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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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ein, »in diesen Gewässern zu segeln, und dabei auf die Kenntnis der Region, auf die Fähigkeit, Geschwindigkeit und Richtung der Fahrt abzuschätzen, und auf das Läuten der Glocken zu vertrauen. Manchmal kann ein Mann froh sein, wenn sein Magen ihn beschäftigt und davon abhält, allzu viel an die Felsen und Untiefen zu denken.«
    »Und was«, fragte Lavender, »würden Sie über einen Mann sagen, der auf dem Meer auf Schattenjagd geht?«
    »Ich bin mir vollauf im Klaren darüber«, gab Ferdenzil Mycene kalt zurück, »dass di Studier hier in den Grenzlanden im Rang eines Volkshelden steht. Aber ich habe einen Haftbefehl für ihn wegen der Ermordung meiner Verlobten Tercelle Amberley, daher werden Sie mir wohl vergeben, wenn ich Ihre Bewunderung nicht teile.«
    »Fürst Mycene«, hob Lavender zu sprechen an, »Baron Strumheller ist mehr als nur ein Volksheld. Er hat die Baronien organisiert, damit die seit Generationen existierende Geißel daran gehindert wird, unsere Städte und Dörfer zu plündern. Währenddessen haben all Ihre feinen Herzöge und Fürsten aus dem Norden uns nichts anderes als Misstrauen und Argwohn entgegengebracht und gedroht, uns als Rebellen zu unterdrücken, falls wir die Streitmacht aufstellten, die wir für unsere Verteidigung brauchten.«
    »Lavender«, mahnte Ishmael, »der Haftbefehl gegen mich wurde vom Erzherzog unterzeichnet, und das Gesetz des Landes steht hinter ihm. Genau wie beim herzoglichen Befehl, der es den Grenzlanden ermöglicht, Truppen auszuheben.«
    »Ja«, sagte die Baronesse verbittert, »jetzt, da die Schattengeborenen in der Stadt sind.« Sie stand auf. »Vater, Fürst Mycene, entschuldigen Sie mich bitte. Wenn ich bleibe, werde ich noch etwas sagen, das ich bedauern werde, wenn auch nicht annähernd so sehr, wie ich sollte.« Sie verließ den Raum, und ihre langen Schritte ließen ihre Röcke hin und her schwingen.
    Auf dem Weg zurück in die Suite, die Ishmael sich mit Balthasar teilte, führte er den Bericht der Zwillinge fort. Wie ihrem Vater versprochen, hatte er sein Möglichstes getan, ihnen weniger riskante Pflichten zuzuweisen wie beispielsweise die Eskorte von hochgeborenen Besuchern auf den Straßen der inneren Grenzlande. Zur einzigen Begegnung mit einem Schattengeborenen war es während einer verbotenen Spritztour ins Hochland gekommen, als sich Ishmael weit unten im Landesinneren befunden und geholfen hatte, die Truppe und Reserve von Odons Grabhügel zu organisieren.
    »Ich war noch nie so kurz davor gewesen, an Ort und Stelle in Ohnmacht zu fallen wie an jenem Tag, als ich diesen Brief las«, gestand er. »Glücklicherweise konnte ich es ihrem Vater überlassen, ihnen den Kopf zu waschen.« Der, wie Laurel ihm versichert hatte, seine Sache großartig gemacht und ihnen eine Standpauke gehalten hatte, die Ishmaels durchaus würdig gewesen wäre. »Laurels Schüsse haben den Schattengeborenen niedergestreckt. Lavender ist auf die Entfernung die bessere Schützin, aber Laurel hat den kühleren Kopf.«
    Sobald sie die Tür der Suite geschlossen hatten, fügte er in nüchternerem Ton hinzu: »Den Damen bereitet es Vergnügen, die Geschichte so zu erzählen, als seien die Truppen ein Abenteuer. Den Rest habe ich erst Monate später erfahren. In dem Jahr, bevor mein Vater starb, und ich mich noch immer als Schattenjäger verdient machte, hatte mich eine Dame in einem kleinen Herrenhaus an der Grenze zwischen Stranhorne und Strumheller engagiert. Ihr fünfzehnjähriger Sohn, Herr des Anwesens, war unterwegs verschwunden. Wir suchten fast vier Wochen in den Schattenlanden nach ihm, fanden aber keine Spur. Der Junge und Lavender hatten einander von Kindesbeinen an gekannt und waren wild entschlossen, sich zu vermählen, sobald sie volljährig waren.«
    »Und die jungen Damen haben es Ihnen nicht erzählt.«
    »Nein. Ich habe es von ihrem Vater erfahren.«

2
    Ishmael
    Bereits die zweite Nacht in Folge wurde Ishmael von dem Geräusch tropfenden und fließenden Wassers geweckt. Aber diesmal kamen die Töne von hoch über ihm und nicht vom Regen, der auf einen über ihn gespannten Lichtschutz trommelte. Er konnte kein Vogelgezwitscher hören, sondern nur die Geräusche eines hellwachen Herrenhauses. Er hatte verschlafen. Gerade als er sich aufsetzen wollte, wurde ihm abrupt die Anwesenheit einer anderen Person bewusst. Er griff nach einem Revolver, den er nicht fand, weil Mycene ihm alle Waffen abgenommen hatte. Aber dann erfasste sein Sonar die Gestalt eines

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