Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren
Telmaine. Aber da er mit ihnen zu tun hatte, könnte man ihm unterstellen, die Munition verhext zu haben, die den Turm zerstört hat.«
Er konnte nicht an sich halten, sie klang so verängstigt und verloren. Er hob seine versengte Jacke und legte sie ihr um die Schultern. Mit einem Seufzer lehnte sie sich an ihn, und er bettete seine Wange vorsichtig auf ihrem Haar. »Es tut mir leid«, flüsterte er. »Es tut mir leid, dass du deine eigenen Leute ebenso fürchten musst wie die Schattengeborenen.«
Sie löste sich von ihm und rümpfte die Nase. »Uh, Bal, diese Verhexung ist ekelhaft.«
Mit zwölf Jahren hatte sie ihn einmal genauso angesehen, als er zornig zu ihr gelaufen war, nachdem Lysander ihn in einen Schweinestall gestoßen hatte. Obwohl sich seine Gesichtsmuskeln bleischwer anfühlten, lächelte er bei der Erinnerung.
Sie hörten, wie die Saaltür aufgerissen wurde, und nur einen Moment später stolperte eine Gruppe von Mycenes Wachleuten heraus, gefolgt von Sejanus Plantageter. Balthasar war aufgesprungen und hatte sich zwischen sie und Sebastien gestellt, bevor er überhaupt bemerkte, dass er sich bewegt hatte.
Die Herzöge Imbré und Rohan folgten dem Erzherzog gemeinsam, wobei Rohan dem Älteren einen Arm als Stütze lieh. Ihnen folgte ein junger Mann, der angesichts seiner Ähnlichkeit mit Xavier Stranhorne Maxim di Gautier sein musste. Neben ihm ging ein stämmiger, älterer Mann, der einen jungen Baron mit sanften Berührungen in die richtige Richtung lotste und einen provozierenden Peilruf nach Balthasar und Olivede aussandte. In einer Hand hielt er herausfordernd einen Stab. Herzog Kalamay folgte ihnen, dabei spielten seine Finger mit einem Amulett, von dem Balthasar wusste, dass es als Schild gegen Magie an die Anhänger des Einzigen Gottes verteilt wurde. Hinter Kalamay ging dessen Erbe, den Balthasar als einen klugen Mann mit einer heimtückischen Scharfsinnigkeit kannte. Aufgrund seines beträchtlichen theologischen Wissens bereitete es dem Mann ein großes Vergnügen, die Trugschlüsse des Glaubens und des Skeptizismus gleichermaßen zu demontieren. Er stolperte über die Türschwelle, hielt sich an einer der Bänke fest und ordnete sein vor Schreck erschlafftes Gesicht wieder. »Du hast gesagt, es stecke nichts dahinter – rein gar nichts«, bemerkte er zu seinem Vater, der ihm den Rücken zuwandte.
Imbré legte eine Hand wie eine knorrige Wurzel auf die Schulter des Erzherzogs. »Nun, Sejanus, jetzt wissen wir Bescheid.«
»Wir können ihnen natürlich nicht nachgeben«, erklärte ein untersetzter Mann mit dem Akzent der Grenzlande und legte dem Erzherzog damit seinen Standpunkt dar.
»Wir werden nicht mit Magiern verhandeln«, stellte Kalamay fest.
Der Erzherzog ignorierte ihn. »Fürst di Gruner, mir geht es genauso gegen den Strich wie Ihnen, ihren Forderungen nachzugeben, aber ich kann die Tatsache nicht außer Acht lassen, dass sie uns mit ihren Lichtern nach Belieben Tag und Nacht in unseren Häusern gefangen halten können. Ich bezweifle, dass ein Großteil der Haushalte für mehr als zwei Wochen Vorräte besitzt, und die Ärmsten werden noch weniger haben. Ganz zu schweigen von dem Chaos, das dies für die Wirtschaft und den Handel bedeutet.«
»Ist ihre Regierung«, ergriff Maxim di Gautier zögerlich das Wort, »überhaupt legitim? Ist diese Prinzessin die rechtmäßige Herrscherin, oder liegt die Amtsgewalt nicht immer noch ordnungsgemäß bei Fejelis?«
»Wir wissen nicht einmal, wo er sich aufhält«, warf Rohan ein.
»Ich hatte den Eindruck«, erwiderte der Erzherzog, »dass die Lichtgeborenen es selbst nicht wissen.« Er begann, auf und ab zu gehen. »Ich hätte mich nicht davon aus der Bahn werfen lassen sollen, dass sie eine Frau eingesetzt haben. Ich denke, selbst Vladimer hat kein Dossier mehr über Perrin geführt, seit sie aus der Thronfolge ausgeschieden ist. Ich dachte, falls Fejelis abgesetzt wird, würde Orlanjis ihm nachfolgen. Und mit ihm wahrscheinlich seine Mutter – ganz die Enkeltochter Odons. Ich frage mich, ob es ihre Idee war, Fejelis absetzen zu lassen.«
»Unser Volk wird sich das nicht gefallen lassen.«
»Das wird es in der Tat nicht, und ich frage mich, ob ihres es tun wird. Oh, es gibt eine Tendenz gegen die Nachtgeborenen – die Aufstände und der Vandalismus verdeutlichen dies – , aber es gibt Sektoren der Wirtschaft und Teile der Stadt, die ihren Wohlstand dem Handel mit uns verdanken.« Er hielt inne, und seine Miene verriet
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