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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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alles war mit einer Detailliertheit geschnitzt, die jeder Nachtgeborene begehrt hätte, obgleich das Holz dunkel, glatt, rosig braun und auf Hochglanz poliert war. Bis auf die beunruhigende Lichtundurchlässigkeit und die Fähigkeit, dichte Schatten zu werfen, hätten die Möbel ein Schlafzimmer im Haus eines Gildemeisters zieren können. »Ich weigere mich, im Dreck zu schlafen«, sagte Neill, der sein Interesse bemerkte.
    In einem geschnitzten Korb in der Ecke regte sich ein rehbraunes Fell. Eine kleine Wildkatze fauchte Tam von dort an, wo sie um ihre Jungen geschmiegt lag. »Wo ist deine Schwester?«, fragte Neill sie, und ein Faden Magie schlängelte sich durch den Raum und lockte eine zweite Wildkatze unter dem Bett hervor. Jahrzehntelange Gewohnheit trieb Tam dazu, den Preis für die Felle zu berechnen. Neill ließ sich auf dem Boden nieder, den eine Reisematte im südlichen Stil bedeckte, und erlaubte der Katze, sich auf seinem Schoß zu lümmeln. Ihre Flanke wölbte sich unter ihrem ungeborenen Wurf. »Ich sollte dich besser zurückschicken, nicht wahr?«, sagte der Magier zu ihr. »Es gibt hier zu vieles, was große Zähne hat. Ich werde es tun, sobald sie mich lässt.«
    Er blickte zu Tam auf, in diesem Licht erschienen seine Augen dunkelblau. »Das war kein besonders schönes Willkommen für den Gesandten des Tempels.«
    »Warum?«, fragte Tam heiser.
    »Emeya? Ich? Sie? Die Welt? Das Leben?«
    »Sie hätte fragen können.«
    »Die einfachste Antwort darauf lautet: Weil sie es kann, und nun wissen Sie und Ihr Tempel, dass dem so ist.« Er schüttelte den Kopf. »Sie hätten die Sache mir überlassen sollen.«
    »Sie sind zwar stärker als ich«, erwiderte Tam unumwunden, »aber nicht so stark.«
    Neills Mundwinkel kräuselten sich. »Und wie, wenn ich fragen darf, haben Sie dann so lange im Tempel überlebt?« Er begegnete Tams verblüfftem Blick mit hochgezogenen Augenbrauen. »Dachten Sie, wir hätten unseren Feind nicht studiert?«
    »Wir haben Ihre Magie dort nicht gespürt.«
    »Wir haben auch nicht gerade ein Feuerwerk gezündet. Wir wussten, dass die Nachtgeborenen Schattengeborene spüren konnten, wenn uns auch nicht bewusst war, dass das auch für lichtgeborene Wildschläge gilt. Wir haben uns auf geringere Magie beschränkt: Gestaltwandlung, wo es unumgänglich war«, das nannte er geringere Magie? , dachte Tam, »Verhexungen des Geistes«, wie bei Floria , »und etwas talismanische Magie.«
    »Und was«, räusperte er sich, »ist mit der Munition, die den Turm zerstört hat?«
    »Darum haben wir uns in der Fabrik außerhalb der Stadt gekümmert. In Ordnung«, sagte er zu der Wildkatze, die seine streichelnde Hand ins Maul genommen hatte, wobei ihre Zähne seine Haut nicht durchstachen. »Ich lass dich ja schon in Ruhe.« Sie hievte sich von seinem Schoß und zwängte sich wieder in ihre Zuflucht unter dem Bett.
    »Wer ist Emeya? Wie ist sie geworden … wie sie ist? Woher stammt ihre Macht?«
    Zuerst schien es, als habe Neill die Fragen nicht gehört, dessen Blick der Wildkatze folgte. Er ließ sie ziehen, erhob sich und nahm in dem zweiten Sessel Platz. »Wie viel wissen Sie über den Ursprung des Fluches?«
    »Er wurde von der Magierin Imogene und ihren Anhängern aus Rache gewirkt, weil ihre Tochter in einem Krieg zwischen Magiern starb«, antwortete Tam prompt.
    »Und warum ist der Fluch nicht mit ihnen gestorben?«
    Unter Magiestudenten ein Gegenstand endloser Spekulationen, denen Tam auswich, so, wie er mit den meisten Spekulationen verfuhr. Er war ein Bauer, und es war, wie es war. Magie wurde von der Lebenskraft und dem Willen eines Magiers gestützt, und wenn beides erlöschte, verlosch auch die Magie. Der Fluch bildete die einzige Ausnahme. Das stand fest, darüber zu spekulieren, war müßig.
    Dann kam ihm plötzlich ein schrecklicher Gedanke. »Sind alle Magier gestorben, die den Fluch gewirkt haben?«
    »Die Frage liegt auf der Hand, und die Antwort lautet: Ja. Alle sind gestorben und noch viele mehr. Wenn Sie Emeya für ein Ungeheuer halten, hätten Sie Imogene kennenlernen sollen … Bewahren Sie Geduld«, erwiderte er, als Tam sich aufrichtete. »Ich werde auf Ihre Frage zu sprechen kommen. Aber zuerst einmal muss ich Ihnen von Imogene erzählen. Sie war ein unvergleichliches Ungeheuer. Sie hatte sich jahrelang, sogar jahrhundertelang, auf die Verhexung des Willens spezialisiert, und jeder, der in ihre Reichweite kam, wurde entweder verhext oder vertrieben, mit Ausnahme ihrer

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