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Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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könnte Sie nicht dazu verleiten, irgendetwas zu tun, das Sie vielleicht nicht zu tun wünschen.« Er hielt inne. »Wenn Sie wünschen, dürfen Sie mich berühren und meine Gedanken lesen, um sich von dem Wahrheitsgehalt meiner Worte zu überzeugen.«
    Ishmael rührte sich nicht. Es bildete ein großzügiges Angebot, wenn man bedachte, dass Balthasars glückliche Ehe durch Ishmaels Gegenwart ebenso wie durch Telmaines Eingeständnis ihrer magischen Kräfte, für das er die Verantwortung trug, getrübt worden war. Ishmael und Telmaine hatten sich zu keiner Zeit unschicklich benommen, aber es verband sie eine warme, auf Gegenseitigkeit beruhende Zuneigung. »Ich habe viele Wünsche, aber ich sollte ihnen besser nicht nachgeben«, erwiderte Ishmael wahrheitsgemäß.
    »Ich kenne niemanden, bei dem es nicht so wäre. Aber ich spreche nicht von Impulsen, obwohl Hypnose sehr nützlich sein kann, um selbst ziemlich zwingende Impulse zu dämpfen. Dürfte ich versuchen, Sie zu hypnotisieren, Baron? Es könnte sein, dass ich Ihre Widerstandsfähigkeit gegen den Ruf verstärken kann.«
    »Einverstanden«, sagte Ishmael. »Versuchen Sie es.«
    Aber wie schon vor Jahren hatten ihn seine überscharfen Sinne und sein aufmerksames, weltgewandtes Bewusstsein bei dem Versuch behindert, die größtmögliche Stärke aus seiner Magie herauszupressen. Das war das Resultat seines jahrelangen Vagabundentums und der Schattenjagd. Er wusste, dass dort draußen Gefahr drohte und sich jemand darum kümmern musste. Jede Stimme oder jedes Schließen einer Tür, vertraut oder unvertraut, riss ihn aus seiner Trance.
    »Lassen Sie es gut sein«, sagte er schließlich. Er beugte sich vor und massierte sich die Schläfen, um drohenden Kopfschmerzen vorzubeugen. Balthasar saß schweigend da, seine Miene eine professionelle Maske.
    »Ich hätte Ihnen vielleicht sagen sollen, dass ich mich auch bei den Übungen, die die Magier benutzen, um ihre geistige Disziplin zu wahren, nicht besonders hervorgetan habe. Der Magier, der mich als Schüler bei sich aufnahm, als ich nicht mehr bei den Broomes bleiben konnte, hatte die Idee, meine Wachsamkeit zu überwältigen. Er schickte mich zum Fischmarkt, wenn die Boote einliefen.« Balthasars Grimasse besagte, dass auch er schon mal zu diesem Zeitpunkt den Fischmarkt besucht hatte – wahrscheinlich als junger Student mit geringen finanziellen Mitteln, auf der Suche nach billigem, frischem Fisch. Ishmael grinste. »Es schien zu funktionieren, Hearne. Also ist vielleicht … «
    Telmaines stummer Schrei und das Brennen der Magie in seinem Bewusstsein trafen ihn vollkommen unvorbereitet. Er spürte, wie sein Körper unter dem Schock in Krämpfe verfiel. Als der Nachhall seine Nerven elektrisierte, verlor er jedes Gefühl für sich selbst. Kaum war es vorüber, verfiel er in einen Zustand verzweifelter Ungewissheit. Er forderte eine stumme Stimme auf zu sprechen und sehnte sich nach einem Wispern oder einem Hauch von Lebenskraft, die ihm verraten würden, ob sie gesiegt hatte, ob dies ein Aufschrei tödlicher Verletzung oder ein Schlachtruf gewesen war. Er konnte es nicht ertragen. Er musste … Er durfte nicht versuchen …
    Der erdrückende Schmerz in seiner Brust ließ ihn beinahe das Bewusstsein verlieren. Er schwitzte, zitterte und befürchtete, laut gestöhnt zu haben. Seine Zähne hatte er so fest aufeinandergebissen, dass sich seine Kiefermuskeln verkrampften, und ihm war kalt und übel. Balthasar ertastete seinen Puls und untersuchte sein unregelmäßig schlagendes Herz. Durch die Berührung spürte er, wie der Arzt diesen zweiten Vorfall gleicher Art wiedererkannte und deshalb besorgt reagierte. Benommen hob er den Kopf und stellte fest, dass er sich halb auf den Sessel stützte und halb darüber hing. »Verfluchte Gewohnheiten«, brachte er heraus, dann ließ er, um einen klaren Gedanken bemüht, den Kopf in den Nacken fallen.
    Er hatte Schattengeborene gespürt, die für ihn unverkennbar waren. Grundgütige Imogene, hatte ein anderer Schattengeborener Telmaine aufgespürt? Sie wussten, dass es mindestens zwei in der Stadt gab. Wenn ja, war Vladimer bei ihr gewesen? Nach dem zu urteilen, was sie von ihrer Begegnung mit dem ersten Schattengeborenen erzählt hatte, besaß sie die beste – und vielleicht sogar einzige – Chance zu überleben mit jemandem an ihrer Seite, der eine sichere Hand und einen geladenen Revolver hatte. Und Vladimer war auf kurze Distanz genauso gut wie Ishmael. Aber in diesem Brennen

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