt meiner verschwendeten Jugend habe ich mich als Mietkutscher verdingt. Eine hervorragende Art, Informationen zu sammeln.« Er hielt inne. Er brauchte kein Magier zu sein, um die nervöse Erwartung seiner Gefährten zu spüren, was er als Nächstes sagen würde. »Die Männer von Stranhorne und die Ländereien im Osten sind überrannt worden. Baron Stranhorne selbst wird für tot gehalten. Er und andere haben Sprengstoff entzündet und das Herrenhaus zum Einsturz gebracht, um die dort eingebrochenen Schattengeborenen zu töten. Meine Informanten haben mir berichtet, dass die Explosionen wahrscheinlich zu früh losgegangen sind – nicht gänzlich unerwartet, wenn man bedenkt, wie mühelos die Schattengeborenen mit Feuer umgehen. Unter der Leitung von Ishmael, Ferdenzil Mycene und den jungen Stranhornes haben sich die Bewohner einen Rückzug zum Bahnknoten von Stranhorne erkämpft. Ishmael ist zwar mit den anderen aus Stranhorne entkommen, aber er hat sich angeboten, zu der Gruppe des Barons vorzudringen, um nach Überlebenden zu suchen, aber leider hat man seither nichts mehr von ihm gehört.«
Phoebe Broome atmete hörbar aus und murmelte: »Nein.«
»Und Balthasar?«, hörte sich Telmaine tonlos fragen.
»Niemand, der Ihren Ehemann kannte oder von ihm wusste, hat bei den Behörden der Eisenbahn über ihn Bericht erstattet. Vielleicht erfahren wir mehr, wenn wir im Herrenhaus eintreffen.«
Tammorn
Tam rollte sich in dem harten Bett auf die Seite und versuchte, eine weniger schmerzhafte Position zu finden. Er war als Bauer geboren worden und die Jahre seines jungen Erwachsenenlebens stets nur eine Mahlzeit vom Hungern entfernt gewesen. Da er immer mit einem Bein im Gefängnis gestanden hatte, war er nicht verweichlicht. Aber aufgrund der Überanstrengung schmerzte sein ganzer Körper. Sollte er seine frühere Stellung zurückbekommen, würde er diesem Haushalt neue Matratzen spendieren.
Doch nicht die Schmerzen hielten ihn wach. Und er hatte sich auch nicht nur ins Bett zurückgezogen, weil er sich elend fühlte. Wenn er im Hauptzimmer geblieben wäre, hätten entweder Jovance oder Fejelis ihn nach dem Vorfall zwischen ihm und den Hohen Meistern gefragt. Jovance war, welche Meinungsverschiedenheiten sie auch mit dem Tempel haben mochte, eine hochrangige Magierin, und Fejelis hatte ein scharfes Auge für Täuschung. Beide würden sehr bald erkennen, dass das, was er angeblich getan hatte, eigentlich unmöglich war.
Er war bereits erschöpft gewesen, als die Hohen Meister ihn gerufen hatten, ausgelaugt von der Trauer über Lukfers Tod und von der Aufhebung der tödlichen schattengeborenen Magie, die die Ruinen des Turms durchsetzt hatte. Er hatte die Vernehmung durch die Meister willkommen geheißen. Sie sollten dringend erfahren, was er wusste – bis ihm klar wurde, dass die Zerstörung des Turms zwar für ihn schrecklich, für die Meister jedoch weitaus schlimmer gewesen war. Lukfer hatte ihn gewarnt, der Erzmagier und die ältesten Hohen Meister – selbst Jahrhunderte alt – hätten die Erinnerungen von Magiern empfangen, die sich noch an die ersten Jahre nach dem Fluch erinnerten. Einzig die absolute Abhängigkeit der Erdgeborenen von den Lichtern, die Magier schufen, hatte sie damals vor dem Aussterben bewahrt.
Ich hätte Fejelis warnen sollen, dachte er. Ihm klarmachen sollen, wie die Experimente mit der Erzeugung von Licht aus Elektrizität ihrer Freunde aus dem Kunsthandwerk nicht nur den derzeitigen Wohlstand und Status des Tempels bedrohten, sondern auch Urängste im steinalten Bewusstsein der Hohen Magier heraufbeschworen.
Am Ende hatte er sich gegen sie gewehrt, und das hatte sein Schicksal entschieden. Er wusste noch immer nicht, wer Perrin geschickt hatte, um Fejelis vor dem Plan der Hohen Meister zu warnen, dass Tam seiner Magie und wahrscheinlich auch seines Verstandes beraubt werden sollte. Vielleicht wollte sie Fejelis wirklich nichts Böses, da sie nach der Erkenntnis, dass der Verrat in ihrem Namen geplant worden war, versucht hatte, ihn zu warnen. Aber da war es bereits zu spät gewesen. Man hatte Tams Körper und Magie gefesselt, sodass er zwar alles hören, aber nichts tun konnte. Er hatte gehört, wie Fejelis sich um Tams Leben stritt und den Hohen Meistern ins Gesicht sagte, von den Schattengeborenen und der Machtlosigkeit der Magier gegen schattengeborene Magie zu wissen, und um ein Bündnis
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