Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten
mehr noch, als ich erzählen kann.«
Alec ritt schweigend neben ihm, die Gedanken an Seregils Worte überwältigten ihn.
»Du sagtest, du könntest dir nichts anderes vorstellen, als das zu sein, was du gewesen bist«, fuhr Seregil fort. »Ich aber sage, du hattest nur noch keine Gelegenheit, es zu versuchen. Ich biete dir diese Gelegenheit. Reite mit mir südwärts, nachdem wir in Wolde waren. Es erstreckt sich eine weite Welt hinter euren Wäldern.«
»Aber das mit dem Stehlen …«
Seregils schiefes Lächeln wirkte keineswegs reumütig. »Oh, ich gebe zu, daß ich schon den einen oder anderen um seine Börse erleichtert habe, und manches, was ich tue, kann man wohl stehlen nennen, aber versuche dir die Herausforderung vorzustellen, unglaublich schwere Hindernisse zu überwinden, um einem edlen Zweck zu dienen. Denk an Reisen in Länder, in denen im hellen Tageslicht Legenden auf den Straßen wandeln. Und selbst die Farbe des Meeres ist mit nichts vergleichbar, was du je gesehen hast! Ich frage dich erneut, willst du dein Leben lang Alec von Kerry bleiben, oder möchtest du erfahren, was hinter den Wäldern liegt?«
»Aber ist das denn ein ehrliches Leben?« beharrte Alec weiter und klammerte sich an diese letzte Zuflucht.
»Die meisten meiner Auftraggeber sind große Lords oder andere Edle.«
»Das klingt nach sehr gefährlicher Arbeit«, meinte Alec, als er bemerkte, daß Seregil erneut geschickt einer direkten Antwort ausgewichen war.
»Aber darin liegt doch die Würze«, rief Seregil aus. »Und diese Arbeit kann dich reich machen.«
»Oder dir die Schlinge um den Hals legen?«
Seregil kicherte. »Wie du meinst.«
Alec kaute abwesend an seinem Daumennagel, seinem Gesicht war anzumerken, daß er nachdachte. »Nun gut«, meinte er schließlich. »Ich würde mit dir kommen, aber zunächst möchte ich, daß du mir einige direkte Antworten gibst.«
»Das ist zwar gegen mein Naturell, aber ich werde es versuchen.«
»In diesem Krieg, von dem du sprachst, auf welcher Seite stehst du?«
Seregil ließ ein langes Seufzen vernehmen. »Du hast wohl ein Recht darauf, das zu erfahren. Meine Sympathie gilt Skala, aber deiner und meiner Sicherheit zuliebe werde ich darüber nun keine weiteren Worte mehr verlieren.«
Alec schüttelte den Kopf. »Die Drei Länder sind so weit entfernt. Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, daß ihr Krieg uns hier betreffen könnte.«
»Menschen sind bereit, eine Menge zu tun für Land und Gold, und im Süden ist nicht mehr viel zu holen, vor allem nicht in Plenimar.«
»Und du willst das aufhalten?«
»Wohl kaum«, meinte Seregil trocken. »Aber ich bin vielleicht jenen eine Hilfe, die das vermögen. Noch etwas?«
»Wohin werden wir gehen, nachdem wir in Wolde waren?«
»Nun, mein Ziel ist, nach Hause zurückzukehren, nach Rhíminee, zunächst allerdings …«
»Was?« Alecs Augen wurden groß. »Willst du damit sagen, daß du dort lebst? In der Stadt der Magier?«
»Nun, was sagst du?«
Ein kleiner Zweifel nagte noch an Alec. Er blickte Seregil in die Augen und fragte: »Warum?«
Verwundert hob Seregil eine Braue. »Warum was?«
»Du kennst mich kaum. Warum willst du, daß ich mit dir komme?«
»Wer weiß? Vielleicht erinnerst du mich ein wenig an …«
»… jemanden, den du kanntest?« warf Alec ein.
»Jemand, der einst lebte.« Wieder strahlte sein schiefes Lächeln, als er seinen rechten Handschuh abzog und Alec die Hand reichte. »Schlag ein.«
»Nun gut.« Alec bemerkte erstaunt ein kurzes Aufflammen von Erleichterung im Gesicht seines Gefährten, als sie sich die Hände drückten. Es war wie fortgewischt, als Seregil sich rasch neuen Plänen zuwandte.
»Es gibt noch einige Punkte klären, ehe wir in die Stadt kommen. Wie gut bekannt bist du in Wolde?«
»Mein Vater und ich wohnten stets im Händlerviertel«, erwiderte Alec. »Meistens hatten wir ein Zimmer im Grünen Zweig. Außer dem Wirt werden die meisten Leute, die uns kennen, um diese Jahreszeit nicht dort sein.«
»Wir sollten trotzdem nichts dem Zufall überlassen. Wir brauchen einen Grund für dich, mit Aren Windover zu reisen. Ich stelle dir nun eine Aufgabe. Nenne mir drei Gründe, warum Alec der Jäger in Gesellschaft eines Barden reisen würde.«
»Nun, ich denke, ich könnte erzählen, wie du mich gerettet hast und …«
»Nein, nein, das geht nicht!« unterbrach Seregil. »Zunächst möchte ich nicht, daß man erfährt, daß ich – oder besser Aren – sich in Asengais Nähe aufgehalten
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