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Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten

Titel: Schattengilde 01 - Das Licht in den Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Flewelling
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Blick erkannte anhand der blassen Haut und des verkniffenen Blicks einen Mann, der sein Leben in einem Raum voller Bücher verbrachte, zu dem das Sonnenlicht keinen Zugang hatte.
    Seregil spielte etwa eine Stunde, bis er den Zeitpunkt für gekommen hielt. Er beendete ein Lied und machte sich daran, seine Harfe zu stimmen, dabei riß eine Saite. Nach einem heftigen, geflüsterten Austausch mit Alec erhob sich Seregil und verbeugte sich vor dem Bürgermeister.
    »Mein verehrter Gastgeber«, begann er, offenbar kaum in der Lage, seine Verärgerung zu verbergen, während Alec sein Bestes tat, betreten dreinzusehen. »Es hat den Anschein, daß mein Schüler übersehen hat, Ersatzsaiten für die Harfe mitzunehmen. Mit Eurer freundlichen Erlaubnis werde ich den Jungen beauftragen, das Versäumte nachzuholen.«
    Beseelt vom Wein tat der Bürgermeister sein Einverständnis kund, und Alec verließ eilends den Raum.
    Seregil verbeugte sich erneut. »Darf ich Euch ein weiteres Mal um Nachsicht bitten, ich würde die Gelegenheit gerne nützen und meine Kehle an der frischen Nachtluft kühlen.«
    »Aber ja, Meister Windover, denn so rasch werden wir Euch nicht ziehen lassen. Euer Gesang paßt gut zum Wein.«
    Draußen angelangt, streckte er sich demonstrativ und sog tief die kühle Nachtluft ein. Als er einen plenimaranischen Wachmann entdeckte, fragte er diesen, wo er einem menschlichen Bedürfnis nachgehen könne, und der zeigte ihm den Weg zur Rückseite des Hauses. Als er um die Ecke gebogen war, drückte er sich in den Schatten und sah sich um. Hier waren keine Wachen zu sehen. Alec wartete auf ihn unter der Treppe zu den Wohnräumen der Dienerschaft.
    »Hat dich jemand gesehen?« flüsterte Seregil.
    Alec schüttelte den Kopf. »Ich überquerte den Platz, dann schlich ich mich heimlich zur Rückseite des Hauses.«
    »Gut. Bleib jetzt dicht bei mir und paß gut auf. Wenn irgend etwas schiefgeht, bist du auf dich alleine gestellt, verstehst du? Wenn es dazu kommen sollte, werde ich zurückkehren, um dir zu helfen, aber zunächst müssen wir alles daransetzen, daß es eben nicht dazu kommt. Alles klar?«
    Alec wirkte zwar keineswegs beruhigt, nickte aber brav und folgte Seregil die Treppe hinauf.
    Die Tür dort war verschlossen, aber Seregil holte eine kräftige, lange Nadel hervor. Er öffnete das Schloß, und sie gelangten in einen spärlich erleuchteten Korridor. Seregil bedeutete Alec, sich zu beeilen, dann huschten sie zur Tür am anderen Ende. Dahinter waren die Geräusche eines festlichen Gelages zu vernehmen. Seregil öffnete die Tür nur einen Spalt breit und stellte fest, daß sie zur Balustrade oberhalb der großen Treppe führte.
    Gerade als sie zu den Gästezimmern laufen wollten, kam ein schwarzgekleideter Seemann aus der Halle und verschwand in einem der Zimmer. Wenig später kehrte er mit einer kleinen Truhe wieder und ging zurück nach unten. Seregil zählte langsam bis zehn, dann zog er Alec mit sich. Sie eilten zu der Tür, aus der der Seemann gekommen war und fanden sie unverschlossen vor.
    »Das ist Trygonis Zimmer«, flüsterte Seregil. »Halt Wache, und wenn du etwas berührst, irgend etwas, dann lege es genauso zurück, wie du es vorgefunden hast.«
    An der rechten Wand befand sich ein geschnitztes Bett mit einer Truhe am Fußende. Ein großer Schrank und ein Schreibtisch standen am Fenster.
    »Ich sehe mal hier nach«, flüsterte Seregil und kniete vor der Truhe nieder. Er musterte sie kurz und zog dann eine kleine lederne Rolle aus seinem Hemd und rollte sie vor sich auf dem Boden aus. Sie enthielt eine beachtliche Sammlung verschiedener Dietriche und anderer Werkzeuge, jedes davon steckte in einem schmalen Etui im Inneren der Rolle.
    Das schwere Schloß öffnete sich schon nach Seregils erstem Versuch.
    Außer einer Messingrolle für Karten enthielt die Truhe nichts weiter als etwas Kleidung und einiges Zubehör, das erkennen ließ, daß der Mann wohl eher Diplomat war als Soldat. Rasch schüttelte Seregil das gerollte Pergament aus der Rolle und trat an den Lichtschein, der durch die spaltbreit geöffnete Tür fiel. Er entrollte die Karte, auf der die Nordländer eingezeichnet waren. Alec sah ihm einen Augenblick über die Schulter und hielt dann wieder Wache, während Seregil sich die Details der Karte einprägte.
    Kleine rote Punkte waren entlang der Goldstraße und neben den Ortschaften Wolde, Kerry und Sark eingezeichnet worden. Einige andere Punkte kennzeichneten einige Güter entlang des

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