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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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fütterte, dann gab er ihm zum Abschied einen Klaps und führte Tam zu der Treppe, die im Inneren des Erdbaus nach oben führte. Tam konnte nicht anders, als sich noch einmal umzublicken und sich daran zu erinnern, was Fejelis und die anderen erzählt hatten, nachdem sie das Eisenbahnhäuschen und die Gleise gegen die Kreaturen verteidigt hatten. Er schätzte ab, wie viele sich davon noch gegen die Nachtgeborenen und die Erdgeborenen seines Volkes wenden mochten, dann schritt er besorgt zum Nest der fliegenden Schattengeborenen hinauf.
    Die Treppe war rau, uneben und wie der Torbogen aus Erde und Ziegelsteinen erbaut. Neill hielt das Licht neben ihm und wies ihm die Kante der Treppe, wofür Tam dankbar war. Er fragte sich, warum Neill sich von der großen Macht, über die er offensichtlich verfügte, nicht einfach nach oben tragen ließ. Aber vielleicht hatte Emeya auch diese magische Fähigkeit gebannt.
    Und dann setzte ein alles andere auslöschendes Gefühl schattengeborener Magie all seinen Mutmaßungen ein Ende, und einzig Neills schneller Griff bewahrte ihn davor, zu stolpern und möglicherweise zu stürzen. »Sie ist zurück«, bemerkte er überflüssigerweise. »Und sie will Sie sehen. Sofort.«
    Tam ließ sich die letzten Meter von Neill hinaufziehen und registrierte, wie sehr er ihn drängte. Doch als er sie zum ersten Mal oben an der Treppe sah, blieb er erschrocken stehen.
    Sie war ein Kind, ein hellhaariges Mädchen und nicht älter als dreizehn Jahre. Sie reichte ihm nur bis zur Brust, ihre Figur hatte gerade erst zu knospen begonnen, und ihr Kleid war ein schlichter blauer Kittel mit einem Muster aus Binsen und Libellen. Grasflecken waren über ihren Knien zu sehen, und um ihren lockigen Scheitel trug sie ein Diadem aus verwelkenden, purpurfarbenen Gänseblümchen. In Neills Licht wirkte ihre Haut durchsichtig wie die seines Sohnes, der Beatrices schönen Teint geerbt hatte. Beinahe hätte er glauben können, dass sie unschuldig und aus Versehen im Zentrum dieses Strudels aus Magie gefangen war, statt in ihm zu stehen, denn kein Kind konnte so viel Macht befehligen. Sie spähte unter durchscheinenden Wimpern zu ihm empor und lächelte schüchtern.
    Dann riss ihre Magie seinen Geist in Stücke.
    Er hatte nicht gemerkt, wie er auf die Knie und dann auf die Hände gefallen war, aber in dieser Position fand er sich wieder, als ihre Magie von ihm abließ. Hilflos und zitternd übergab er sich, bis sein Magen vollkommen entleert war. In den ein, zwei, drei oder wie vielen unendlichen Minuten auch immer hatte sie seinen Geist geplündert, ihm seine Vergangenheit, sein Wissen über den Tempel sowie über die Magie und sogar Lukfers letztes Geschenk entrissen, wovor die Hohen Meister zurückgeschreckt waren . In einem Wirbel von Gesichtern, Orten, Gefühlen und Erfahrungen hatte sie sein Leben aus ihm herausgesogen: Seine ärmliche Kindheit, seine verfahrene Jugend, Artarians Tod, seine Wanderjahre, seine Rettung durch Darien Weiße Hand, seine Begegnung mit Lukfer, die Rettung Fejelis’ und die Strafe dafür, wie er sich in Beatrice verliebt hatte, wie er in Fejelis einen Freund fand, die Geburten seiner Kinder, Isidores Tod, Lukfers Tod und das Gemetzel im Tempel, wie er Fejelis erneut rettete, die Befehle und Wünsche der Hohen Meister, seine Hoffnungen, Wissen und Erinnerungen – alles hatte sie ihm genommen.
    Er spürte, wie Neills Hände leicht auf seiner Stirn und seinem Hinterkopf ruhten, aber er fühlte die Berührung seiner Magie kaum, nur dass sein Magen endlich aufhörte, sich selbst auszuwringen. Der schattengeborene Magier schob ihm die Arme unter die Achselhöhlen und hievte ihn zuerst auf die Knie, dann auf die Füße.
    »Ich habe Sie gewarnt«, stieß er durch zusammengebissene Zähne hervor. Er war um seinetwillen wütend, begriff Tam. Der schattengeborene Magier legte sich Tams Arm über die Schultern und führte ihn an der Krümmung des Erdbaus entlang. Sie befanden sich auf einer inneren Treppenflucht mit einem weiteren Stockwerk über ihnen, dort spürte er die Gegenwart fliegender Schattengeborener.
    Eine weitere Erdmauer ragte vor ihnen auf, in die ein kleinerer Türbogen eingelassen war, den ein Behang verdeckte. Mit einem Schnippen seiner Hand ließ Neill den Vorhang beiseite gleiten, damit sie hindurchgehen konnten. Im Inneren entzündete er mit einer weiteren Geste mehrere in die Wände gerammte Leuchtstäbe. Er drückte Tam in einen Sessel. Der Sessel, das Bett, der Tisch –

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