Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
und fand sich in einem Flur wieder, der so breit und prächtig war wie jener im erzherzoglichen Palast, aber es gab eine Besonderheit: die Fensterläden waren geöffnet. Er versuchte, sich von den warmen Windstößen nicht beunruhigen zu lassen, und kämpfte kurz gegen den Drang an zu fragen, welche Nachtzeit – oder Tageszeit – herrschte, doch sein Stolz hinderte ihn daran. Lysander Hearne war nicht der Einzige, der den starken Mann spielen konnte.
    Ob es sich bei diesem Gebäude nun um eine schattengeborene Festung handelte oder nicht, es fühlte sich genauso an wie jeder andere große Haushalt. Wenn er an all die Gefahren dachte, die er mit einer Gefangennahme durch die Schattengeborenen in Verbindung gebracht hatte, dann hatte ganz gewiss nicht dazugehört, von einer atemberaubenden Hausmagd mit einem Stapel frisch gewaschener Handtücher beinahe umgerannt zu werden.
    Ariadnes Magie stieß eine Tür auf, und sie führten ihn in einen breiten Empfangsraum. Lysander sagte: »Ishmael di Studier, Herrin.«
    Sein Sonar fing eine Bewegung am anderen Ende des Raums auf. Ein stärkerer Peilruf zeigte ihm die Umrisse einer Frau auf einem Podest. Ihre schlichte Kleidung – knielange Robe und Hosen, die bei dieser Wärme angemessen schienen – zeigte sich seinem Ultraschall wesentlich freizügiger als die einer nachtgeborenen Frau. Seine erste, absurde Reaktion war Verärgerung über diese Unschicklichkeit. Er blieb stehen.
    Lysander Hearne tippte ihn am Ellbogen an. »Gehen Sie weiter.«
    »Nicht nötig«, kam die Frau seiner Antwort zuvor. »Vielen Dank, Lysander, Ariadne. Bitte, geht jetzt.«
    Lysander verbeugte sich und zog sich zurück, so leise, wie Ishmael selbst es getan hätte. Er hörte, wie eine Sandale über die Fliesen streifte, und peilte, wie die Frau von dem Podest hinabstieg. Sie war klein, und ihre geradlinige Figur stand entweder für ihre Kindlichkeit oder ihr hohes Alter. Ihr Haar war kurz, unordentlich und ein Gewirr enger Locken; ihr Mund großzügig, und ihre Nase – beinahe eine Stupsnase – stand in keinem Verhältnis dazu, ihre Wangenknochen waren wenig ausgeprägt und nichtssagend. Sie hatte ein gewöhnliches Gesicht mit einem gewinnenden Lächeln, sofern es überhaupt ihr wahres Gesicht darstellte. Genauso wenig mochte ihr scheinbares Alter ihr tatsächlich entsprechen.
    »Ishmael di Studier«, begrüßte sie ihn freundlich. »Ich habe mir schon seit sehr langer Zeit gewünscht, Sie kennenzulernen.«
    Er registrierte keine große Macht an ihr, aber gerade dieses Nichtvorhandensein war vielsagend. Er nahm Haltung an und hielt die Hände entspannt und offen an seiner Seite. »Sie müssen mir verzeihen, wenn ich zugebe, dass ich nicht den gleichen Wunsch verspürt habe.«
    »Offensichtlich«, erwiderte sie. »Ich habe selten jemanden erlebt, der Ariadnes Ruf so lange widerstanden hat.«
    »Dann wird es Ihnen helfen einzuschätzen, ob ich bereit zur Kooperation bin – falls es das ist, worauf Sie aus sind. Oder mich zu unterwerfen, falls Sie eher das von mir wollen.« Was immer ihm das auch nutzen mochte.
    »Kommen Sie her, und setzen Sie sich«, forderte sie ihn auf, »und lassen Sie uns reden.«
    Ein Vierteljahrhundert harte Arbeit hatte ihn gelehrt, seine Kräfte zu schonen. Er folgte ihr auf einen offenen, dicht bepflanzten Balkon und setzte sich auf den Stuhl, auf den sie deutete.
    »Haben sich meine Leute um Sie gekümmert?«, erkundigte sie sich.
    »Jawohl, so weit ich es zugelassen habe«, räumte er ein.
    Sie zog eine zarte Augenbraue hoch, stellte aber keine weiteren Fragen. Sie saßen schweigend da, und jeder wartete darauf, dass der andere das Wort ergriff.
    »Was wollen Sie von mir?«, fragte er schließlich. »Anscheinend haben Sie sich einige Mühe gemacht, mich in die Hände zu bekommen.«
    »Was glauben Sie denn, was ich von Ihnen will?«, gab sie abwartend zurück.
    Ishmael zuckte die Achseln. »Wir haben immer gedacht, dass jene, die dem Ruf folgten, in der Speisekammer oder im Magen von irgendjemandem enden würden.« Sie runzelte die Stirn, widersprach ihm jedoch nicht. »Aber da ich nun Hearne hier begegnet bin, kommt mir der Gedanke, dass Sie vielleicht noch eine andere Verwendung für Nachtgeborene haben. Aber ich werde Ihnen nicht freiwillig dienen, was immer Sie von mir wollen.«
    »Und wer, glauben Sie, bin ich?«, fragte sie.
    Er klopfte sich mit leicht geschlossener Hand auf den Unterleib und übermittelte einen Teil seiner Antwort: Eine Magierin und mächtig

Weitere Kostenlose Bücher