Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren

Titel: Schattengeboren - Sinclair, A: Schattengeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
Vom Netzwerk:
Leichentuch lag. Trotzdem verunreinigte der Gestank seines Todes die Luft. »Er wollte so gern leben. Er hat sich nach Leibeskräften gegen den Tod gewehrt. Wie hätte ich da weniger geben können?« Ihr Lächeln verzerrte sich zu einer seltsamen Mischung aus Mitgefühl und Widerwillen. »Für ihn war das einzig Gotteslästerliche an der Magie, dass er selbst keine besaß. Er mochte Macht.«
    »Sei vorsichtig«, hauchte Balthasar. »Wenn Kalamay … «
    »Mycene, Kalamay und die Schattengeborenen haben zusammen Dutzende lichtgeborene Magier ermordet«, sagte Olivede, als habe sie ihn nicht gehört. Noch immer blickte sie auf den Leichnam des Herzogs. »Aber dieser Tod war pervers.« Sie peilte ihn. »Balthasar, dir droht von Kalamay genauso viel Gefahr wie mir. Du kannst diesen Jungen nicht beschützen.«
    »Ich muss es tun«, entgegnete er, legte das ganze bedeutungsschwere Gewicht in diese vier Worte und flehte, sie möge ihn verstehen.
    Mit einer Hand schirmte sie ihr Gesicht ab und verweigerte ihm die Chance, ihre Miene zu peilen. »Die Lichtgeborenen hindern mich daran, mit irgendjemandem Kontakt aufzunehmen, aber ich glaube ohnehin nicht, dass Magister Kieldar bis zum Beginn der Sperrstunde hier sein könnte.« Selbst hier drinnen konnten sie die Warnglocke hören. »Phineas braucht mehr Hilfe, als ich für ihn tun kann, und Phoebe muss völlig außer sich sein. Ich habe ihr nicht geantwortet, weil ich es nicht erklären wollte.« Sie seufzte und setzte sich neben ihn. Ihre abgetragenen Röcke falteten sich fast lautlos zusammen – im Gegensatz zu den gestärkten, parfümierten und raschelnden von Telmaine – , dann legte sie einen Arm um ihn. »Mein armer kleiner Bruder«, murmelte sie, »du hast einen schrecklichen Verlust erlitten. Ich kann mir nicht vorstellen, was du durchgemacht hast. Aber du musst an deine Töchter denken. Vergiss einfach nicht … «
    Sie hob die Hand, als wolle sie seinen Kopf an ihre Schulter ziehen. Er peilte die nackte Haut, dachte an seine Verhexung und entzog sich ihrer Umarmung. Und dann begriff er, was sie vorgehabt hatte: Sie wollte den letzten Rest ihrer Magie dazu benutzen, um ihn bewusstlos zu machen. »Ich bin nicht halb wahnsinnig vor Trauer«, sagte Balthasar wütend, »zumindest nicht so sehr, als dass ich nicht mehr klar denken könnte.«
    »Balthasar«, erwiderte sie. »Bitte, lass mich.«
    Aus dem Hauptkonferenzsaal scholl eine Stimme: »Nun hören Sie mir doch zu!« Balthasar kannte den Erzherzog in erster Linie nur als Zuschauer eines größeren Publikums, wenn Sejanus seine meisterhaften öffentlichen Auftritte darbot. Weder hatte er den altgedienten Staatsmann jemals im Zorn seine Stimme heben, noch ihn jemals schreien hören. Er machte einen Schritt auf die Tür zu.
    »Du kannst mit deiner Verhexung nicht dort hineingehen! Falls jemand von ihnen sie spüren kann … «
    Es lag echte Angst in ihrer Stimme, aber er missachtete sie, weil er immer noch wütend auf sie war. »Ich weiß mehr über die Schattengeborenen als irgendjemand sonst hier. Ich bin es gewohnt, mit Lichtgeborenen zu verhandeln – ich habe sechs Amtszeiten im Rat gedient, Olivede! Und wenn es irgendjemanden gibt, der meine Verhexung spüren kann, dann wäre es der Beweis, dass … «
    »Dass die Nachtgeborenen noch mehr in diese Angelegenheit verwickelt sind. Tu es nicht, Balthasar. Mindestens ein Hoher Meister hält sich im Gebäude auf, ich kann seine Macht spüren. Es ist wichtig – lebensnotwendig – , dass dies wie eine Angelegenheit zwischen Erdgeborenen behandelt wird. Wenn die lichtgeborenen Magier beschließen, dass wir etwas damit zu tun hatten, werden sie uns wie Küchenschaben zerquetschen. Phineas … «
    »Wenn sie es als eine Angelegenheit unter Erdgeborenen erachten würden, hätten sie dann einen Hohen Meister in ihrer Begleitung?«
    »Die Befehle des Erzherzogs lauteten, dass niemand von Ihnen den Raum verlassen darf«, bemerkte einer der Wachen höflich von seinem Posten neben der Tür. Aus Rücksicht auf seine Verletzungen – sein Gesicht war mit einem von einem Wimpel abgerissenen Stück Stoff verbunden – durfte er seine Stellung im Sitzen halten. Aber wenn seine Hand nicht vollkommen ruhig auf seinem Revolver lag, dann geschah es mit Absicht. Mutige Männer, dachte Balthasar, die wissen, was sie hier bewachen.
    Olivede schlang die Arme um ihren Oberkörper. »Phineas ging zu den Herzögen Kalamay und Mycene, um sie vor Vladimers Magierin zu warnen – vor deiner

Weitere Kostenlose Bücher