Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren
Taten, selbst für eine wie diese? ›Wenn Sie hätten spüren können, was Lukfer und ich im Turm gespürt haben … ‹
›Das haben wir‹, warf der Erzmagier ein, ›durch Sie.‹
›Aber Lukfer hat diese Magie beherrscht. Vielleicht … ‹, Valetta hielt inne, ›vielleicht war das Schattengeborene seine eigentliche Magieform.‹
Er spürte das Kalkül hinter diesem Gedanken. Trotzdem, Lukfer war ein Wildschlag und seine Macht immens gewesen, aber gefährlich unkontrolliert. Seit er als kleines Kind in die Obhut des Tempels gekommen war, war er das Mündel der Hohen Meister gewesen. Lukfer hatte Schmerzen benutzt – zumeist den Schmerz, in nur schwachem Licht zu leben – , um seine Energien durch den Heilungsaufwand zu schröpfen. Tam hatte angenommen, er habe seinen letzten Akt der Meisterung erreicht, weil er tödlich verletzt gewesen war. Er erinnerte sich jedoch, dass Lukfer schon zuvor Feuer gewirkt und einen verhexten Armbrustbolzen mühelos aufgehalten hatte, der Fejelis töten sollte. Wenn die Hohen Meister recht hatten, könnte die Ironie nicht grausamer sein.
›Falls diese Magie jungen Wildschlägen zu eigen ist, haben Sie das Potenzial, sie genauso zu meistern. Wir wissen, dass er Ihnen am Ende ein Geschenk gemacht hat.‹
Er hatte weder Zeit noch Lust, Lukfers Geschenk jetzt schon zu untersuchen. Es wurde von einem Meister an seinen Lieblingsschüler gegeben – ein Destillat seines wesentlichen magischen Wissens, das als ein Kern von Einblick und Erinnerungen auf magische Weise verliehen wurde. Ein kostbares und gefährliches Geschenk. Machte man es zu früh, konnte es den Schüler überwältigen und seinen Reifeprozess verzerren. Überreichte man es mit boshafter Absicht, wie der Schattengeborene bei Prinzessin Telmaine, konnte es Besessenheit hervorrufen. Sie sollte für Ishmael di Studiers ruhige Hand dankbar sein.
Zum richtigen Zeitpunkt konnte das Geschenk aber beschleunigen, dass der Magier seine vollen Fähigkeiten erkannte. Und er wusste, wie sehr sich Lukfer dies für ihn gewünscht hätte.
›Sie wissen, wie mächtig Sie sind, Tammorn. Wir haben gespürt, wie stark Sie sind.‹
›Nein!‹
›Würden Sie sein Geschenk vergeuden, Tammorn?‹
Wie lächerlich von ihr. Lukfers kostbares Geschenk hin oder her, die Hohen Meister hätten seine Magie allein für seine Dreistigkeit ausgebrannt, ihre Schwächen bloßgestellt zu haben.
›Das war doch lediglich Theater.‹
Was er gespürt hatte, als er mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden im Kreis der Hohen Meister gelegen hatte, war kein Theater gewesen. Und das sagte er ihnen auch.
›Tammorn, Sie haben den Vertrag gebrochen. Und ja, wir erinnern uns an all die Rechtfertigungen, die Sie vorbrachten, aber Sie haben nun einmal den Vertrag gebrochen. Sie haben eingegriffen, als Fejelis vergiftet worden war, obwohl es keinen Vertrag mit dem Palast gab.‹
›Fejelis lag im Sterben. Die Magier, die unter Vertrag mit dem Palast standen, hätten es vielleicht nicht mehr rechtzeitig geschafft.‹ Er hatte sich nie dafür entschuldigt und würde es auch nie tun, obwohl sie seine Magie danach für fünf Jahre gebannt hatten und entschlossen zu sein schienen, sie ihm bis in alle Ewigkeit vorzuhalten.
›Sie haben Kunsthandwerkern Unterschlupf gewährt und ermutigt, nachtgeborene Technologien zu übernehmen.‹
›Ihre Arbeit hat nichts mit Magie zu tun! Der Vertrag … ‹
›Es reicht‹ , sagte der Erzmagier. ›Tammorn, Sie werden es tun, ob Sie wollen oder nicht. Es ist unsere vielversprechendste Aussicht auf eine friedliche Lösung.‹
› Friedlich – ausgerechnet damit?‹ Er schleuderte ihnen seine Eindrücke von dem Strudel der Gewalt außerhalb des Eisenbahnhäuschens entgegen, von der korrumpierten Lebenskraft und Magie der Schattengeborenen.
›Der Vertrag, der vor siebenhundert Jahren geschlossen wurde, hat seinen Lauf genommen‹, erwiderte der Erzmagier. Jahrhunderte wisperten hinter seiner Stimme. ›Wir haben den Erdgeborenen Schaden zugefügt, das geben wir offen zu, und sie haben ihrerseits uns Schaden zugefügt. Es wird Zeit, dass wir die Gesellschaft von unseresgleichen suchen. Wir können den Schattengeborenen Wohlstand und Wissen anbieten, und sie können uns Land anbieten.‹
›Sie wollen, dass wir in die Schattenlande ziehen?‹
›Es gibt ältere, bessere Bezeichnungen dafür. Es wird Zeit, dass sie wieder benutzt werden. Das scheint mir eine vernünftige Lösung zu sein, nicht wahr?‹
Nicht für
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